Jugendsachbuch:Bildungslücke Geld

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Geld, das unbekannte Wesen? Nicht, wenn es nach Tobias Klostermann geht, der hier in seiner Vermögensberatung Ecoblue AG mit seinem Jugendsachbuch zu sehen ist. (Foto: Stephan Rumpf)

Ob in der Schule oder am Familientisch: Das Thema Finanzen wird vernachlässigt, findet der Vermögensberater Tobias Klostermann. Deshalb hat er jetzt das Sachbuch "Wie werde ich reicher als meine Eltern?" für Jugendliche geschrieben.

Von Barbara Hordych

Es ist ein Buch, das der Münchner Vermögensberater Tobias Klostermann nicht zuletzt dem Kind in sich selbst geschenkt hat. "Wie werde ich reicher als meine Eltern?" (Hanser) vermittelt jugendlichen Lesern ab zwöf Jahren ein Gespür für Geld - jenseits von Girokonto und Sparbuch. Denn Geld ist ein Gut, über das nach Klostermanns Ansicht viel zu wenig gesprochen wird - weder in der Schule, noch am Familientisch und schon gar nicht mit Kindern und Jugendlichen. Dabei gehört es für ihn zu einer umfassenden Bildung dazu - trotzdem stünden viele Eltern bei diesem Thema eher ratlos vor ihrem Nachwuchs. Anders als bei der musikalischen oder intellektuellen Ausbildung wisse man nicht recht, an wen man sich für einen altersgerechten, kompetenten Rat wenden könne. So war es denn auch eine befreundete Mandantin, die ihn auf die Idee zu seinem Buch brachte: "Ihr Sohn stellte ihr vor einigen Jahren die Frage, ,warum Geld aus dem Automaten' käme", sagt Klostermann. Daraufhin fragte sie ihren Vermögensberater, wie sie generell das Thema Geld am besten an ihre Kinder vermitteln könne.

Einen Weg zum Reichtum, der legal, planbar und schnell zugleich ist, gibt es nicht

Soviel vorneweg: Einen Weg zum Reichtum, der legal, planbar und schnell ist, gibt es laut Autor Klostermann nicht. Als Beispiel führt er einen jugendlichen Drogendealer an, der aus dem Kinderzimmer heraus reich wurde - und heute im Gefängnis sitzt. Klostermann geht es um das Aufzeigen von legalen und planbaren Wegen. Die beginnen mit Überlegungen, sich in der Jugend erste Ersparnisse zuzulegen, mit dem, was man altersentsprechend gerne tut: Hunde ausführen, Babysitten, Nachhilfe geben, verkaufen, auch im Service oder der Gastronomie.

Wichtig ist dabei, dass es neben dem Geldverdienen auch Spaß macht, und dann der sogenannte "Faktor 10". "Immer zehn Prozent jedes verdienten Euros beiseitelegen. Das kann auch das Geburtstagsgeld der Großtante sein. Die goldene Zehn-Prozent-Regel sei eine der "guten Gewohnheiten", die man sich antrainieren könne, sagt Klostermann beim Interview im Konferenzsaal seiner vor 20 Jahren gegründeten Münchner Vermögensberatung Ecoblue AG.

Sodann solle man sich grundsätzlich überlegen, ob man sein Geld lieber "beteiligen" oder "verleihen" möchte. "Das sind zwei Eckpfeiler, die es schon im alten Ägypten gab: Entweder beteilige ich mich mit meinem Geld an einem Projekt oder ich verleihe es, beispielsweise wenn ich es einer Bank zur Verfügung stelle und dafür Zinsen bekomme", so der Vermögensberater.

Klostermanns Empfehlungen liegen mehr bei den Beteiligungen, und da gelte es, sich seine eigenen Gedanken zu machen: An welcher Geschäftsidee beteilige ich mich, was lässt sich mit meinem Gewissen vereinbaren, was bringt den Planeten und die Menschen, die darauf leben, weiter? "Wenn ich nicht in ein, zwei Sätzen erklären kann, womit ein Unternehmen sein Geld verdient, sollte ich die Finger davon lassen." Dann entwickele man kein Gefühl dafür und beschäftige sich nicht mit der Firma. "Ich kenne Erwachsene, die jahrelang nicht in die Bilanzen der Firmen schauen, an denen sie beteiligt sind. Weil sie nicht verstehen, was da produziert wird, interessieren sie sich nicht dafür und sind plötzlich überrascht, wenn sich negative Entwicklungen abzeichnen."

