Hörenswert:Hymnische Melancholie

Lesezeit: 2 min

Immer in Bewegung: der Gitarrist, Komponist, Filmmusiker, Club- und Labelbetreiber und jetzt auch Bandleader Gerd Baumann. (Foto: Yasmin Olmen)

Gerd Baumann stellt das Debütalbum seiner ersten komplett eigenen Band "b Parade" vor.

Von Oliver Hochkeppel

Man merkt es ihm nicht an, so lässig, wie er immer auftritt, und so entspannt, wie er redet, gerne mit einem Hauch Ironie. Aber Gerd Baumann muss ein Workaholic sein, sonst würde er das Pensum nie geschafft haben, das seine Biografie ausweist: Baumann ist Gitarrist (unter anderem bei Konstantin Wecker, den er auch schon produziert hat, und mit Jens Fischer-Rodrian im Gitarren-Duo Paradoz), Komponist (der auch schon Streichquartette und Opern geschrieben hat), Professor für den Fachbereich "Komposition für Film und Medien" an der Münchner Hochschule für Musik und Theater und neben Sebastian Horn Gründungsmitglied der vielbeschäftigten Band Dreiviertelblut. Er leitet das Label Millaphon und den Milla-Club, hat einige Jahre lang das Singspiel am Nockherberg geschrieben und fast alle Soundtracks für die Kinofilme von Marcus H. Rosenmüller geschaffen.

Was bei all dem noch der Umsetzung harrte, war der Traum von der ganz eigenen Band. Nicht wie einst die jazzigen Studentenensembles während seiner Zeit am Münchner Gitarreninstitut und in Los Angeles an der Grove School of Music und der University of California, sondern richtig: "Mit dem Anspruch, alles selber zu singen. Einmal im Leben möchte ich das gemacht haben, mich als Sänger zeigen." Schon seit einiger Zeit probierte er das unter dem Titel "Gerd Baumann & Parade" aus, mit so viel Spaß und Erfolg, dass unter dem finalen Bandnamen b Parade jetzt das erste Album "Run Off" erschienen ist, natürlich bei seinem Millaphon-Label. Am 22. Februar wird es jetzt im Lustspielhaus live vorgestellt.

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Ein Schwerpunkt des Albums sind Neu-Interpretationen von Baumanns Film-Songs, zum Beispiel aus "Wer früher stirbt, ist länger tot", "Sommer in Orange" oder "Beste Zeit". Es habe ihn geärgert, dass die Stücke in den Filmen oft zu Dialogen im Hintergrund oder im Autoradio laufen; hier rücken sie ganz ins Licht, zusammen mit einigen neuen. Allesamt sind es extrem einprägsame Songs, die mitunter ein wenig nach den Freunden Bananafishbones klingen. Eines, "Furry Tale", auch mal nach den Monty Pythons. Gerne wird es hymnisch, aber meist leicht verschleppt, was für Spannung sorgt und selbst im von wabernden Elektrosounds und scheppernder Gitarre angetriebenen Titelstück für eine gewisse Rest-Melancholie. Mit dem "Wunderlied" und seinem fast gewisperten deutschen Text geht das Album ohnehin fast in Liedermacher-Tradition zu Ende.

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Viele Feinheiten kann man heraushören, was natürlich auch an Baumanns Begleitern liegt, allesamt gestandene, breit aufgestellte Jazzmusiker. Die beiden jüngeren hat er an der Hochschule rekrutiert. Pianist Sam Hylton, von dem er gehört hatte, der sei nicht nur ein begnadeter Tastenmann, sondern könne auch noch singen, buchte Baumann von der Kantine weg, zunächst für das Singspiel am Nockherberg. Flurin Mück wiederum, der junge Schweizer Drummer, beeindruckte ihn als Student bei einem Livekonzert zu einem Micky-Maus-Stummfilm. Bassist Benjamin Schäfer schließlich ist seit max.bab-Zeiten eine feste Größe und von Anfang an auch schon bei Dreiviertelblut dabei. Wie auf dem Album wird sich auch im Lustspielhaus als Gast bei ein paar Nummern die wunderbare Sängerin Henny Herz dazugesellen.

b Parade: "Run Off", Millaphon Records; live am Mi., 22. Feb., 20 Uhr, Lustspielhaus , Occamstraße 8, Tel. 34 49 74

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