Fürstenfeldbruck: Hartz IV:Fünf Euro mehr - aber nicht im Landkreis

Lesezeit: 2 min

Fünf Euro mehr sollen Hartz-IV-Empfänger bekommen - so will es die Bundesregierung. Doch Fürstenfeldbrucks Landrat Karmasin will die Erhöhung nicht weitergeben.

G. Eisenkolb

Sollte sich Landrat Thomas Karmasin (CSU) mit seiner politischen Vorstellung durchsetzen, werden die Sozialhilfeempfänger im Landkreis Fürstenfeldbruck nicht von der von der Bundesregierung angekündigten Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes für Erwachsene von fünf Euro im Monat profitieren.

Hartz-IV-Empfänger sollen fünf Euro mehr bekommen. Doch Fürstenfeldbrucks Landrat Karmasin möchte die Erhöhung nicht weitergeben. (Foto: dpa)

Wie der Landrat am Montag auf SZ-Anfrage erklärte, hatte der Kreistag erst im vergangenen Jahr wegen der höheren Lebenshaltungskosten im Münchner Umland die Regelsätze um 30 Euro auf 381 Euro erhöht. Laut Beschlusslage des Kreistages, so Karmasin, solle die Zusatzzahlung von fünf Euro auf die freiwillige Zulage des Landkreises angerechnet werden. Wie Karmasin erklärte, hält er den neuen Satz für auskömmlich, da er immer noch über dem Lebensminimum liegt, das die Bundesregierung nun neu festgelegt hat.

Karmasin hatte seit Jahren immer wieder von der SPD-Kreistagsfraktion beantragten höheren Sozialhilfesätze konsequent abgelehnt. Die Befürworter im Kreistag begründeten die Zusatzzahlung mit einem Gutachten, das höhere Lebenshaltungskosten für den Großraum München bestätigt hatte. Sozialhilfe wird vom Landkreis den Langzeitarbeitslosen gewährt, die im Unterschied zu Hartz-IV-Empfängern nicht als arbeitsfähig gelten. Für die Empfänger von Sozialhilfe und Hartz IV gelten ähnliche Regelsätze, nur ist die Zuständigkeit anders geregelt. Um die Empfänger von Hartz-IV-Leistungen muss sich der Bund kümmern, für Sozialhilfe sind die Landkreise oder Großstädte zuständig.

Nach einer vagen Schätzung von Sozialamtsleiter Dieter Müller müsste der Landkreis die Zahlungen von rund 500 Haushaltsvorständen um jeweils fünf Euro pro Monat erhöhen, sollte der Landkreis den Abstand zum Bundesregelsatz beibehalten. Das wäre eine Zusatzbelastung von 2500 Euro im Monat. Laut Müller beziehen im Landkreis zurzeit rund 800 Menschen Sozialhilfe. Ausschlaggebend für die geplante Anpassung sei die Zahl der Haushaltsvorstände, da nur diese mit einer Erhöhung des Satzes rechnen dürfen.

Von der gemeinsamen Arbeitsgemeinschaft des Landkreises und der Agentur für Arbeit werden zudem noch rund 3800 bis 4000 Bedarfsgemeinschaften betreut, in denen 6200 Personen leben. Für diesen Kreis Bedürftiger ist die höhere Leistung der Bundesregierung gedacht, diese Personen waren bisher aber schlechter gestellt als die Sozialhilfeempfänger im Landkreis, weil sie bei dem freiwilligen Zuschuss leer ausgingen. Dies war mit einer der Gründe, weshalb Karmasin die freiwillige Zuzahlung abgelehnt hatte. Er kritisierte, dass von einer Vielzahl von Menschen in prekären Lebenssituationen völlig willkürlich irgendeine Gruppe herausgegriffen werde.

Thilo Wimmer von der Caritas sagte, die Pläne der Bundesregierung seien ungenügend. Hartz-IV-Empfänger müssten zwar nicht hungern, aber sie schlitterten automatisch in die Schuldenfalle, weil sie sich für außerplanmäßige Ausgaben nichts zurücklegen könnten. Aus dem Debakel gebe es keinen Ausweg. Sachleistungen für Kinder, so eine Befürchtung von Wimmer, könnten an bürokratischen Hürden scheitern. Je komplizierter es sei, an die Leistung zu kommen, umso mehr Menschen würden abgeschreckt und verzichten.

© SZ vom 28.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Europas Sozialsysteme
:Hårtz IV

Deutschland diskutiert leidenschaftlich, ob die Anhebung des Hartz-IV-Satzes auf 364 Euro ausreicht. Wie sieht es bei den europäischen Nachbarn aus? Die Grundsicherungen von Frankreich bis Polen im Vergleich.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: