Prozess:Spuren von Speed im Dienstfach

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Ein Polizist steht vor Gericht, weil er sichergestellte Tütchen mit Drogenanhaftungen in seiner Ablage deponiert haben soll.

Von Susi Wimmer

Hatte Polizist Thomas K. nun Tütchen mit Anhaftungen der Droge Speed in seinem Dienstfach? Oder war es doch nur ein Versehen, das den 33-Jährigen jetzt vor das Amtsgericht München brachte, wie er erklärte? Der Beamte der Fahndungs- und Kontrollgruppe der Inspektion Verkehrsüberwachung soll laut Staatsanwalt Jakob Schmidkonz einen "Verwahrungsbruch im Amt" begangen haben. Sprich: Der Polizist soll sichergestellte Tütchen mit Drogenspuren genommen und sie in seinem persönlichen Fach aufbewahrt haben.

Aufgeflogen war die ganze Sache, weil ein jüngerer Kollege, der neu bei der Fahndungsgruppe war, sich bei Thomas K. nach dem sogenannten "Drug-Wipe-Test" erkundigt hatte. Also einem Verfahren, mit dem sich binnen Minuten Drogen nachweisen lassen. In der Wochenendschicht auf der Dienststelle an der Bad-Schachener-Straße soll Thomas K. dann seinem Kollegen gezeigt haben, wie dieser Test in der Praxis funktioniert. Aus dem Augenwinkel, so sagt der Kollege, habe er gesehen, wie Thomas K. zu seinem Fach gegangen sei, er habe auch gehört, wie er die Klappe zu dem Fach angehoben habe. Anschließend sei er zu ihm getreten, habe ein Tütchen mit weißer Anhaftung in der Hand gehalten und ihm anhand des Testsets die Handhabung erklärt.

Die Vorstellung, dass das Tütchen aus dem persönlichen Fach von Thomas K. kam, habe ihm "Bauchschmerzen" bereitet, erzählt der Beamte vor Gericht. Daraufhin habe er sich einem Kollegen anvertraut, ob das gängige Praxis sei, so mit sichergestellten Asservaten umzugehen. Schließlich sei man zu dem Schluss gekommen, doch besser den Dienstvorgesetzten mit ins Boot zu holen. Am Ende standen die Internen Ermittler der Polizei auf der Dienststelle. "Dass das so gelaufen ist, wollte ich nicht", sagt der Beamte. Aber der Beruf bringe nun mal Verpflichtungen mit sich. Und gerade zu der Zeit sei das Thema Drogen bei der Polizei hochgekocht. "Wenn ich geschwiegen hätte, hätte ich mich auch selbst strafbar machen können wegen Strafvereitelung im Amt."

Thomas K. sagt, er habe das Tütchen aus einer gelben Box genommen. In dieser wird sogenannter Sondermüll entsorgt, also etwa Spritzen, die man auf der Straße findet, gebrauchte Einweghandschuhe oder Tütchen mit nicht-relevanten Drogenanhaftungen. Da er noch Unterlagen auf dem Tisch liegen hatte, sei nach der Demonstration ein Tütchen wohl zwischen die Blätter geraten und mit diesen versehentlich in seinem Fach verschwunden.

Der Dienstgruppenleiter sagt vor Gericht aus, dass man tatsächlich Tütchen im Schreibfach von Thomas K. gefunden habe. Und dass diese Tütchen mit sichtbaren Drogenanhaftungen mitnichten in die gelbe Box geworfen werden sollen. Als ein Ermittler Thomas K. darauf ansprach, sei dieser nicht überrascht gewesen. Er habe sich ohne Rechtsbeistand nicht zur Sache äußern wollen. Die Verteidigung ruft noch einen Polizisten in den Zeugenstand, mit dem Thomas K. auf Streife fuhr. Der erzählt aber nur vom Hörensagen und behauptet, der Dienstgruppenleiter habe von einer gelben Box überhaupt nichts gewusst. "Ein ungewöhnliches Aussageverhalten für einen Polizeibeamten", kommentiert Richter Martin Schellhase den Auftritt. Und er setzt einen Fortsetzungstermin für die Angelegenheit fest, um vielleicht doch noch Licht ins Dunkel der Drogenasservate zu bringen.

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