Politik:Junge Union plagen Nachwuchssorgen

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Gut ein Drittel der 200 Mitglieder des Kreisverbandes erreicht die nächsten beiden Jahre die Altersgrenze und scheidet aus der Nachwuchsorganisation der CSU aus. Auf den neuen Vorsitzenden wartet viel Werbearbeit

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Die Zeiten, in denen mal so nebenbei ein Ortsverband der Jungen Union gegründet wurde - längst vorbei. Schnell auf einem Bierdeckel die Mitgliedschaft beantragen - heute kaum mehr denkbar. Die Jugendorganisation der CSU im Landkreis ist, zumindest nach Meinung ihres neu gewählten Vorsitzenden Wolfgang Vogt, zwar immer noch "gut aufgestellt", aber von den derzeit knapp 200 Mitgliedern werden in den kommenden beiden Jahren bis zu 70 austreten.

Das hat weniger mit politischer Lustlosigkeit zu tun, als mit den Formalien der Organisation JU. Viele der vor zehn oder 15 Jahren angeworbenen Jung-Unionisten erreichen die Altersgrenze von 35 Jahren, in dem aus dem Polit-Nachwuchs der Polit-Bestand wird. Oder sie treten aus den Ortsverbänden aus, weil sie wegziehen, oder, aber das sollen die wenigsten sein, sich von der Politik und von der CSU abwenden. Es steht also einiges an Arbeit für den Jurastudenten Vogt aus Moorenweis an, wenn er in seiner zweijährigen Amtsperiode für die Kommunalpolitik aus dem Vollem schöpfen will.

Es ist sein erklärtes Ziel, möglichst viele JU-Mitglieder zunächst auf die Gemeinde- und Stadtratslisten sowie unter die Kandidaten für den Kreistag zu bringen, damit vor allem junge Wähler sie bei den Kommunalwahlen 2020 auch wählen. Da es, und das scheint auch Wolfgang Vogt verinnerlicht zu haben, keinen automatischen Prozess mehr gibt, der der CSU die Mehrheiten sichert, werden sich die jungen Kandidaten wohl noch um einiges mehr anstrengen müssen, wahrgenommen zu werden. Ist doch die Konkurrenz, zum Beispiel durch die Grünen im Landkreis, nicht gerade schwach.

Vogt fordert von allen Mitgliedern der JU und damit auch von allen Kandidaten eine starke Präsenz. Er lobt zum Beispiel die JU-Mitglieder im Ortsverband Emmering, die in den Vereinen präsent seien, sich sozial engagierten und damit auch immer ansprechbar seien für andere junge Menschen. Sind JU-Mitglieder auch noch in den politischen Gremien vertreten, könnten sie über ihr ehrenamtliches Engagement leichter an die Themen herankommen, Probleme erkennen und daraus politisches Handeln entwickeln.

Der JU-Kreisvorsitzende ist seit 2014 Gemeinderat der CSU in Moorenweis und möchte es auch über 2020 hinaus bleiben. Zusätzlich strebt einen Platz auf der Kreistagsliste seiner Partei an. Seinen politischen Werdegang geht er offenbar entspannt an, möchte nicht, dass die Junge Union als Kaderschmiede der CSU gesehen wird, sondern eher als Plattform für alle jene jungen Menschen, die sich politisch ausprobieren möchten und denen das Programm der CSU am ehesten zusagt. Die Aufgabe einer Jugendorganisation einer Partei sei es, aufmüpfig zu sein, mal was rauszuhauen, meint Vogt. Das sei bei der JU nicht anders als bei den Jungsozialisten in der SPD.

Mit 23 Jahren hat Vogt das Alter, in dem auch Jurastudenten noch aufbegehren sollten, und so scheut er sich auch nicht, das Verhalten der Älteren in der Partei zum Beispiel beim Thema Klimaschutz zu kritisieren. Ein Thema, das die Jugend angehe, und er findet, dass es gerade auf kommunaler Ebene noch einige mehr gebe. Schnelles Internet, zum Beispiel, bringen den Jugendlichen viel. Entschieden aber werde das im Gemeinderat, die Glasfaserkabel auch in den Boden kommen. Gleiches gelte für die jungen Sportler, für junge Vereinsmitglieder generell. Für sie stelle die Gemeinde die Übungsräume, in denen geprobt werden kann, sowie die Plätze zur Verfügung, auf denen die Spiele stattfinden können.

Und schließlich gehe es ja auch ums Geld: "Was können wir uns für junge Leute leisten?", laute eine Frage, die sich der Gemeinderat bei den Haushaltsberatungen stelle. Das Geld auszugeben für Busverbindungen, um zusätzliche Fahrten am Abend und am Wochenende zu schaffen, zum Beispiel. Am Beispiel des besser ausgebauten Busnetzes in Moorenweis, zeigt Vogt auf, dass es Jugendlichen viel leichte falle, zur Schule, zu Freunden, auf Partys zu fahren, als vorher. Und, ob man es vorher geglaubt habe oder nicht: "Man kann auch als junger Gemeinderat viel selbst bewegen."

Freilich müssen nach Ansicht Vogts auch die Voraussetzungen geschaffen werden, damit sich junge Leute politisch engagieren und für einen Gemeinde- oder Stadtrat kandidieren. Celine Lauer und Thuy Tran sind für ihn Vorbilder, weil sie "sich getraut haben". Von seiner Partei, also den älteren tonangebenden Mitgliedern, verlangt er auch, dass sie sich trauen. Nämlich junge Leute hereinzuholen, damit die sich ausprobieren könnten. Und wenn ein junger Kommunalpolitiker nur zwei Jahre ein Mandat behält, weil er dann umzieht oder ihn Studium oder Beruf fordern? So what! "Das muss man akzeptieren, der Sitz ist für die Partei ja nicht verloren."

Wie seiner Vorgängerin Thuy Tran, die jetzt 28 Jahr alt ist und vier Jahre lang die JU im Kreis geführt hat, stehen auch Vogt Wahlkämpfer bevor, in denen die JU "Flagge zeigen" dürfe. Vogt weiß schon, was er nicht will: Bierzeltveranstaltungen, in denen von oben herab Politik verbreitet werde. Er will den früheren CSU-Slogan "Näher am Menschen" wieder mit Leben füllen, im Straßenwahlkampf Leute ansprechen und ist auch zum Haustürwahlkampf bereit.

Spätestens zu den Kommunalwahlen 2020 wird er sich einbringen können - wenn nicht vorher, wie er befürchtet, die große Koalition in Berlin auseinanderbricht und es vorzeitig Wahlen zum Bundestag gibt. Aber so wie Vogt sich derzeit nach außen gibt, ist er schon darauf eingestellt. Auch mit weniger Mitgliedern in der Jungen Union.

© SZ vom 26.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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