Münchner Momente:Alles wird teurer, sogar das Geld

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Muss auch gelagert werden: Kleingeld aus Kupfer. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Nicht nur für Gas und Strom muss der Münchner tiefer in die Tasche greifen. Für eine Rolle mit 50 Ein-Cent-Münzen werden eben mal 70 Cent fällig.

Glosse von Philipp Crone

Dieses Alles-teurer-Gejammer in München ist mittlerweile unerträglich. Für die steigenden Kosten bekommt man als Bewohner dieser Metropole doch auch immer noch unschlagbare und einzigartige Gegenleistungen. Zum Beispiel stehen seit einiger Zeit fast überall immer mal wieder Möbel und Matratzen auf den Bürgersteigen, die so lange zum Verweilen einladen, bis die Müllabfuhr davon erfährt.

Außerdem haben es die Stadtplaner in mühevoller Detailarbeit langsam hinbekommen, überall Verkehrswege zu schaffen, auf denen man in kleinen kuschelig eingeheizten und radiobedudelten Metallgefährten auf vier Rädern ganz langsam und gemütlich durch die Straßen geleitet wird. Nur in München kann man sich in diesen Vier-Zylinder-Kapseln im derart gemütlichen Sightseeing-Tempo bewegen, dass jede Fahrt entspannt wie ein Saunagang. Genial ist zudem die Wahl der Uhrzeit für das Angebot, morgens und abends, gemeinhin mit dem wunderbaren Begriff Stoßzeiten belegt, wenn der Münchner Wellness und Entschleunigung bitter nötig hat. Also bitte, da kann die Stadt schon teurer werden.

Und weil man hier immer an alles denkt, ist auch das Geld längst teurer geworden. Wenn die Standlfrau in ihrem Gefährt frühmorgens zum Viktualienmarkt gecruist ist, braucht sie vielleicht für die letzten Münz-Menschen dann doch noch ein paar Cent-Stücke. Also geht sie zur Bank am Rathaus-Eck und bekommt ein Original Münchner Angebot: eine Rolle mit 50 Ein-Cent-Münzen für läppische 70 Cent. Wer bei der Bank nachfragt, lernt den Fachbegriff Kleinstgeld, und dass ebensolches teuer zu lagern und letztlich nicht mehr zeitgemäß sei. Manche Geldinstitute gäben Münzgeld an ihre Kunden schon gar nicht mehr aus oder verlangten Gebühren im Euro-Bereich.

Da sieht man ein weiteres Mal, wie wunderbar diese Stadt ist, dass man dort Geld nach wie vor so billig kaufen kann. Und während die glückliche Standlbesitzerin mit einer ergatterten Cent-Rolle in ihrer Kapsel abends heimwärts gondelt, kann sie sich über den nächsten Triumph freuen: Bald braucht sie gar kein volles Riesenglas mit Münzen mehr, um die Hochzeitsschuhe zu bezahlen, ein paar Rollen reichen.

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