Pop-Künstler sind die Katzen der Kunst: geschmeidige Diven, nur scheinbar kuschelig, geben den Menschen das Gefühl, ihre dankbaren Untertanen zu sein. Freilich leben die schnurrhaarigen Herrscher der Welt auf höchst unterschiedliche Weise, manche hausen vor Rattenlöchern an gefährlichen Autostraßen, nur wenige logieren in Häusern mit Garten und Whiskas-Abonnement auf Lebenszeit. Reden wir noch von Katzen?
Reden wir vom Musiker-Duo Galant: Mona von Galant und Paul von Galant, ein Pop-Paar mit adligem Künstler-Ehenamen, empfangen zum Interview in einer Villa, in einer grünen Gegend am Shakespeare-Platz beim Prinzregententheater, wo man seine Katze unbesorgt frei laufen lassen könnte. Allerdings hat sich Mona gerade einen kleinen Hund angelacht, einen Golden Retriever. Auch wenn das nicht gerade vernünftig sei, sagt sie, jetzt, wo es so richtig losgeht.
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Galant treten beim deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest an (aus Berlin überträgt die ARD am Freitag, 16. Februar, 22 Uhr). "Wir haben schon gewonnen", sagt Mona, verengt die Augen zu Schlitzen und lächelt: Aus 693 Bewerbungen haben die Show-Redaktion und eine internationale Expertenjury die beiden für Grandprix-tauglich befunden. Beim Vorsingen hat Mona gefaucht, miaut, den Krallentanz gemacht - ziemlich telegen. Ob sie nun - gegen die anderen Acht wie den ESC-erfahrenen Soul-Sänger Max Mutzke - gewinnen und am 11. Mai zum finalen Spektakel nach Malmö dürfen oder nicht: Ein paar Millionen Menschen mehr werden die unbeleckten Galant am Ende dieser Woche kennen, sie und den Song "Katze".
Bei den Streaming-Zahlen auf Spotify merken sie die Hände schon, die sich nach ihnen strecken. "Null Punkte Deutschland", hat einer drunter geschrieben, ein anderer: "Wenigstens verlieren wir mit Stolz." Sie haben aus den Kommentaren, den schmusigen wie den kratzigen, ein lustiges Video gebastelt.
"Katze" ist kein niedliches Lied, sondern eines mit funkelnden Augen in klirrender Nacht. "Unter ihrem Hut trägt sie ihre Wut und sie fühlt sich dabei so scheiße gut", singt Mona zu dopsenden Synthie-Sounds von Paul. Es gehe um einen Menschen, der aus Angst vor der Gesellschaft keine Liebe mehr zulässt und sich wehrt, obwohl man ihn nur streicheln will, erklären sie. "Unser Song und unsere Performance sollen nicht nur unterhalten, sondern auch eine Botschaft der Freiheit, der Selbstakzeptanz und des kulturellen Austauschs sein", so haben sie es der NDR-Online-Redaktion diktiert. Auch der ESC ist für sie weit mehr als Entertainment, sie schätzen seine Weltoffenheit: Sie liebe es, dass das Publikum sich hier auf Musiker aus so vielen Kulturen einlässt, "gerade wenn die in ihrer eigenen Sprache singen", sagt Mona von Galant. Dennoch wären sie nie auf die Idee gekommen, sich zu bewerben - hätte nicht ihre Managerin sie dem NDR vorgeschlagen.
Dass sie eine Managerin haben, zeugt davon, dass Galant weiterkommen wollen. "Ich wäre schon happy, wenn ich davon leben könnte", sagt Paul, "aber wenn der ESC uns nicht weiterbringt, dann wissen wir wenigstens, dass das nicht unsere Welt ist." Er ist längst Profi und gut beschäftigt. Er heißt eigentlich Paul Aaron Wolf, ist 29 Jahre alt, stammt aus Mannheim und hat in Freiburg und Helsinki Jazz und Schlagzeug studiert, derzeit macht er seinen Master an der Pop-Akademie Mannheim, produziert andere Musiker und lebt seine Vorliebe für Neue Musik und Soundmaschinen aus, auch mal in einer avantgardistischen Performance in einem Sägewerk.
Auf die Münchnerin Mona von Galant traf er im renommierten Popkurs in Hamburg. In dem habe sie "gecheckt", dass sie "wirklich Songwriterin und Sängerin" ist, nachdem sie zuvor sowas wie Metalltechnikerin und Medienacting gelernt hatte. "Wir beide stehen auf das Weirde, das Schräge, haben denselben Humor - es hat gematcht", sagt Mona. Ihr echter Nachname ist Meiller. Den kennen Autofahrer von den Kipper-Ladeklappen der LKW vor ihnen. Ihr Vater Franz Meiller ist geschäftsführender Gesellschafter des Maschinenkonzerns, aber eigentlich ist er Fotograf, Theatermacher, Filmproduzent - selbst ein Künstler, und ein leidenschaftlicher Kunst-Ermöglicher. Mona spielte in seinem Film über die Kult(ur)-Bar Roy mit, der 2023 beim Filmfest München lief.
Ja, Geld ist da. "Er unterstützt uns", sagt Mona und breitet die Arme aus in dem kleinen Dachstudio in der Villa. Er produzierte auch ihre Videos, "aber vor allem unterstützt er uns emotional". Ihr Partner ergänzt: "Er sorgt für unser Seelenwohl, er ist unser größter Fan seit Stunde eins."
"Die Liebe zur Kunst habe ich zu 100 Prozent von meinem Vater", sagt Mona Meiller. Sie hat die Freiheit, sich auszuprobieren: Sie ist Synchronschauspielerin, etwa bei "Die Vroni aus Kawasaki", wo sie mit Gerhard Polt, Gisela Schneeberger und anderen eine japanische Seifenoper bairisch synchronisierte. Sie singt wunderfein "Die Schöne und das Biest" auf Instagram - das wäre ihr Traum, "einmal eine Zeichentrickfigur in einem Disney-Musical-Film spielen". Mona Meiller könnte in jeder Rolle verzaubern, die Welt beherrschen, mit 25 hat sie alles vor sich.
Momentan ist sie ganz Galant. Smart, sexy und hip tänzeln die beiden mit ihrem "retro-futuristischen Elektro-Pop" in den Tapsern von "expressiven Künstlern" weit vor ihrer Zeit, wie Falco oder Trio und ganz besonders Stereo Total. Fünf Songs haben sie. Schon. Erst. Wie "Katze" oder "Fruchtfliegen" entstanden sie meist aus Jam-Sessions. Paul schmeißt die Sound-Maschinen an, Mona singt dazu, Fehler oder ihre Sprüche dazu ("Egal, ich mach's noch mal") lassen sie gerne drin. Mona Meiller findet: "Wir mögen beide sehr den Moment, wenn der stimmt, fängt die Musik an zu leben."