Kritik:Energiegeladen

Das Goldmund Quartett mit einem furiosen Konzert im Prinzregententheater.

Von Harald Eggebrecht, München

Harmonische Vieldeutigkeit, rhythmische Vertracktheit, Emanzipation der Stimmen im Mit-und Gegeneinander, plötzliche Abbrüche und scharfe Laut-Leise-Kontraste - es gibt nichts, was Joseph Haydn, der Erfinder und Vollender des Genres Streichquartett, nicht schon ausprobiert und geprüft hätte in der riesigen Werkreihe seiner Streichquartette. Das fabelhafte Goldmund Quartett (Florian Schötz, Pinchas Adt, Violinen; Christoph Vandory, Viola; Raphael Paratore, Violoncello) begann im nahezu vollen Prinzregententheater mit dem h-Moll-Quartett op. 33, 1 und zeigte mit aller Raffinesse der Nuancierung, wie kühn Haydn hier mit der allgemeinen Verunsicherung aller Erwartungen spielt.

Dass die wohltuende Publikumsdisziplin aus frühen Pandemiezeiten leider abnimmt und nun wieder in zarte Pianissimi-Schlüsse kräftig hineingehustet wird, musste vor allem das "alla Serenata" aus Erwin Schulhoffs furiosen "fünf Stücken" von 1923 erleiden. Die "Goldmunds" kosteten die kessen Verzerrungen und poetisch schrägen Tanzverfremdungen dieser Suite mitreißend expressiv aus, ohne die schmerzliche Ironie dieser durchaus zerbrechlichen Musik zu vergessen.

Nach der Pause Franz Schuberts in jeder Hinsicht riesig dimensioniertes Quartett "Der Tod und das Mädchen". Wie sich die Musiker so überlegt wie rückhaltlos in dieses alles an Ausdruck, Intensität, Klangschönheit, Intonationssicherheit und Instrumentalsouveränität fordernde Stück stürzten, das Risiko der Atemlosigkeit in den drei schnellen Sätzen nicht scheuten und in den Variationen des Andante con moto die große Perspektive auf den ganzen Satz nie verloren, versetzte alle in höchste Spannung. Riesenbeifall, ein Haydn-Adagio aus den "Sieben letzten Worten des Erlösers" und nach soviel Besinnlichkeit noch feinste Volksmusik.

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