Fürstenfeldbruck:Landkreis will bei Corona das Ruder herumreißen

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Im impfzentrum sollen das Personal aufgestockt und die Zahl der Impfungen erhöht werden. (Foto: Günther Reger)

Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt den zweiten Tag in Folge jenseits von 400, die Impfquote stagniert unter dem bayerischen Durchschnitt. Nun soll das Impfzentrum schnell und deutlich aufgestockt werden. Und der Landrat mahnt, die Immunisierung sei "keine Privatsache"

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Das Impfzentrum im Westen der Kreisstadt wird deutlich aufgestockt, als Reaktion auf die gestiegene Nachfrage und eine Sieben-Tage-Inzidenz, die laut RKI jenseits von 400 liegt. Das Landratsamt bestätigte entsprechende Pläne am Mittwoch, nachdem in der vergangenen Woche mit etwa 1800 Dosen bereits doppelt so viele Impfungen als ursprünglich geplant verabreicht worden waren. Die Kapazität soll schnellstmöglich auf bis zu 4000 Impfungen pro Woche hochgefahren werden - in Ergänzung zu mobilen Teams.

Landrat Thomas Karmasin (CSU) appelliert an diejenigen, die noch geimpft werden können, dies jetzt schnell zu tun, und knüpft auch an eine mehrsprachige Plakataktion die Hoffnung auf eine Steigerung der Impfquote, die im Landkreis etwa sieben Prozentpunkte unter dem bayerischen Wert liegt. Bislang ist einer von drei Landkreisbewohnern immer noch nicht geimpft: in absoluten Zahlen bis zu 87 000 von 219 000 (darunter auch 20 000 Kinder unter zwölf Jahren, für die eine Immunisierung bislang nicht empfohlen wird).

Voraussetzung für die deutliche Ausweitung der Kapazität ist es, dass das Personal aufgestockt werden kann - von derzeit 45 auf möglichst 100 Mitarbeiter. Ziel ist es, dadurch Ärzte zu entlasten, die den Ansturm derzeit offenbar nicht mehr bewältigen können, weiterhin aber eine zentrale Rolle spielen sollen. So wurden die Booster-Auffrischungsimpfungen in den Pflegeheimen weitgehend von ihnen übernommen.

Das Impfzentrum hat der Landkreis Ende Oktober selbst übernommen, um eine Hängepartie nach den für bayerische Einrichtungen erforderlichen Neuausschreibungen zu verhindern. Zuvor war es vom Roten Kreuz betrieben worden. Viele Mitarbeiter des BRK-Kreisverbandes konnten und können übernommen werden. Das Landratsamt sucht weiteres Personal, insbesondere für den Verwaltungsbereich. Interessenten werden gebeten, sich unter impfzentrum@lra-ffb.de zu melden.

Wer sich im ehemaligen Aldigebäude an der Industriestraße impfen lassen will, benötigt einen Termin und eine Registrierung unter www.impfzentren.bayern.de. Das Gesundheitsamt rät Ungeimpften dringend, das Angebot anzunehmen. Studien belegen, dass diese deutlich häufiger mit schweren Krankheitsverläufen in Kliniken behandelt werden müssen. Nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Bayern werden pro 100 000 Einwohner statistisch 12,8 Ungeimpfte, aber nur 2,5 Geimpfte stationär aufgenommen. Karmasin: "Die Lage in den Krankenhäusern ist besorgniserregend. Ich rufe alle, die noch geimpft werden können, dazu auf: Lassen Sie sich impfen." Dies sei keine Privatsache, sondern "wichtig für uns alle, insbesondere aber für diejenigen, die auf eine medizinische Intensivversorgung angewiesen sind."

Manche sorgten sich, dass die Impfung unfruchtbar mache. Dies ist nach Auskunft der Experten nicht der Fall. Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Impfung auch bei Kinderwunsch. Und ältere Menschen sorgten sich um Kreislauf, Herz oder Lunge. Auch diese Sorgen sind in der Regel unbegründet. Rat des Gesundheitsamts: Es sei besser, medizinische Fragen mit den Fachleuten im Impfzentrum zu klären als das größere Risiko einer Coronainfektion auf sich zu nehmen.

Die Regierung von Oberbayern hat am Mittwoch alle Corona-Schwerpunktkrankenhäuser im Regierungsbezirk angewiesen, medizinisch nicht zwingend sofort nötige Operationen zu verschieben. Die stationären Kapazitäten sollen für die Behandlung von Notfall- und Covid-19-Patienten sowie nicht aufschiebbare Behandlungen reserviert werden. Neben den umliegenden Krankenhäusern wie jenen in Dachau, Landsberg sowie Starnberg ist davon auch das Klinikum Fürstenfeldbruck betroffen. Dort wurden zudem die Besuchsvorgaben verschärft: Es gilt die 2-G-plus-Regel für Besucherinnen und Besucher, die älter als zwölf Jahre sind. Das bedeutet, dass nur noch vollständig geimpfte oder genesene Personen Zutritt haben. Beim Besuch sind entsprechende Nachweise und zusätzlich ein aktueller negativer (wieder kostenloser) Schnelltest vorzulegen.

Das Gesundheitsamt korrigierte am Mittwoch eine missverständliche Verlautbarung und bittet vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Inzidenz positiv getestete Personen, alle Menschen, mit denen sie engeren Kontakt hatten, selbständig über ihren Befund zu informieren. Beim Contact-Tracing-Team (CTT) des Landratsamts melden müssen sich nur Infizierte, die weder geimpft noch genesen sind. Vollständig Geimpfte, die engen Kontakt zu einer infizierten Person hatten, empfiehlt das Robert-Koch-Institut, sich selbst zu überwachen und den Kontakt zu gefährdeten Personen zu vermeiden. Infizierte Personen werden grundsätzlich nicht mehr telefonisch vom Gesundheitsamt benachrichtigt. Ausnahmen gebe es, soweit möglich, für ältere Menschen und für sehr junge Menschen, die Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen besuchen.

© SZ vom 18.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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