Fürstenfeldbruck:Kritik an der Bezahlkarte

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Die Chipkarten sollen bewirken, dass Geflüchtete weniger Geld in Herkunftsländer überweisen. (Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa)

Integrationsreferenten sehen das geplante neue Auszahlungssystem für Geflüchtete als diskriminierend an.

Von Heike A. Batzer und Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Dass Geflüchtete staatliche Unterstützung künftig über eine Bezahlkarte bekommen sollen, daran regt sich Kritik. Hans Sautmann, Integrationsreferent im Kreistag von Fürstenfeldbruck und Co-Vorsitzender der Grünen im Landkreis, teilt die Vorbehalte, die Träger der freien Wohlfahrtspflege in Bayern wie Bayerisches Rotes Kreuz, Arbeiterwohlfahrt, Landes-Caritasverband, Diakonie, Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern und Paritätischer Wohlfahrtsverband Bayern bereits im Dezember an den Plänen geäußert hatten: Sie nannten die Bezahlkarte "diskriminierend und integrationsfeindlich".

"Ich befürchte eine Stigmatisierung in der Öffentlichkeit," sagt denn auch Sautmann und ist sich damit mit Willi Dräxler einig, dem Integrationsreferenten im Fürstenfeldbrucker Stadtrat und Referent für Migration im Diözesan-Caritasverband München. Jeder, der künftig damit zahle, sei sofort als Asylbewerber identifizierbar, sagt Dräxler: "Das widerspricht dem Ziel der Integration." Noch gebe es zwar keine Erfahrungswerte, aber in der Praxis müsse sich dann auch zeigen, ob mit der Karte beispielsweise Rechtsanwälte bezahlt werden könnten, sagt Dräxler. Dass der Landkreis Fürstenfeldbruck eine der Modellregionen ist, wundert ihn nicht, Landrat Thomas Karmasin sei beim Thema Asylbewerber bekanntermaßen "besonders ehrgeizig".

Der Landkreis Fürstenfeldbruck wird eine von vier bayerischen Modellkommunen, die die Bezahlkarte bereits im März testweise einführen sollen. Laut bayerischem Innenministerium soll sie dann im zweiten Quartal bayernweit starten. Die Bezahlkarte ist ein bundesweites Projekt. Die Politik verspricht sich davon, Anreize für illegale Migration zu reduzieren und die Finanzierung von Schlepperkriminalität zu bekämpfen.

Dräxler und Sautmann glauben indes nicht, dass die Bezahlkarte vom Antrag auf Asyl in Deutschland abschreckt oder gar dazu führt, dass Asylbewerber in ihre Heimatländer zurückkehren, weil sie ihren Familien kein Geld mehr überweisen können - egal ob die Fluchtgründe nun Krieg, politische Verfolgung oder Armut sind. "Das ist schlicht unrealistisch", sagt Sautmann. Dräxler zufolge ist es in der Regel oberstes Ziel der Flüchtlinge, möglichst schnell eine Arbeit zu finden und eigenes Geld zu verdienen. Und es gebe genügend andere wichtige Baustellen in der Migrationspolitik: etwa Sprachkurse - als Basis für die Qualifizierung von Flüchtlingen vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels.

Hans Sautmann bezweifelt auch, "ob die angekündigte Verwaltungsvereinfachung eintritt". Bisher werde den Geflüchteten im Landkreis bargeldlos auf ein reguläres Bankkonto überwiesen. Künftig müssten sie wohl wieder ins Landratsamt kommen, um die Bezahlkarten aufladen zu lassen.

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