Gericht:Vater soll Freunde seiner Söhne missbraucht haben

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Vor dem Landgericht München muss sich der 47-jährige Vater Andreas G. verantworten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Mann soll die sieben Jungen mit Beruhigungspillen im Kakao gefügig gemacht haben.

Von Andreas Salch

Man sieht es ihm an. Am liebsten würde er sich die Ohren zuhalten. Das geht aber nicht. Sein Gesicht hat er vor den Fotoreportern verbergen können. Andreas G. hielt mit beiden Händen einen schwarzen Ordner davor, als er am Freitagmorgen von einem Wachtmeister an einer Handfessel in den Sitzungssaal B 273 am Landgericht München I geführt wurde und auf der Anklagebank Platz nahm. Jetzt aber hat Richterin Sigrun Broßardt die Verhandlung eröffnet und die Staatsanwältin beginnt mit der Verlesung der Anklage.

Andreas G., 47, aus dem Landkreis München soll die Freunde seiner beiden Buben - sieben Kinder und Jugendliche - im Alter zwischen 11 und 17 Jahren sexuell missbraucht haben, während sie in seinem Haus oder der Gartenhütte seines Schrebergartens schliefen. In einem Fall hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Vergewaltigung erhoben. Zu den Übergriffen soll es zwischen März 2015 und Juli 2016 gekommen sein. Eine Vielzahl der mutmaßlichen sexuellen Missbräuche habe der Familienvater laut Anklage mit seinem iPhone 6 s gefilmt und die Videos auf seinem PC abgespeichert, "um sich diese später erneut anzusehen und dadurch sexuell zu erregen". Während die Vertreterin der Staatsanwaltschaft die erschütternden Details vorträgt, beginnt Andreas G. zu weinen. Er presst die Lippen aufeinander, seine Kiefer mahlen. Aber er muss zuhören.

Es sollen entweder Lorazepam- oder Tavor-Tabletten gewesen sein

Wenige Meter von ihm gegenüber sitzen die Mutter eines der mutmaßlichen Opfer und zwei Elternpaare jeweils mit ihren Anwälten. Sie treten als Nebenkläger auf. Andreas G. schaut kein einziges Mal zu ihnen. Doch er scheint ihre Blicke zu spüren. Er atmet schwer und schluchzt. Einmal schüttelt er etwas den Kopf. Es ist der Punkt in der Anklage, wo es heißt, er habe den Kindern und Jugendlichen Medikamente verabreicht, "um sein weiteres Vorgehen zu erleichtern". Es sollen entweder Lorazepam- oder Tavor-Tabletten gewesen sein, die der 47-Jährige in Wasser aufgelöst habe. Die Flüssigkeit mit dem Beruhigungsmittel soll er in Kakao geschüttet haben, den er dem Buben vor dem Schlafen zum Trinken gegeben habe.

Auch die Eltern leiden, während die entsetzlichen Einzelheiten von der Staatsanwältin vorgetragen werden. Eine Mutter beginnt zu weinen und wischt sich mit einem Taschentuch die Tränen aus den Augen. Einer der Väter dreht scheinbar angewidert den Kopf zur Seite.

Der Verteidiger von Andreas G. ist Rechtsanwalt Thomas Novak. Sein Mandant werde "umfassend zur Sache aussagen", kündigt er an. Doch die Öffentlichkeit solle zuvor ausgeschlossen werden. Der Angeklagte werde nämlich auch über seine Sexualanamnese sprechen. Die Staatsanwältin stimmt dem Antrag zu. Nach rund zehnminütiger Beratung verkündete Richterin Sigrun Broßardt, dass die Kammer beschlossen habe, die Öffentlichkeit auszuschließen und zwar für die Dauer, in der Andreas G. Angaben zur Sache und zu seiner Person macht. Es sei zu erwarten, so die Vorsitzende, dass der Angeklagte über "intime Neigungen, insbesondere über seine Sexualsphäre" sprechen wird, was wiederum Rückschlüsse auf seinen psychischen Gesundheitszustand zulasse.

© SZ vom 02.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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