Kinderkrebstag:Gemeinsam dem Krebs die Stirn bieten

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Mehr Schlagkraft im Verbund: Oberärztin Irene Teichert von Lüttichau hat das kinderonkologische Netzwerk mitbegründet. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Kionet ist ein wichtiges Netzwerk in der Kinderonkologie. Sechs Universitätskliniken haben sich vor fünf Jahren zu einem Verbund zusammengetan, um die bestmöglichen Therapien zu ermöglichen, Studien voranzubringen und sich auszutauschen.

Von Nicole Graner

Es geht um die beste Versorgung für krebskranke Kinder und Jugendliche. Es geht um die Optimierung der Heilungschancen. Und um das Miteinander. Im Kinderonkologischen Netzwerk (Kionet), das es nun seit fünf Jahren gibt, haben sich sechs Universitätskliniken zusammengeschlossen, um sich regelmäßig auszutauschen und für ihre kleinen Patientinnen und Patienten innovative Therapiekonzepte zu ermöglichen. Zum Netzwerk gehören die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), die Technische Universität (TU) sowie die Kliniken Augsburg, Erlangen, Würzburg und Regensburg.

400 Kinder erkranken jedes Jahr in Bayern an Krebs. Eine Zahl, die im Vergleich mit zirka 68 000 Krebserkrankungen bei Erwachsenen sehr viel kleiner ist. Genau das sei für alle Kinderonkologen "ein generelles Problem", wie Kionet-Mitbegründerin Irene Teichert von Lüttichau erklärt. So seien viele Krebs-Medikamente nur für Erwachsene zugelassen, aber eben nicht für Kinder. Daher müssten, so die 61-jährige Oberärztin, viele Off-Label-Anträge gestellt werden, um bestimmte Therapien zu ermöglichen. Also Anträge zur Nutzung von nicht zugelassenen Medikamenten oder für bestimmte Medikamente mit nur beschränkt zugelassenen Anwendungsgebieten. Viele Pharmahersteller, so Lüttichau, würden nämlich bei so wenigen Patienten keinen Absatzmarkt sehen. Obwohl zum Beispiel neue Studien gute Ergebnisse für die Therapie mit dem Medikament zeigen würden.

Pharmakonzerne müssen mehr Medikamente zulassen

Und jetzt kommt Kionet ins Spiel. "Im Verbund", sagt die Leiterin des Schwerpunktes Kinderhämatologie und -onkologie in der Mük-Klinik Schwabing und am Klinikum rechts der Isar, "sind wir einfach stärker." Alle sechs Kliniken versuchten also zusammen, ihre kleinen Patientinnen und Patienten in von Pharmakonzernen initiierte Studien zu bringen. Je mehr an diesen Studien teilnehmen würden, umso größer sei die Chance, dass die Pharmakonzerne die Notwendigkeit für weitere Forschungen sehen und die Zulassung bestimmter Medikamente für Kinder vorantreiben. Denn eine Kinderklinik allein könne die erforderliche Anzahl an Patienten meist nicht vorhalten. "Wenn uns das immer mehr gelingt, werden auch die Heilungschancen für die Kinder noch besser", sagt Lüttichau.

Kionet geht es vor allem auch um die wohnortnahe Versorgung der Kinder. Man vernetzt sich, bespricht Therapien. Einmal die Woche sprechen alle leitenden Ärzte im Verbund über ihre Patienten. Und man habe eine Whats-App-Gruppe. Bei Fragen zur Medikation oder bei Sorgen tausche man sich untereinander aus. "Das klappt extrem gut", sagt Lüttichau. "Und ist super hilfreich."

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Alle Berufsgruppen sind in Kionet mit eingebunden. "Das war uns sehr wichtig", sagt die Oberärztin. Ärzte, Pflegefachkräfte, Sport- und Physiotherapeuten, psychosoziale und palliative Fachkräfte tauschen sich ebenfalls aus. Wie auch Survivors, also junge Erwachsene, die die Krebserkrankung als Kind überlebt haben, und auch die Elterninitiativen. Ohne sie würde, so Lüttichau, im Bereich der Kinder-Onkologie vieles nicht möglich sein. Von gut eingerichteten Klink-Küchen bis zum Wlan, von der Finanzierung psychosozialer Kräfte bis zur Einrichtung eines Spielzimmers - allein 40 Millionen Euro pro Jahr würden in Deutschland für die onkologische Versorgung durch Spenden finanziert, auch um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Laut "Richtlinien zur Kinderonkologie" zum Beispiel ein "angemessener Psychosozialdienst".

Bayernweites Tumor-Board

Kionet hat laut Lüttichau noch viel vor. Zum einen soll daran gearbeitet werden, an allen Kliniken des Verbundes zum Beispiel ein gemeinsames, bayernweites Tumor-Board zu ermöglichen, also eine gemeinsame Analyse der Fälle. Ebenso sollen an den sechs Häusern für die kleinen onkologischen Patienten die gleichen Ernährungsregeln gelten. Auch soll an jeder der beteiligten Kliniken ein "clinical trialist" eingestellt werden, der sich als speziell ausgebildeter Arzt um die Studien und die individualisierten Therapien bei Kindern kümmert.

Alles Gründe, warum Kionet am Montag beim Bayerischen Kinderkrebstag die Erfolge der fünfjährigen Zusammenarbeit vorstellt. Und natürlich auch um mehr Unterstützung werben möchte. Arbeiten in einem Netzwerk wie Kionet, das sei die "Zukunft einer individuellen patientenorientierten Behandlung", sagt Julia Hauer, Chefärztin des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin. Und deswegen, auch wenn in diesen fünf Jahren schon viel geschehen sei, ergänzt Lüttichau, "brauchen wir mehr Budget".

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