Gräfelfing/Planegg:Grenzwertig

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Zwei Straßen in Gräfelfing und Planegg erreichen rein rechnerisch die gerade noch zulässigen Werte für Stickoxide

Von Iris Hilberth und Bernhard Lohr, Gräfelfing/Planegg

Viele dürften überrascht sein: Ausgerechnet an Straßen in den privilegierten Wohngemeinden Grünwald, Gräfelfing und Planegg haben Berechnungen im Auftrag des Landratsamts relativ hohe Belastungen an Stickstoffdioxid ergeben. Der für Fahrverbote entscheidende Grenzwert im Jahresmittel von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft wird zwar nicht überschritten. Er wird allerdings in Grünwald an der Oberhachinger Straße, in Gräfelfing an der Maria-Eich-Straße und in Planegg an der Germeringer Straße erreicht. Dennoch empfiehlt das beauftragte Fachbüro keine vertiefenden Messungen.

Die Studie, in der an 57 Beurteilungspunkten im Landkreis die Schadstoffbelastung rechnerisch ermittelt wurde, ist offiziell noch gar nicht vorgestellt worden. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass manche Kommunen sich nicht zufriedengeben. Unterhaching, Garching und Haar erhoffen sich durch eigene Messungen Gewissheit darüber, ob die tatsächlichen Werte nicht höher sind. Dabei hat sich in München eben erst gezeigt, dass es auch genau andersherum ausgehen kann.

Viel Verkehr, schlechte Luft: Den Berechnungen zufolge sind die Stickstoffdioxid-Werte an der Germeringer Straße in Planegg hoch. (Foto: Catherina Hess)

Wie das für den Landkreis ermittelte Ergebnis zu bewerten ist, dürfte jedenfalls zu intensiven Diskussionen führen. Das Terrain ist politisch heiß umkämpft, nicht erst seit Lungenfachärzte die Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid relativiert haben. In Grünwald, Gräfelfing und Planegg, wo man rechnerisch am Grenzwert liegt, geben die Fachleute vom Büro Müller BBM GmbH jedenfalls mit der Begründung Entwarnung, dass voraussichtlich schon in diesem Jahr "durch die Erneuerung der Fahrzeugflotte" mit niedrigeren Immissionen zu rechnen sei. Ansonsten werde im Landkreis - selbst auf stark befahrenen Straßen - der Grenzwert nicht erreicht, meist sogar deutlich unterschritten. Auch die Feinstaubbelastung liege deutlich darunter.

Die mit 29 400 Fahrzeugen am stärksten befahrene Straße im Landkreis, die B 304, die als Wasserburger Straße durch Haar führt, schneidet mit 24 Mikrogramm relativ gut ab. Der auf den ersten Blick überraschende Wert erklärt sich aus der baulichen Situation an der Straße. Die B 304 in Haar ist an der für die Berechnung entscheidenden Stelle 43 Meter breit, die Gebäude ragen neun Meter in die Höhe. Dort gebe es eben nicht die problematische "Schluchtwirkung" wie andernorts, heißt es in der Studie. Die am Grenzwert belasteten Straßen in Grünwald (18 700 Fahrzeuge), Gräfelfing (10 500) und Planegg (19 800) sind etwa halb so breit. Die Schadstoffe in der Luft verteilen sich schlechter, der errechnete Stickstoffdioxid-Wert ist höher.

In die Berechnung ließ das Büro neben einer angenommenen Vorbelastung auch die Windgeschwindigkeit einfließen. Man orientierte sich an bewährten Standards und setzte einen Sicherheitsaufschlag von 50 Prozent an. Auch die Auswirkung von illegalen Abschalteinrichtungen bei Diesel-Pkw habe man berücksichtigt, heißt es. Die zu untersuchenden Straßenabschnitte legte, wie es in der Studie heißt, das Landesamt für Umwelt gemeinsam mit dem Landratsamt fest.

In Haar hatte die CSU im vergangenen Jahr exakte Messungen von zwölf Schadstoffen unter anderem an der Wasserburger Straße gefordert. Wegen der ausstehenden Studie des Landkreises wurde der Vorstoß erst jetzt wieder aufgegriffen.

In Unterhaching hat man diese in Form von kleinen Bechern bereits im gesamten Gemeindegebiet an Laternenmasten aufgehängt. Seit Anfang des Jahres steht zudem ein Metallcontainer auf dem Platz vor dem Kultur- und Bildungszentrum. Mindestens drei Monate lang werden dort die Werte von Stickstoffdioxid und Feinstaub registriert. Der Inhalt der Passivsammler soll Ende März ausgewertet werden. "Sollte diese Erstbetrachtung ergeben, dass wir die Grenzwerte überschreiten oder nah dran liegen, setzen wir die Untersuchung fort", sagt Rathaussprecher Simon Hötzl. Der Messung vorangegangen waren Anträge der Grünen und der SPD, im Zusammenhang mit dem Lärm an den Autobahnen und den großen Durchgangsstraßen in Wohngebieten Schadstoffe messen zu lassen. Man erhofft sich dadurch Argumente für ein Tempolimit.

© SZ vom 01.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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