Forsthaus Wörnbrunn:Auftischen, was die gute Küche hergibt

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Auch an regnerischen Wochentagen sind im Forsthaus Wörnbrunn zumeist fast alle Tische besetzt. (Foto: Claus Schunk)

Immer neue Geschmackseffekte, wenn auch meist zu stolzen Preisen: Das Forsthaus Wörnbrunn in Grünwald knüpft wieder an große, alte Zeiten an.

Von Johanna N. Hummel

Grün ist die Farbe des Jahres und zwar nicht das politische Grün, das ja eher sonnenblumengelb ist. Es geht um Waldgrün. "Into the forests I go to lose my mind and find my soul", schrieb im 19. Jahrhundert emphatisch der amerikanische Naturphilosoph John Muir, ein Satz, der so manchem Gefühl im 21. Jahrhundert ziemlich nahekommt: In die Wälder gehen, um den Verstand zu verlieren und die Seele zu finden. Im Forsthaus Wörnbrunn ist Muirs Suche nach dem schlichten Waldleben Leitsatz, nicht nur auf der stylischen Webseite.

Das denkmalgeschützte Haus liegt auf einer schönen Lichtung im Wald bei Grünwald, in einem Gehege grasen anmutig Rehe. Hier könnte man die Seele, so man sie findet, baumeln lassen. Nun war das Forsthaus bisweilen auch ein Platz, der Verstand und Seele auf harte Proben stellte, etwa im mehr als 100-jährigen Krieg zwischen den Bierbrauern im Wald und im Dorf.

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Es gab ruhige Zeiten und eine Hochphase, als Richard Süßmeier in Wörnbrunn regierte, bis er nach allerlei Unglück verkaufte. Die jetzige Eigentümerin konnte ihre schicken Baupläne nicht durchsetzen und ihre Pächter wechselten in immer schnellerer Folge, manchmal stand das Haus leer. Ein Fluch laste darauf, raunte die Gerüchteküche. Doch vielleicht spielten nur falsche Konzepte eine Rolle.

2019 stiegen Yvonne Mehrfeld und Florian Gürster in Wörnbrunn ein. Viel Zeit, ihr Konzept zu erproben, hatten sie nicht, gut vier Monate nach der Eröffnung kam der erste Lockdown. Nun hat das Ehepaar mit seinem Cateringunternehmen Flo & Co offenbar reichlich Erfahrungen gesammelt, es überstand bisher die Corona-Zeiten. Bei unseren letzten Besuchen waren auch am regnerischen Wochentag fast alle Tische besetzt, obwohl für die gehobene Küche auch gehobene Preise verlangt werden; im Sommer sind sie noch einmal etwas in die Höhe geklettert.

Man sitzt gut in den beiden ineinander übergehenden Gasträumen, die für den seelenvollen Aufenthalt neu ausstaffiert wurden: Waldgrüne Wände mit Hirschgeweihen und Bildern daran, braune Deckenbalken und Tische, auf den Bänken Samtkissen, alles wird geschickt beleuchtet. Im idyllischen Garten wiederholt sich das braun-grüne Farbenspiel in Möbeln und Schirmen.

Die Ausstattung im idyllischen Garten ist neu - und farblich an die Räume drinnen angepasst. (Foto: Claus Schunk)

Die wohltuend kleine Speisenkarte liegt coronagerecht in Form von Papiersets auf den Tischen, "feed your soul", rät der Wirt. Crossover wird gekocht, Seelenfutter von bayerisch bis asiatisch. Gürster, der Kocherfahrungen unter anderem im Hakkasan in London und als Küchenchef beim Käfer-Catering gesammelt hat, steht selbst am Herd. Für einige Zeit hatte er sich Christoph Mezger geholt, der Küchenchef im vegetarischem Sternerestaurant Tian war. Und Vegetarisches oder Veganes schmeckten so, als sei Mezger noch immer Berater, etwa die intensive Tomatenessenz mit einem Schuss Waldmeister-Öl und hauchartigen Gemüseravioli (9,00 Euro). Oder die "Forsthaus-Krokette": Knusprig panierte Happen waren mit fein gewürztem Kartoffelteig gefüllt, zierliche, geschmorte, gelbe Paprikaschnitze, frittierte Zwiebelfäden und Saucentupfer umgaben sie (16,00).

Die Köche pflegen die Kunst, immer neue Geschmackseffekte zu erfinden. Nichts erinnerte an unseren Besuch im Oktober und an das arme Stubenküken, das damals fast roh auf den Tisch kam (17,00). Der Forsthaussalat machte Vegetarier und Fleischesser glücklich: Superkleine Pfifferlinge, angebratene Pfirsichschnitze und Cocktailtomaten, Rucola, Parmesanspäne waren umhüllt von feiner Marinade (18,00), aufgetürmt war ein gewaltiger Berg. Wer kann so viel essen? Doch auch das ist ein ehernes Prinzip: aufzutischen, was die gute Küche hergibt. Das Rindertatar mit schöner Schärfe und bestreut mit Sesam hätte für zwei gereicht (19,00).

Mittwochs ist Schweinsbraten-Tag, was man wissen muss. Der Braten stand nicht auf der Karte, die Bedienung sagte nichts. Ein solcher Fehler war die Ausnahme, die Kellnerinnen und Kellner waren immer aufmerksam, selbst im Stress versuchten sie zu lächeln. Der Chef ließ sich oft sehen, und in Stoßzeiten trug er fleißig mit Teller auf. Nach guter alter Sitte kamen die offenen Weine in Karaffen zu 0,2 Liter auf den Tisch und sie waren frisch und angenehm, ob der Sauvignon blanc aus Rheinhessen oder der Merlot dem Trentino (6,00 und 7,50). Es gibt eine anspruchsvolle Weinkarte und das Fassbier kommt vom Tegernseer Brauhaus (die Halbe Helles 4,80).

Den Schweinsbraten hätten wir nur ungern versäumt. Zart war das Duroc-Schwein, mit einer gewachsenen, perfekten Kruste und ebenso perfektem Krautsalat, ordentlichem Knödel und zu aufgepeppter Sauce. (14,90). Überhaupt war das Fleisch von bester Qualität, auch die beiden gewaltigen Wiener Schnitzel mit schön gewellter Panade (26,00). Nur mit dem Tuna tataki haderten wir. Zwar hatte die dicke Scheibe vom kostbaren Thunfisch, wie es sich gehört, nur kurz die Pfanne berührt, doch die Rapsblüten fehlten, der fade Brokkoli irritierte, die Reiscreme erinnerte an Babyfood (34,00).

Derzeit ist es in Spitzenküchen Mode, Kiesel zu servieren, die sich in kleine Delikatessen verwandeln. Eine solch symbolträchtige Idee ließ sich das Forsthaus nicht entgehen. Wir probierten eine Kieselvariante aus Valrhona-Schokolade, außen hell, innen weich und dunkel, süß und fein (12,00). Es gehört zur Waldphilosophie: Edles Futter für anspruchsvolle Seelen.

Adresse: Wörnbrunn 1, 82031 Grünwald, Telefon: 089/ 80911110, Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 14 bis 23 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 23 Uhr, www.forsthaus-woernbrunn.com

© SZ vom 12.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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