Olympia-Attentat:Erinnerung an das jüngste Opfer

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Die israelische Generalkonsulin Carmela Shamir spricht bei der Einweihung der Gedenktafel für Mark Slavin. (Foto: Leonhard Simon)

Der israelische Ringer Mark Slavin soll am 5. September 1972 mit 18 Jahren sein Olympiadebüt geben. Wenige Stunden davor, wird er von den palästinensischen Terroristen entführt. Eine Tafel erinnert nun an sein Leben.

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Mark Slavin war mit gut 18 Jahren das jüngste Opfer des terroristischen Olympia-Attentats von 1972. Am Abend vor dem Anschlag verzichtet er darauf, mit seinen Teamkollegen im Deutschen Theater in München eine Aufführung von "Anatevka" zu besuchen. Denn der 5. September, der Tag des Attentats, soll eigentlich der größte Tag seines Lebens werden: Um 9.30 Uhr soll der israelische Ringer sein Olympiadebüt geben, er gilt als Medaillenhoffnung. Doch so weit kommt es nicht, wenige Stunden vor seinem großen Moment stürmen die palästinensischen Terroristen die Unterkünfte der israelischen Sportler, und Mark Slavin wird mit seinen Teamkollegen als Geiseln genommen. An das Leben des jungen Mannes erinnern nun eine Schautafel und eine Installation am Eingang des Museums Fürstenfeldbruck.

Sie sind Teil des Projekts "Zwölf Monate - Zwölf Namen", bei dem seit Jahresbeginn jeden Monat an eines der Opfer des Attentats erinnert wird. Ein Teil der Tafeln ist in München zu sehen, andere im Landkreis Fürstenfeldbruck. So wurde im März am Jexhof dem Gewichtheber Ze'ev Friedman, im Mai im Landratsamt dem Ringer Eliezer Halfin und im Juni dem Gewichtheber Josef Romano mit einem Turnier in Eichenau gedacht. Organisiert wird das Erinnerungsprojekt vom Jüdischen Museum München gemeinsam mit dem NS-Dokumentationszentrum und dem israelischen Generalkonsulat.

Und so war die Generalkonsulin Carmela Shamir auch eine der Rednerinnen bei der Einweihung der Infotafel im Fürstenfeldbrucker Museum. Die Bildungs- und Erinnerungsarbeit, die die Stadt leiste, sei beispielhaft, so Shamir. Die Art, wie mit dem Projekt der Opfern gedacht werde, sehr berührend. In Umgang mit dem Attentat geschehe in Deutschland vieles "beschämend spät", erklärte Barbara Kink, die Leiterin des Museum in ihrer Rede. Umso mehr gehe es nun darum, das Leid der Angehörigen anzuerkennen. "Mit Erleichterung habe ich deshalb von der Einigung mit den Hinterbliebenen gehört". Sie erinnerte daran, dass die Olympiateilnahme des israelischen Teams ein Zeichen der Versöhnung sein sollte, nur 27 Jahre nach dem Ende des Krieges und der systematischen Vernichtung der Juden durch Deutschland. Nicht wenige der Teilnehmer hatten Familienmitglieder im Holocaust verloren. Fürstenfeldbrucks Oberbürgermeister Erich Raff erklärte, dass es der Stadt wichtig sei, sich der Verantwortung zu stellen. "Fürstenfeldbruck wird für immer auf tragische Weise mit dem Attentat verbunden sein." Deshalb sei die Teilnahme an dem Projekt ein wichtiges Anliegen gewesen. "Ohne Erinnerung hätten wir keine Vergangenheit."

Mark Slavin war erst wenige Monate vor den Olympischen Spielen nach Israel ausgewandert. Geboren am 31. Januar 1954 in Minsk, das damals zur Sowjetunion gehörte, wurde er bald mit einem wachsenden Antisemitismus in seiner Heimat konfrontiert. Dennoch konnte er aufgrund seiner außerordentlichen Begabung an einer staatlichen Eliteschule trainieren und wurde mit 17 Jahren jüngster sowjetischer Meister im Mittelgewicht. Als er sich Anfang 1972 entschied, einen Ausreiseantrag nach Israel zu stellen, um dem Antisemitismus zu entkommen, entzog ihm die Sowjetunion alle Titel. In Israel angekommen, ermöglichte ihm das Parlament, die Knesset, eine "Expresseinbürgerung", damit er noch an den Spielen teilnehmen konnte. "Ich bin so glücklich, dass ich hier sein darf", hatte Slavin damals in München gesagt. Wenige Tage später wurde er beim gescheiterten Befreiungsversuch von den Terroristen ermordet. Genau wie sein Trainer Moshe Weinberg, dem zum Abschluss im Dezember im Jüdischen Museum gedacht wird. Zuvor erinnert im November noch das Graf-Rasso-Gymnasium in Fürstenfeldbruck an den Kampfrichter Yakov Springer.

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