Wirtschaftsförderung im Landkreis:Lieber lokal als global

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Als Konsequenz aus der Corona-Pandemie orientieren sich viele Unternehmen neu. Die Wirtschaftsförderung des Landkreises könnte dabei eine besondere Hilfestellung leisten

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Die Wirtschaft im Landkreis wird noch einige Zeit an den Folgen der Corona-Pandemie leiden. Wie lange und wie heftig, ist ebenso ungewiss wie die Entwicklung des Infektionsgeschehens im nahenden Winter. Akut betroffen sind derzeit immer noch die Gastronomie und Hotelbetriebe, aber auch international verflochtene und von Zulieferungen abhängigen Firmen. Das hat das Landratsamt in drei Umfragen im vergangenen und diesem Jahr herausgefunden, deren Ergebnisse nun präsentiert worden sind.

Die Wirte suchen Service- und Unternehmen Fachkräfte, und viele Firmen wollen seit der Unterbrechung der weltweiten Lieferketten lieber heute als morgen die Zulieferer wieder in Deutschland oder Europa haben statt in China. Die Befragungen durch die Gefak GmbH fanden im Juli und Oktober 2020 und im Juli 2021 statt und geben der Wirtschaftsförderung im Landratsamt einen guten Überblick über die Sorgen, die Firmen während der beginnenden Pandemie und den Lockdowns hatten.

Ob in Maisach (im Bild) oder in Mammendorf - Gewerbegebiete werden bevorzugt an den Ortsrand gebaut, um Erweiterungsmöglichkeiten zu haben. (Foto: Leonhard Simon)

Dass die Wirtschaft im Landkreis wegen der staatlichen Hilfe und viel Eigeninitiative insgesamt stabil geblieben ist, zeigen die Beschäftigtenzahlen. Weil Kurzarbeit in Anspruch genommen wurde, blieben Entlassungen zwar nicht aus, hielten sich aber in Grenzen. Josef Rother von Gefak bezeichnet den Abbau von Arbeitsplätzen als "moderat". Derzeit seien immer noch 20 Prozent der Beschäftigten in Kurzarbeit. Die staatliche Hilfe aber ist nicht immer zur größten Zufriedenheit geflossen, wie die Umfragen zeigen. Waren im Sommer 2020 nur neun Prozent der Betriebe unzufrieden über die Auszahlung der kurzfristigen Finanzspritzen, so sind es ein Jahr später mehr als 24 Prozent.

Der Wirtschaftsförderung im Landratsamt dienen diese und weitere Umfrageergebnisse nun dazu, die Leistungen für die Unternehmerinnen und Unternehmer anzupassen. Denn eine Konsequenz, die die Firmen gezogen haben, ist ein weiterer Flächenbedarf. Dass kann, wie Wirtschaftsförderin Barbara Magg erläutert, eine neue Lagerhalle sein, es kann aber auch ein neues Firmengebäude sein. Vor allem aber besteht der Wunsch, dass Zulieferer wieder näher an die Produktion heranrücken. Josef Rother sieht darin ein Umdenken in der Wirtschaft und eine Abkehr von der Globalisierung. "Wir waren zu sorglos damit, dass wir viel ausgelagert haben", sagt Rother und nennt nun Re-Regionalisierung als Stichwort. Diese Rückkehr werde nicht leicht, solle die heimischen Betriebe aber weniger abhängig von internationalen Lieferketten machen. Das werde die Betriebe krisenfester und resilienter machen.

In der Pandemie haben etliche Firmen für sich herausgefunden, dass sie gern mehr Platz hätten. (Foto: Leonhard Simon)

Die Wirtschaftsförderung könne diesen Prozess unterstützend begleiten, meint Barbara Magg. Denn wie die Umfragen gezeigt hätten, vermisse jeder fünfte Betrieb Zulieferer oder Vertriebspartner in der Umgebung. Und zwei Drittel der Betriebe äußerten, dass es für ihre Vorprodukte keinen Anbieter in der Region gebe. Dabei wüssten Firmen oft nicht, welche Kompetenzen in der eigenen Nachbarschaft oder im Gewerbegebiet der Nachbargemeinde vorhanden seien. Die Wirtschaftsförderung könne da mit ihrer neuen Unternehmensdatenbank helfen. Die Firmen im Landkreis bekämen demnächst ein Angebot, sich in diese Datenbank einzutragen. Der Nutzen steige, je mehr Firmen sich anmeldeten, meint Magg. Die Online-Datenbank soll dem vielfach geäußerten Wunsch gerecht werden, dass sich die Unternehmen im Landkreis mit ihren Angeboten besser kennenlernen. Nach Vorstellung von Josef Rother könnten die Firmen so "eine gesunde Mischung aus regionalen und weltweiten Kreisläufen finden". Die nicht zu vernachlässigenden Nebeneffekte seien sinkenden Kosten beim Transport und die ökologischen Auswirkungen.

Eine weitere direkte Folge der Pandemie ist die Frage, wie es mit den ins Home-Office ausgelagerten Arbeitsplätzen weitergeht. Zwar dürfte, wie die Umfragen ergaben, nicht jedes Home-Office erhalten bleiben, aber der Bedarf an Büroflächen werde sinken, sagt Rother: "Die Bedeutung von Home-Office ist unumstritten." Dafür aber muss in dem einen oder anderen Betrieb die IT-Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbessert werden. Ein wenig Sorge bereiten der Wirtschaftsförderung die Antworten auf die Frage, ob es eine Strategie im Unternehmen für die Zeit nach der Pandemie gibt. Waren es im Juni 2020 genau 50 Prozent der Firmen, die sich eine Strategie zurechtgelegt hatten, so waren es im Oktober 2020 nur 50,9 und im Juli 2021 nur 51,4 Prozent.

Die Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung GmbH (Gefak) hat im Auftrag des Landratsamtes 1300 Unternehmen aller Branchen nicht anonym befragt. 2020 lag der Rücklauf bei 24 Prozent, in diesem Jahr bei noch 17 Prozent

© SZ vom 15.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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