Fürstenfeldbruck:Kreisklinik auf dem Prüfstand

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Sabine Dittmar, parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Gesundheit, wirbt im Kulturzentrum Kom für die Reform. (Foto: Johannes Simon)

Gesundheitssystem soll effizienter und für die Patienten transparenter werden. Nicht alle Experten aber sind von der geplanten Krankenhausreform überzeugt, die sich auch auf den Landkreis auswirken wird.

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck Olching

In welches passende Krankenhaus komme ich als Herzinfarktpatient? Wo bekomme ich als Frau ohne Komplikationen mein Kind? Wo erhalte ich die beste Krebstherapie? Eine Krankenhausreform, die von der Bundesregierung gerade auf den Weg gebracht worden ist, wirkt überaus komplex. Etwas Umfassenderes ist kaum vorstellbar, weil es so viele Beteiligte gibt: Krankenhäuser mit diversen Abteilungen, Pflegerinnen und Pfleger samt dem Problem des Fachkräftemangels dort, Ärzte oder Rettungssanitärer und schließlich noch Patienten. Alle Beteiligten haben ihre Interessen, die häufig nicht übereinstimmen, wie bei der SPD-Veranstaltung im Olchinger Kom auf Einladung des örtlichen Bundestagsabgeordneten Michael Schrodi sehr deutlich wurde.

"Mehr Qualität und weniger Bürokratie" verspricht die SPD in Olching

"Mehr Qualität und weniger Bürokratie" verspricht die SPD, bringe die Krankenhausreform. Sehr engagiert ins Zeug legte sich in Olching dafür die SPD-Politikerin Sabine Dittmar. Die parlamentarische Staatssekretärin beim Gesundheitsminister Karl Lauterbach - selbst gelernte Hausärztin - gab sich überzeugt, dass die Reform gelingt. Plakativ sprach sie von drei Säulen, auf denen die Reform, die mit den Bundesländern abgestimmt werden muss, ruht: Versorgungssicherheit, Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität und Entbürokratisierung.

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:Das Klinikum braucht mehr Platz

Von 2028 an soll das Krankenhaus finanzielle Förderung für Umbaumaßnahmen erhalten. Wie sich bis dahin die geplante Klinikreform auswirken wird, weiß derzeit allerdings niemand.

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Etwa 50 Besucher bekamen durch Dittmar einen guten Eindruck, was auf sie zukommen könnte. Zweifel herrschte bei ihnen, ob die Reform wirklich Verbesserungen bringen wird. "Beim Bürokratieabbau wünsche ich viel Erfolg", meinte Alfons Groitl, der Vorstand des Brucker Klinikums spürbar skeptisch. Seine geschilderten Erfahrungen gingen bisher in eine ganz andere Richtung.

Vor allem der Pflegekräftemangel macht dem Klinikum zu schaffen

380 Betten hat das Klinikum Fürstenfeldbruck. "Der Mangel an Pflegepersonal ist gravierend", sagt Oberärztin Susanne Wedel, die gleichzeitig Personalratsvorsitzende ist. Das über die Zeitarbeitsfirma angeheuerte Personal sei deutlich teurer. "Weniger Pflegerinnen und Pfleger bedeutet Betten zu schließen", so Wedel, die auch das Übermaß an Bürokratie und Dokumentation, die Pflegekräfte zu bewältigen hätten, kritisierte. Der Brucker Pflegedirektor Wilhelm Huber bemängelte, dass die Nothilfen in den Krankenhäusern weiterhin verstopft bleiben würden, wenn nicht auch der hausärztliche Bereich reformiert wird. "Die Hausärzte sperren um 18 Uhr zu, manche machen nur an zwei Nachmittagen auf", kritisierte Huber, der auch für die Aus- und Weiterbildung zuständig ist. Die ständige Weiterbildung von Pflegekräften verschärfe die Personalsituation zusätzlich ganz massiv. Huber: "Unser Gesundheitssystem ist nicht mehr finanzierbar."

380 Betten hat das Klinikum Fürstenfeldbruck. Die Notaufnahme ist abends auch bei kleineren Blessuren Anlaufstelle für Patienten, weil dann die meisten Arztpraxen geschlossen haben. Pflegedirektor Wilhelm Huber fordert deshalb auch eine Reform des hausärztlichen Bereichs. (Foto: Leonhard Simon)

"Ich bin ein Fan von Höherqualifizierung", sagte Dittmar. "Wir müssen unsere Ressourcen effektiver einsetzen", fügte die SPD-Staatssekretärin hinzu. Deutschland gebe 13,1 Prozent des Bruttosozialprodukts für den Bereich Gesundheit aus. "Das sind vier Prozent mehr als in anderen Ländern", so Dittmar, die auch betonte, dass hierzulande pro Kopf ein Vielfaches an Ärzten und Pflegern zur Verfügung stehe. Hundert Milliarden Euro bekämen die Krankenhäuser. Mit effizient meinte sie auch, dass zum Beispiel nur 50 Prozent aller Krebspatienten in Krebszentren behandelt werden. Das müsse sich dringend in Richtung der angestrebten Maximalversorgung verbessern. Den Einwand einer Frau aus Syrien, dass Privatpatienten und Selbstzahler aus dem Ausland schon längst die Behandlungsqualität erhalten, die jetzt für Kassenpatienten in Aussicht gestellt werden, ließ Dittmar gelten. Ihr Mann sei Privatpatient und sei kürzlich an den Augen operiert worden. Dittmar: "Da hat er den siebenfachen Satz bezahlt. Das ist kein Modell, das wir anstreben."

Michael Schrodi widerspricht Gerüchten: "Die Schließung ist vom Tisch"

Dittmar sprach aber auch von Anspruchsdenken von Patienten, die zu ungeduldig sind. "Manches hat auch mal acht Wochen Zeit", meinte sie. Sie wiederholte noch einmal, dass für die Krankenhausfinanzierung zuallererst die Bundesländer, so auch in Bayern, zuständig sind. "Der Bund lässt die Krankenhäuser nicht im Regen stehen", bekräftigte Dittmar zudem. Jetzt zahle der Bund sechs Milliarden, also 3000 Euro pro Bett und 2024 nochmal 4000 Euro pro Bett. Auch die gestiegenen Lohnkosten seien bei den kommenden Verhandlungen abgesichert. "Mit den vielen Milliarden müssen wir im Gesundheitssystem mehr auf die Füße stellen."

Michael Schrodi (links) hat zu der Veranstaltung eingeladen (neben ihm Olchings Bürgermeister Andreas Magg und Landtagskandidat Daniel Liebetruth). (Foto: Johannes Simon)

Bis nächstes Jahr soll die Reform stehen, auch das Krankenhaustransparenzgesetz, das jedem Patienten ermöglichen soll, sich über das für ihn beste Krankenhaus zu informieren. Auch hier herrschte Zweifel unter den Besuchern, ob die Daten dafür korrekt erhoben werden können. Michael Schrodi, der finanzpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, versicherte, dass das Brucker Kreiskrankenhaus nicht auf der Kippe stehe. Entsprechende Gerüchte bezeichnete er als "Panikmache" und betonte nachdrücklich: "Die Schließung ist vom Tisch."

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