Fremdenfeindlichkeit:Anständige, wehrt euch gegen Rassismus!

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Zur Anti-Pegida Demonstration versammelten sich im vergangenen Jahr regelmäßig Tausende Münchner. (Foto: Stephan Rumpf)

Es wird Zeit zu zeigen, dass in München nicht eine Handvoll Rechtsradikaler das Sagen hat - mögen sie noch so laut "Wir sind das Volk!" brüllen.

Kommentar von Martin Bernstein

Es war der Nikolaustag des Jahres 1992. Es war der stumme Aufschrei der Anständigen, der vielen Anständigen. 400 000 Menschen aus München und dem Umland standen schweigend in den Straßen, bildeten mit Kerzen in den Händen eine Lichterkette und protestierten dagegen, dass Asylbewerber und ihre Heime überfallen, Migranten angegriffen und jüdische Friedhöfe geschändet wurden.

25 Jahre später: Asylbewerber werden überfallen, Migranten werden angegriffen, in einem Münchner Bus wird gegen Juden gepöbelt. Und vor einem Münchner Gericht wird wegen zehnfachen Mordes verhandelt, begangen von einer Nazi-Bande.

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Der Münchner Migrationsbeirat will nach dem Urteilsspruch an die Opfer des NSU erinnern. Und er wünscht sich eine Schweigeminute. Eine Minute, in der auch der öffentliche Nahverkehr ruht. Und in der eine ganze Stadt schweigend, aber umso kraftvoller Nein sagt.

Zu einer Gedenkveranstaltung vor fünf Jahren auf dem Odeonsplatz kamen 400 Münchner. Wo waren die anderen 399 600? All diejenigen, die vor 25 Jahren auf die Straße gingen? Wo bleibt die Empörung der anständigen Mehrheit? Empörung über zehn Morde, zwei davon begangen an Münchner Mitbürgern. Über rechtsradikale Aufmärsche jede Woche im Herzen der Stadt, bei denen verurteilte Rechtsterroristen und Mitglieder einer Schießsportgruppe gemeinsam die Opfer der Nazi-Diktatur verhöhnen. Über rechte Demokratieverächter bis hinein ins Offizierskorps der Bundeswehr.

Nazis und neurechte Ideologen glauben, bestimmen zu dürfen, wer nicht zu uns gehört und was man diesen Menschen antun darf. Es wird Zeit, dass ihnen die große Mehrheit zeigt, dass das nicht in ihrem Namen geschieht. Dass in einer liberalen Gesellschaft die Vertreter der Illiberalität Randfiguren sind - die Hetzer, die Ausgrenzer, die Antisemiten. Dass die rechten Netzwerke, die in München längst geknüpft werden, ein Fall für Polizei und Staatsanwaltschaft sind und dass sie mit keinerlei Sympathie der Gesellschaft rechnen können.

Es wird Zeit zu zeigen, dass hier nicht eine Handvoll Rechtsradikaler das Sagen hat, mögen sie noch so laut "Wir sind das Volk!" brüllen. Es wird Zeit, nach 25 Jahren die Kerzen wieder in die Hand zu nehmen.

© SZ vom 19.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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