Der Mensch kämpft im Winter oft gegen die Glätte - und verliert zu oft. Knochenbrüche, Bänderrisse und blaue Flecken sind die Folge. Um Stürze zu vermeiden, gilt der sogenannte Pinguingang für Fußgänger noch immer als Nonplusultra. Dabei rollt man den Fuß nicht ab, sondern verlagert beim Gehen nur das Gewicht zwischen dem linken und rechten Bein hin und her, was zu einem Watschelgang führt.
SZ: Herr Spering, jeden Winter wird der Pinguingang empfohlen. Bringt der aus Expertensicht überhaupt etwas?
Christopher Spering: Der Pinguin ist mit seinem unverwechselbaren Gangbild für uns ein Symbol, wenn es kalt und glatt wird, langsamer und bewusster zu gehen. Die Schritte werden kürzer, die Füße sind nach außen gerichtet, die Knie leicht gebeugt und der Oberkörper nach vorne geneigt. Damit wird das Risiko, auf glattem Untergrund auszurutschen, deutlich verringert. Sollte es dennoch zum Sturz kommen, ist durch die gebeugten Knie und den nach vorn gerichteten Oberkörper der sichere Sturz nach vorne auch für ältere Menschen möglich. Damit lassen sich insbesondere schwere Kopfverletzungen, die häufig durch Stürze auf den Hinterkopf entstehen, vermeiden.
Und dann: Lieber die Hände zum Abfedern nach vorne oder doch lieber auf die Schulter fallen?
Am besten rollt man über die Seite ab. Aber in der Regel geschieht ein Sturz derart überraschend, dass ein kontrolliertes Abrollen für den Ungeübten eher schwierig ist. Häufiger sind die Stürze auf die gestreckten Hände. Dies ist dem unkontrollierten Sturz auf den Hinterkopf zwar vorzuziehen, sorgt aber auch dafür, dass der Handgelenksbruch der häufigste Bruch des menschlichen Körpers ist.
Besteht beim Auf-die-Seite-Fallen nicht die Gefahr, sich Organe unter dem Brustkorb zu verletzen?
Nein, sich schwere Organverletzungen bei Stürzen aus dem Stand oder Gang zuzuziehen, ist selten.
Fallen Frauen und Männer unterschiedlich häufig - und wenn ja, wer fällt besser?
Sportler stürzen intuitiv besser als Nichtsportler. Wer fit ist, hat eine "muskuläre Vorspannung" und die ist wichtig, um kontrolliert zu Boden zu gehen. Die Sturzqualität hat weniger mit dem Geschlecht zu tun, als vielmehr mit der körperlichen Fitness, der Koordination und der sportlichen Vorerfahrung.
Bundesgerichtshof:Wer ist schuld, wenn sich jemand auf Glatteis verletzt?
Man selbst oder derjenige, der nicht gestreut hat? Diese und ähnliche Fragen beschäftigen die Justiz immer wieder. Rechtsexperten sehen darin einen Trend, jede Verantwortung abzuwälzen.
Die Deutschen lieben wie kein anderes Volk Outdoor-Klamotten. Aber braucht man wirklich Spikes?
Sie können grundsätzlich helfen, sind aber unpraktisch, weil man sie meist im Alltag nicht trägt. Die Gefahr lauert allerdings genau in diesen alltäglichen Situationen, genau dort, wo man sie nicht erwartet: wenn man etwa über Laub läuft, sich darunter aber eine gefrorene Pfütze verbirgt.
Ich nehme an, als Präventionsleiter der Unfallchirurgen haben Sie sich noch nie etwas gebrochen?
Als Leiter der Sektion Prävention und Vater einer jungen Tochter versuche ich natürlich, mit gutem Beispiel voranzugehen. Vorbild sein ist aber nicht immer einfach. Mein Oberschenkelbruch passierte bei einem Schlusssprint in einem Radrennen. Der Helm hat Schlimmeres verhindert.
Dieser Text erschien in der SZ erstmals am 4. Januar 2019.