München/Gröbenzell:Gnädiges Urteil

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Unfallverursacher aus Germering erhält Bewährungsstrafe

Von Andreas Salch, München/Gröbenzell

Gleich ist es soweit und die Richterin der achten Strafkammer am Landgericht München II wird das Urteil verkünden. Für Jonas R. ( Name geändert) aus Gröbenzell geht es um viel. Bekommt er nochmals eine Chance? Wenn nicht, muss er in Haft. Im Juli hatte das Amtsgericht Fürstenfeldbruck den 30-Jährigen zu neun Monaten ohne Bewährung verurteilt. Gegen diese Entscheidung hat er nun Berufung vor dem Landgericht eingelegt. Jonas R. ist mehrfach vorbestraft. Zuletzt wurde er viermal wegen Verkehrsdelikten verurteilt. Zur Warnung hat er sich das nach Ansicht der Richterin am Landgericht München II aber nicht dienen lassen. Wie ein "Wahnsinniger" sei er am zweiten Weihnachtsfeiertag 2020 am frühen Abend auf der A 96 bei Germering gerast, wirft sie R. vor. "Pures Glück", das "niemand tot ist", sagt die Richterin.

Es war kurz nach 19 Uhr, als Jonas R. an jenem Abend bei schlechten Witterungsverhältnissen auf der A 96 fuhr. 140 bis 150 Kilometer in der Stunde schnell sei er gewesen, sagt er. Ein Ingenieur, der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls mit dem Auto auf der A 96 unterwegs war und vor Jonas R. auf der linken Spur fuhr, sagt in der Verhandlung vor dem Landgericht, der Angeklagte sei seiner Meinung nach wohl mit Tempo 200 gefahren. Dann passierte es. Jonas R. prallte in das Heck des vor ihm fahrenden Autos. Der Wagen des Ingenieurs driftete rund 300 Meter über drei Fahrspuren und prallte gegen eine Betonwand. Der Ingenieur und sein Beifahrer wurden beide leicht verletzt. Am Auto entstand Totalschaden. Von der Versicherung von Jonas R. hat der Ingenieur bis heute kein Geld bekommen.

Jonas R. versichert der Richterin, dass es spätestens nach dem Urteil des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck "klick" bei ihm gemacht habe. Er habe eingesehen, dass es so nicht weitergehen kann. Wenige Wochen nach dem Auffahrunfall auf der A 96 war der Germeringer zudem noch betrunken Auto gefahren. Am 15. Februar dieses Jahres hatte er einen an der Hauptstraße in Mittelstetten geparkten Pkw touchiert. Die Polizisten, die den Unfall aufnahmen, bemerkten dass er nach Alkohol roch. Jonas R. hatte, wie sich herausstellte, ein Blutalkoholkonzentration von 1,48 Promille.

Seither trinke er nichts mehr, beteuert der Germeringer in der Verhandlung vor dem Landgericht. Was passiert sei, könne er sich nicht erklären. Er habe deshalb auch eine Therapie bei einer Verkehrspsychologin begonnen. Er wolle die "Hintergründe" für sein Verhalten im Straßenverkehr "aufarbeiten". Außerdem habe er sein Alkoholproblem in Angriff genommen. Seit seiner Verurteilung vor dem Amtsgericht besuche er eine Beratungsstelle der Caritas. "Ich bin auf dem richtigen Weg", beteuert Jonas R. Es sei "schwer nachvollziehbar", dass es so lange gedauert habe, bis ein "Denkprozess" bei ihm eingesetzt und er bemerkt habe, dass er etwas tun müsse, hält die Richterin ihm vor. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, die ebenfalls Berufung gegen das Urteil aus der ersten Instanz eingelegt hatte, fordert die Strafe zu erhöhen. Zehn Monate Haft ohne Bewährung. Jonas R.s Verteidiger findet, ein Haftstrafe wäre "zu scharf geschossen". Acht Monate ausgesetzt zur Bewährung reichten. Das Gericht belässt es jedoch bei neun Monaten Haft - mit Bewährung. Jonas R. atmet zweimal tief durch, hält sich die Hände vor das Gesicht. Er scheint selbst nicht mehr daran geglaubt zu haben, noch einmal glimpflich davon zu kommen. Der Angeklagte habe den Eindruck erweckt, dass er etwas gegen sein Suchtproblem und sein Problem mit einem adäquaten Verhalten im Straßenverkehr tue, sagt die Richterin und fügt hinzu: Das Urteil sei "wahrlich kein Selbstläufer". Seinen Führerschein wird der Germeringer frühestens in drei Jahren wieder bekommen. Außerdem muss er 2500 Euro an eine soziale Einrichtung zahlen.

© SZ vom 27.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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