Musikalische Bildung:Das purpurrote Mäntelein

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Etwa 20 Schulen, Krippen und Kitas im Landkreis beteiligen sich in der ersten Juniwoche am landesweiten Aktionstag Musik. Es wird mehrsprachig gesungen, getanzt und gejodelt. Nach Grafrath kommt sogar Besuch aus dem Landtag

Von Viktoria Großmann

"Ein Männlein steht im Walde" ist ein ziemlich schwieriges Lied. Allein das purpurro-o-te-e Mäntelein. Abgesehen davon, dass sich die meisten Kinder fragen, was um alles in der Welt das für ein Männlein eigentlich sein soll, birgt das Lied für Sänger einige Klippen. Kurze Intervalle, große Höhenunterschiede.

"Die alten Kinderlieder sind ganz schön anspruchsvoll", sagt Monika Schierer. Die Konrektorin der Grundschule Grafrath übt mit den Klassen in diesen Tagen vier traditionelle Kinderlieder ein. In einem Projekttag werden die Kinder dann gemeinsam mit verschiedenen Lehrern, die auch von anderen Schulen sind, die Lieder spielerisch verfremden. Am Mittwoch, 4. Juni, geben die Schüler um 12 Uhr ein Konzert, zusammen mit den beiden Chorstufen der Grundschule.

Damit beteiligt sich die Schule wie etwa zwanzig weitere Schulen, Krippen und Kitas im Landkreis am bayernweiten Aktionstag Musik - der eigentlich eher eine Aktionswoche ist. Sie wird in diesem Jahr zum zweiten Mal ausgerichtet. Dahinter steckt

die Bayerische Landeskoordinierungsstelle Musik (BLKM). Das ist eine Art Arbeitsgemeinschaft von Kultus-, Sozial- und Wissenschaftsministerium gemeinsam mit dem Bayerischen Musikrat. "Wir verstehen uns als eine Austauschplattform", erklärt Christiane Franke von der BLKM. "Oder bestenfalls als Netzknüpfer." Für alle, die in der musikalischen Bildung etwas bewegen wollen nämlich. Dazu soll der Aktionstag Anregungen geben.

In der Broschüre, die von der BLKM verschickt wurde, stehen bayerische Volkslieder, aber auch "Bruder Jakob" in sieben Sprachen, dazu ein türkisches und ein italienisches Kinderlied. Die Idee, über das gemeinsame Singen auch die Sprachenvielfalt in der Klasse zu thematisieren, kommt in der Grundschule an der Kleinfeldstraße gut an. Unter den 300 Germeringer Schülern haben einige zwei Muttersprachen. Den Unterricht werden am Aktionstag Studenten der LMU in München unter Aufsicht einer Dozentin vom Lehrstuhl für Musik gestalten, erklärt Stephanie Grübl. Die Musiklehrerin unterrichtet auch an der LMU und hat die Kooperation veranlasst.

Eine schulübergreifende Zusammenarbeit hat auch Anna Hoffmann, Fachschaftsleiterin Musik am Max-Born-Gymnasium in Germering veranlasst. Zum Unterricht der Streicherklasse am Gymnasium kommt Besuch aus der Theresen-Grundschule. Die älteren Schüler sollen den jüngeren ihre Instrumente erklären und natürlich gemeinsam singen. Denn "Zusammen singen" ist das Motto des Aktionstages: sprachen-, klassen- und altersübergreifend. So will die Kinderkrippe Waldwichtel in Fürstenfeldbruck im Awo-Seniorenzentrum musizieren. In Hattenhofen und Maisach werden die Grundschulen an Projekttagen von den örtlichen Musikschulen und dem Musikverein unterstützt. In der Grundschule Eichenau wird zum Gesang auch getanzt und gejodelt.

Am Graf-Rasso-Gymnasium in Fürstenfeldbruck sollen gar alle etwa 1100 Schüler in der Frühstückspause gemeinsam singen. Musiklehrer Georg Alkofer hat seine Klassen in den vergangenen Wochen darauf vorbereitet. Schwierig sei es vor allem gewesen, ein Lied zu finden, mit dem alle Jahrgangsstufen etwas anfangen können, sagt er. Die Wahl fiel nun auf "Probier's mal mit Gemütlichkeit". Das swingt schön. Und ist damit nicht nur gut singbar, sondern auch tanzbar. Den Einsatz sollen Schülerband und Chor geben und dann, so hofft, Alkofer, swingt die ganze Aula.

Alkofer ist auch an dem Projekttag an der Grundschule Grafrath beteiligt. Dort übt Monika Schierer auch außerhalb von Aktionstagen mit den Kindern schwierigere Lieder ein. Es geht ihr um Stimmbildung, aber auch darum, das Ohr zu schulen. Zudem helfe das Singen der Konzentration, sagt sie. "Die Kinder sollen sich bewusst werden, welche Töne sie hervorbringen können", sagt sie. Das sei nicht zuletzt ein großes Erfolgserlebnis. "Das ist mehr als Spaß", sagt sie. "Das ist Freude." Neuere Kinderlieder, ist ihr aufgefallen, seien häufig etwas anspruchsloser. Dabei sei das überhaupt nicht nötig. Sie sieht ihre Aufgabe auch darin, aus den Kindern "das Vorhandene herauszukitzeln", dann zeige sich, "dass doch immer mehr möglich ist, als man vorher meint".

Wie viel möglich ist, wird sich in Grafrath auch der frühere Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) anhören. Er ist heute Präsident des Bayerischen Musikrats. Viel Zeit hat er für seinen Besuch nicht, aber vielleicht reicht es, um zu klären, wer denn nun das rote Männlein ist.

© SZ vom 28.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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