Urteil zum Winterdienst:Wer nicht streut, muss bezahlen

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Im Winter sollte besser gestreut werden - sonst kann es teuer werden. (Foto: Toni Heigl)
  • Eine 54-jährige Radfahrerin hat vor dem Amtsgericht München eine Firma für Räum- und Streudienste zur Zahlung von Schmerzensgeld verklagt.
  • Sie war auf einer vereisten Fläche ausgerutscht und hatte sich dabei folgenschwer verletzt.
  • Vor Gericht bekam sie recht: Das Unternehmen muss der Frau 3000 Euro bezahlen.

Von Andreas Salch

Eine 54-jährige Radfahrerin hat vor dem Amtsgericht München eine Firma für Räum- und Streudienste zur Zahlung von Schmerzensgeld verklagt - und das mit Erfolg: Das Unternehmen muss der Frau 3000 Euro bezahlen. Die 54-Jährige war bereits Anfang März 2015 frühmorgens vor dem Radstellplatz eines Supermarkts in Neukeferloh auf einer vereisten Fläche ausgerutscht und hatte sich dabei verletzt.

Dass der Parkplatz zum Zeitpunkt des Unfalls weder geräumt noch gestreut war, stritt die Winterdienst-Unternehmerin nicht ab. Denn die Gemeinde Neukeferloh, für die ihre Firma damals arbeitete, hatte sie an jenem Tag nicht angefordert mit dem Hinweis, dass Parkplätze und Wege schnee- und eisfrei seien. Auf diese Einschätzung hätte sich die Firma rückblickend betrachtet besser nicht verlassen sollen. Die zuständige Richterin am Amtsgericht stellte in ihrem Urteil klar, dass das Räum- und Streuunternehmen seiner Verkehrssicherungspflicht "nicht ausreichend" nachgekommen sei.

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Die Beklagte, so die Richterin, sei aufgrund der ihr übertragenen Aufgabe dazu verpflichtet gewesen, eine Kontrolle durchzuführen und hätte gegebenenfalls streuen müssen. Dass der Unfall Anfang März geschah, spiele dabei keine Rolle. "Zu dieser Zeit ist allgemein der Winter in München und Umgebung noch nicht vorbei", heißt es dazu im Urteil des Amtsgerichts. Da die Beklagte den Winterdienst gewerblich ausübe, unterliege sie zudem im Vergleich mit privaten Anliegern "auch erhöhten Sorgfaltspflichten", so die Richterin. Gegen das Urteil hatte das Unternehmen zunächst Berufung eingelegt, sie dann aber zurückgenommen.

Beim Aufprall auf den Asphalt hatte sich die Radfahrerin eine Fraktur des rechten Mittelfingers mit Kapselanriss zugezogen. Der Finger musste sechs Wochen ruhiggestellt werden. Trotz dieser Behandlung sowie 50 Terminen bei einem Ergotherapeuten verheilte der Bruch nicht folgenlos. Laut ärztlichem Attest ist die Funktionsfähigkeit des Mittelfingers um drei Zehntel beeinträchtigt, die der beiden Nachbarfinger um jeweils ein Zehntel.

Die 54-Jährige hat nach wie vor Schwierigkeiten beim Öffnen von Flaschen sowie beim Händedruck. Außerdem kann sie ihre rechte Hand nicht zur Faust ballen. Da ungewiss ist, ob es zu weiteren Komplikationen kommt, hat das Amtsgericht in seinem Urteil festgelegt, dass die Inhaberin des Räum- und Streudienstes der Klägerin "auch alle künftigen Schäden aus dem Schadensereignis" ersetzen muss. Das Urteil (Az. 154 C 20100/17) ist rechtskräftig.

© SZ vom 15.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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