Erdwärme:Gemeinsam zur Energiewende

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Aktuell versorgt das GfA in Geiselbullach etwa 1200 Haushalte und 50 Firmen mit Wärme. (Foto: Jana Islinger)

Die Landkreise Fürstenfeldbruck und Dachau planen eine Geothermieanlage auf dem Gelände der Müllverbrennungsanlage Geiselbullach. Ein neues Gesetz macht diesen Vorstoß möglich.

Von Gerhard Eisenkolb, Olching

Die Landkreise Fürstenfeldbruck und Dachau wollen mit dem Aufbau einer gemeinsamen kommunalen Erdwärme-Versorgung die Energiewende voranbringen. Dazu ist eine Geothermie-Anlage geplant. Diese könnte in drei bis vier Jahren Haushalte und Firmen mit klimaneutraler Heizenergie versorgen. Als Standort für das Großprojekt ist das Industriegelände der Müllverbrennungsanlage (MVA) bei Olching im Niemandsland zwischen den Landkreisen vorgesehen. Dies haben am Dienstagnachmittag der Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU) und Thomas König bei einer Pressekonferenz in der MVA bekannt gegeben, deren Gesellschafter die Landkreise sind. König leitet als Geschäftsführer das "Gemeinsame Kommunalunternehmen für Abfallwirtschaft" (GfA), das die MVA betreibt.

Das GfA versorgt seit 20 Jahren Gewerbegebiete und Wohnungen in Olching und Bergkirchen mit der Abwärme der Müllverbrennung. Nun setzen Löwl und der Fürstenfeldbrucker Landrat Thomas Karmasin (CSU) auf Geothermie als weiteres Standbein ihres Unternehmens. Als Abfallprodukt aus der Verfeuerung von Müll produzierte das GfA im Jahr 2021 87 000 Megawattstunden Wärme und 56 000 Megawattstunden Strom. Mit Wärme werden zurzeit etwa 1200 Haushalte und 50 Firmen versorgt. Zwei Industriebetriebe beziehen zusätzlich Prozessenergie. Von der ersten Geothermiebohrung erhofft man sich Wärme für weitere 1000 Haushalte.

Das Gelände gilt als idealer Geothermie-Standort

Wegen der Erfahrungen in diesem Sektor, der bestehenden Infrastruktur und der geologischen Gegebenheit gilt das GfA-Gelände als idealer Geothermie-Standort. Dort kann an Fernwärmenetze und eine Wärmestation zur Einspeisung angedockt werden. Zudem verfügt man über eine mit dem Betrieb eines Heizkraftwerks vertraute Belegschaft. Das Einzige, was fehlt, sind erfolgreiche Probebohrungen nach heißem Tiefenwasser und Pumpanlagen zu dessen Förderung. Die Pumpen können kostengünstig mit dem bei der Müllverbrennung gewonnenem Strom betrieben werden. Im Blick hat König den gesamten Großraum Dachau und Fürstenfeldbruck, wenn er beteuert, alles, was machbar ist und funktioniert, wolle man in Angriff nehmen.

Landrat Löwl spricht von einem "optimalen Standort", an dem aufgrund hoher Investitionen schon jetzt die technischen Voraussetzungen zur Nutzung von Erdwärme vorhanden sind. GfA-Chef König beziffert die voraussichtlichen Investitionen für die erste Geothermie-Anlage, auf die weitere folgen könnten, mit etwa 20 Millionen Euro. Das Teuerste sind zwei Probebohrungen bis in etwa 2000 Meter Tiefe, von denen jede sieben Millionen Euro kosten soll. König weist vorsorglich darauf hin, Müllgebührenzahler müssten nicht befürchten, für den Ausbau der Geothermie zur Kasse gebeten zu werden. Das aufgrund der geologischen Gegebenheiten relativ geringe unternehmerische Risiko, nicht fündig zu werden, kann durch eine Versicherung gedeckt werden. Zudem wird der Bau der Anlage mit Zuschüssen in Höhe von 40 Prozent der Kosten gefördert.

Thomas König, Geschäftsführer der GfA, erläutert die Geothermie-Pläne. (Foto: Jana Islinger)

Laut einer Vereinbarung der Gesellschafter ist die Jahreskapazität der MVA auf 120 000 Tonnen Müll begrenzt. Daher ist ein Ausbau der Energieerzeugung nur durch die Erschließung einer langfristig nutzbaren und klimaneutralen Energiequelle wie der Geothermie möglich. Die Landräte wollen mit ihrem Projekt Hausbesitzern eine Perspektive geben, wie sie künftig ohne Öl und Gas heizen können. Wer auf Fernwärme umsteigt, spart sich das Geld für eine neue Heizung oder Wärmepumpe. Um neue Abhängigkeiten zu vermeiden, dürfe die Erdwärme nicht zum Objekt von Spekulationen oder den Markt beherrschenden Privatunternehmen werden, heißt es.

Die Voraussetzungen für ein Gelingen des Projekts schätzt König mit Verweis auf 20 erfolgreiche Geothermie-Projekte im Großraum von München als sehr gut ein. Daher zeigt er sich optimistisch, bei den Probebohrungen auf dem GfA-Areal auf Warmwasser mit einer Temperatur von etwa 70 Grad in ausreichender Menge zu stoßen. Die Pressekonferenz, bei der sich Karmasin wegen Verpflichtungen als Präsident des Bayerischen Landkreistags vertreten ließ, ist ein erster Schritt zur Information der Öffentlichkeit.

Die Landkreise haben sich bereits das Recht zur Nutzung der Erdwärme gesichert

Laut Löwl steht die Gründung einer weiteren Firma als Betreiber der Geothermie-Anlage an. Dies soll eventuell unter Beteiligung von Kommunen geschehen. Es ist noch vieles ungeklärt. Dafür haben sich die Landkreise bereits für 50 Jahre das Recht zur Nutzung der Erdwärme in einem 566 Hektar großen Konzessionsgebiet im Umkreis von Olching gesichert. Erst zum Jahreswechsel war mit dem neuen Bayerischen Klimaschutzgesetz die Voraussetzung für ein Agieren von Landkreisen am Markt als Anbieter selbst erzeugter erneuerbarer Energien geschaffen wurden. Erst danach konnte mit der Planung der Anlage begonnen werden.

Auch auf das 2018 an einem Bürgerentscheid gescheiterte Erdwärme-Projekt in Puchheim ging König ein. Er führte die Ablehnung auf eine "Kommunikationskatastrophe" zurück. Es sei ein Fehler gewesen, die Ängste nicht ernst zu nehmen. Dass Hausbesitzer fürchten, bei durch die Nutzung der Erdwärme ausgelösten Mikro-Erdbeben Schäden an ihrem Eigentum zu erleiden, sei zu respektieren und zu akzeptieren. Mit Verweis auf seine Erfahrungen als Bergbauingenieur aus dem Ruhrgebiet, schloss der GfA-Chef finanzielle Nachteile für von solchen Ereignissen Betroffene grundsätzlich aus. Der Grund sei die Beweislastumkehr für Bergbauschäden, wozu die Geothermie gehört. In solchen Fällen müsse der Anlagenbetreiber nachweisen, nicht den Schaden verursacht zu haben. Das sei im Ruhrgebiet, wo Autos in großen Löchern, die sich plötzlich auftaten, verschwanden, und regelmäßig Häuser beschädigt wurden, nie geschehen. Solche Schäden, die in den Landkreisen allerdings als unwahrscheinlich gelten, seien immer beglichen worden.

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