Eklat im Stadtrat Fürstenfeldbruck:Verbotene E-Mails und Fotos?

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Vor dem Lichtspielhaus übergeben mehrere Stadträtinnen am Internationalen Frauentag 2022 stellvertretend für alle Kolleginnen den Antrag an den damaligen Oberbürgermeister und seinen Stellvertreter. Vorne von links: Christian Stangl, Erich Raff, Birgitta Klemenz, Alexa Zierl; hinten von links: Karin Geißler, Ulrike Quinten und Irene Weinberg. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Fürstenfeldbrucks OB Erich Raff kontert Vorwürfe von ÖDP-Stadträtin Alexa Zierl mit dem Hinweis auf einen möglichen Straftatbestand. Seine Amtsführung wird aber auch von SPD-Politiker Mirko Pötzsch kritisiert.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Der Streit zwischen Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) und Stadträtin Alexa Zierl (ÖDP) ist ein weiteres Mal eskaliert. Zierl hatte am Rande der jüngsten Stadtratssitzung moniert, dass der OB sie von der Stadionbegehung am Vortag beim Sportclub mit Blick auf dort geplante Spiele des Münchner Fußballklubs Türkgücü ebenso ausgeschlossen habe wie zuvor aus dem Arbeitskreis Eishalle - in dem auch Karin Geißler (BBV) als von der ÖDP-Fraktion benannte Vertreterin vom OB nicht akzeptiert werde. Zudem erhalte sie auf Anfragen an die Stadtverwaltung keine Antworten mehr, so auch nach dem stockenden Fortschritt beim Bau der Flutlichtanlage auf dem Kunstrasenplatz des Sportclubs.

Es geht um Anfragen, die von der Stadt nicht beantwortet werden. Und um Türkgücü

Auf die Frage Zierls, warum die Stadt aktuell von Türkgücü die Vorlage eines Lärmgutachtens verlange, obwohl der SCF 2006 oder 2012 doch in der gleichen Liga gespielt und bereits damals alle Gutachten vorgelegt habe, erwiderte Raff, seither habe sich im Umfeld viel geändert. Er wies den latenten Verdacht zurück, das Genehmigungsverfahren für die Austragung von Regionalligaspielen so lange verschleppen zu wollen, bis dem Verein die Zeit für eine Genehmigung des Fußballverbandes davongelaufen ist - das könnte am 30. Juni der Fall sein. Raff knüpft eine Zusage der Stadt an die Einreichung noch erforderlicher Unterlagen durch den Münchner Klub. Gelingt dies, soll ein Nutzungsvertrag zwischen Stadt und Türkgücü abgeschlossen werden, der frühestens am 28. Juni dem Stadtrat zur Abstimmung vorgelegt werden könnte.

Raff weist in einer verlesenen Erklärung Vorwürfe zum 2019 geplatzten Barcelona-Spiel zurück

In einer verlesenen Erklärung wies Raff Vorwürfe als unlauter zurück, die Zierl in einem Schreiben an alle Stadträte erhoben hatte: Im Kern geht es um den Verdacht, die Stadt habe bereits das Genehmigungsverfahren eines 2019 geplanten Spiels einer Barcelona-Legenden-Auswahl gegen den SCF - wohl wegen des Zerwürfnisses von Raff und SCF-Präsident Jakob Ettner - bewusst verschleppt, bis es abgesagt wurde. Es gibt jedenfalls beim SCF die Sorge, dass es mit den von Türkgücü geplanten Regionalligaspielen im SCF-Stadion so laufen könnte.

Zierls E-Mails an die Stadträte waren als Beleg Fotos von städtischen Schreiben beigefügt worden - obwohl laut Raff bei einer Akteneinsicht lediglich handschriftliche Notizen erlaubt sind. Zudem lässt Raff in einem anderen Fall als Vorsitzender des Stadtwerke-Aufsichtsrats prüfen, ob Zierl, die diesem nicht öffentlich tagenden Kontrollgremium angehört, eigene Notizen an eine externe Person gemailt hat. Es sei zu klären, ob es sich dabei um einen Straftatbestand handle. Mit seinen aktuellen Äußerungen setze er sich vielleicht wieder dem Vorwurf der Verleumdung oder üblen Nachrede aus, räumte Raff ein. Dennoch sei er nicht gewillt, sich "Unterstellungen" gefallen zu lassen.

Alexa Zierl äußerte sich zu den Vorwürfen des OB auf Nachfrage der SZ. Sie habe der mit den Ermittlungen gegen Raff betrauten Staatsanwaltschaft den Mitschnitt aus dem Livestream der Stadtratssitzung zur Verfügung gestellt. Zudem habe sie belegt, dass "OB Raffs Kernvorwürfe gegen mich unwahr sind und er das auch wissen musste bei der Vorbereitung seiner - vom Blatt abgelesenen - Rede ".

Pötzsch wirft dem OB "Unterlassungen und kreative Umdeutungen" vor

Kritik an der angeblich "selbstherrlichen" Amtsführung des Oberbürgermeisters hatte vor einigen Tagen auch SPD-Stadtrat Mirko Pötzsch geübt, der Raff in einer Presseerklärung "Unterlassungen und kreative Umdeutungen" vorwarf. Immer wieder blockiere dieser Anträge und setze sie nicht auf die Tagesordnung des Stadtrats als zuständigem Gremium, "wenn sie sich scheinbar mit Themen beschäftigen, die seinen Vorstellungen entgegenlaufen". Als Beispiel nennt Pötzsch seinen Eilantrag im Zuge der Debatte um den Neubau der Amperoase. Der SPD-Politiker hatte dafür plädiert, vor einer Auftragsvergabe noch eine zusätzliche Machbarkeitsstudie bei einem in der Branche bekannten Anbieter einzuholen, der das Hallenbad möglicherweise größer und dennoch kostengünstiger bauen könnte. OB Raff wollte über den Antrag im Originalwortlaut nicht abstimmen lassen, weil dieser den Regularien für Ausschreibungen widerspreche. Eine Debatte setzte eine Stadtratsmehrheit dann aber durch. Im Nachhinein hätten sich für die grundsätzlichen Einwände Raffs keine Belege gefunden, so Pötzsch auf Nachfrage der SZ. Ihn ärgert vor allem, dass er nie eine Rückmeldung aus dem Rathaus zu dem Antrag bekommen habe und auch keinen Vorschlag, wie man diesen aus Expertensicht besser hätte formulieren können.

Mirko Pötzsch gehört der SPD-Fraktion des Stadtrats an und ist Verkehrsreferent. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Besonders dreist findet Pötzsch Raffs Aussage im städtischen Mitteilungsblatt Rathausreport: "Zum Glück ist die Mehrheit des Stadtrates dem verfahrensmäßig fehlerhaften Dringlichkeitsantrag von Herrn Stadtrat Pötzsch trotz einer Änderung nicht gefolgt, so dass die Planungen für ein zukunftsweisendes Hallenbad vorangebracht werden können." Diese Formulierung solle offensichtlich "das Vertrauen in die Qualität meines Engagements als Stadtrat und damit meine Kompetenz untergraben", schimpft Pötzsch, der nun eine Gegendarstellung im Rathausreport verlangt.

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