Zu den praxisnah erzählten Porträts gehört auch das der jungen Selfmade-Milliardärin Sara Blakely, die sich über die warmen und kratzigen Strumpfhosen ärgerte, die sie als Teil eines Verkäuferinnen-Outfits im feuchten Florida tragen musste. Sie kam auf die Idee, eine Alternative zu entwickeln: die Spanx-Strumpfhose, die Frauen heute weltweit tragen. "Ich wollte ganz bewusst junge Frauen vorstellen, die mit ihren Geschäftsmodellen global erfolgreich wurden. Zu oft wird nur über männliche Vorbilder gesprochen", sagt Klostermann.

Haben Frauen Berührungsängste beim Thema Finanzen? Das soeben bei dtv erschienene Buch " Miss Money. Was schlaue Mädchen über Geld wissen sollten" der Berliner Autorin Magdalena Sporkmann wendet sich deshalb sogar explizit an eine weibliche Leserschaft. Nun, man hätte Frauen zwar Jahrhunderte hindurch vom Geldverdienen und Geschäften abgehalten, sagt Klostermann. Aber seine Erfahrung als Vermögensberater habe ihn gelehrt, dass bei ihnen idealerweise beides zusammenkomme: "Das Kopf- und das Bauchgefühl". "Deshalb waren immer die Männer am erfolgreichsten, die bei ihren Geschäften die Überlegungen ihrer Partnerinnen mit einbezogen haben", so Klostermann.

Aufgewachsen ist er in der DDR, nach dem Mauerfall verfing er sich erst einmal im Konsum

Folgen seine eigenen vier Kinder seinen Ratschlägen? Bei der Buchvorstellung in der Alten Börse las seine Tochter Emma, 13, einige Kapitel vor. "Selbstverständlich muss man bei Teenagern vorsichtig sein. Die stehen in diesem sensiblen Alter vor sehr vielen Herausforderungen, müssen mit inneren und äußeren Veränderungen zurechtkommen." Da könne man nicht ständig mit Finanzen ankommen. "Aber ich habe gemerkt, wenn es eine ruhigere Phase gibt, sind sie sehr wohl an dem Thema interessiert und dafür zu gewinnen."

Sympathischerweise verschwiegt Klostermann seine eigenen Irrungen in dem Buch nicht: Aufgewachsen in der DDR, deren Alltag er als trist und grau empfand; die einzigen bunten Tupfer in dieser 80er-Jahre-Kindheit waren die Wrangler-Jeans und Matchbox-Autos, die eine Tante aus dem Westen schickte. Zwar hatte er den Traum vom Fechtinternat Tauberbischofsheim im Kopf, sah aber keine Möglichkeit, ihn zu verwirklichen. Noch nicht einmal die passenden Sportschuhe hatte er beim regionalen Training: "Meine fielen auseinander, die Adidas-Schuhe mit den drei Streifen kannte ich nur aus dem Fernsehen."

Abitur und Studium wurden ihm seinerzeit verwehrt, er sollte eine Lehre als Kfz-Schlosser beginnen. Und dann kam der Mauerfall und damit für ihn völlig neue Möglichkeiten: ein Platz im Fechtinternat Tauberbischofsheim, parallel dazu erst ein Praktikum und dann eine Ausbildung bei der Bank. So entdeckte er sein Talent als Verkäufer. Und verfing sich als junger Mann in den Stricken des Konsums, versinnbildlicht im Porsche-Wagen, den er auch noch fuhr, als ihm der Führerschein schon längst abgenommen worden war.

Geld und Glück, das solle man nicht durcheinander bringen, betont Klostermann. Es gelte auch auf moralischen und emotionalen Reichtum zu achten und in Beziehungen zu anderen Menschen zu investieren. In diesem Kontext steht auch die von ihm vor 14 Jahren mitgegründete Chancenstiftung, die bereits rund 2000 Nachhilfestipendien an Kinder und Jugendliche vermittelt hat.

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