Prozess am Landshuter Landgericht:Neufahrner Solarfirma vor Gericht

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Symbolbild: Die Firma aus Neufahrn hatte Photovoltaikanlagen verkauft und montiert. Jetzt müssen sich die Verantwortlichen vor Gericht verantworten. (Foto: Johannes Simon)

Geschäftsführer und Prokurist müssen sich nach Pleite ihrer Neufahrner Solarfirma vor Gericht verantworten.

Von Alexander Kappen, Landshut/Neufahrn

Sie waren Freunde, hatten - als die Branche vor etwa zehn Jahren boomte - großen beruflichen Erfolg und unternahmen privat einiges zusammen. Aber die rosigen Zeiten sind längst vorbei. Der heute 40-jährige frühere Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer in Neufahrn ansässigen Firma für den Vertrieb und die Montage von Photovoltaikanlagen und sein ehemaliger Vertriebsleiter und Prokurist, 38, gerieten mit der Solarfirma finanziell ins Schlingern. Allerdings zogen sie viel zu spät die Reißleine.

Seit Montag müssen sich die beiden am Landshuter Landgericht wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, Betrugs, vorsätzlichen Bankrotts und Untreue verantworten. Neben der beruflichen Bauchlandung und den strafrechtlichen Konsequenzen hat auch das zwischenmenschliche Verhältnis gelitten. Der 40-jährige Geschäftsführer, der sich wegen einer Tumorerkrankung seines Sohns offenbar mehr und mehr aus dem Betrieb zurückgezogen hatte, warf dem 38-Jährigen vor, ihn aus dem Unternehmen gedrängt zu haben und maßgeblich für die Insolvenzverschleppung verantwortlich gewesen zu sein. Der Prokurist und sein Verteidiger wehrten sich gegen den Vorwurf.

Es wird ein langer Prozess

Wie knifflig und langwierig der Prozess werden könnte, zeigt die Zahl von 15 angesetzten Verhandlungstagen. Die Staatsanwältin benötigte mehr als eine Stunde, bis sie die Anklageschrift vorgetragen hatte. Gespräche über eine Verständigung, die den Prozess hätte verkürzen können, seien zwar geführt worden, berichtete Vorsitzende Richterin Inken Bouabe. Letztlich kam aber kein "Deal" zu Stande.

Die Staatsanwaltschaft legt den beiden Angeklagten zur Last, sie hätten erst am 21. Januar 2014 Insolvenz beantragt, obwohl die Firma spätestens seit 30. April 2013 "nicht mehr in der Lage war, ihren fälligen Zahlungspflichten im Wesentlichen nachzukommen". Zu diesem Zeitpunkt standen laut Staatsanwaltschaft den liquiden Mitteln in Höhe von rund 943 000 Euro kurzfristige Verbindlichkeiten von 2,86 Millionen gegenüber. Von Januar 2013 bis zum Ende der buchhalterischen Erfassung der Geschäftsvorfälle habe eine durchgehende Liquiditätslücke von durchschnittlich 70,4 Prozent vorgelegen. Zuletzt hätten die Verbindlichkeiten mindestens 5,1 Millionen Euro betragen.

Trotz der offensichtlichen Liquiditätsprobleme, so der Vorwurf, hätten die Angeklagten auch nach dem 30. April 2013 den Eindruck erweckt, ihre Firma sei ein finanziell gesundes Unternehmen. Bei den Lieferanten entstand so ein Gesamtschaden von rund 323 000 Euro. Bei Neukunden trieben die Angeklagten laut Staatsanwaltschaft Abschlags- und Vorauszahlungen in Höhe von knapp 1,1 Millionen Euro ein.

Gegen die frühere Lebensgefährtin läuft ein gesondertes Verfahren

Bezüglich der Bankrottvorwürfe sollen die Angeklagten insgesamt rund 850 000 Euro von Neukunden auf das Geschäftskonto der früheren Lebensgefährtin des 38-Jährigen umgeleitet haben, um damit die Aufträge mit Altkunden abzuwickeln - gegen die Frau läuft ein gesondertes Verfahren. Laut Anklage gab es für das eigentliche Geschäftskonto der Solarfirma seit August 2013 Pfändungsmaßnahmen. Durch das Umlenken auf das andere Konto sollte das Geld, so der Vorwurf, vor Vollstreckungsmaßnahmen geschützt werden. Der 38-Jährige und seine Ex-Lebensgefährtin sollen vom Firmenkonto in 103 Fällen rund 96 500 Euro abgehoben und zur Seite geschafft haben und die beiden Angeklagten in 13 weiteren Fällen 168 500 Euro, die "allein privaten Zwecken dienten".

Dem Geschäftsführer wird zudem vorgeworfen, 125 000 Euro einer geleisteten Zahlung für ein Firmengrundstück von dessen Verkäufer wegen der Finanzprobleme zurück erhalten und aufs Privatkonto geschoben zu haben. Auch ein nur geleastes Auto soll er einfach verkauft haben. Vom Autoverkauf wisse er nichts, ließ der 40-Jährige über seinen Anwalt erklären. Die 125 000 Euro seien wegen der Pfändung des Firmenkontos auf sein Privatkonto geflossen, den Großteil habe er aber ins Unternehmen gesteckt. Zudem habe er 142 000 Euro seines Privatvermögens für Firmenzwecke ausgegeben. Der Insolvenzantrag sei "deutlich zu spät" gekommen, räumte der 40-Jährige ein, aber er habe sich vom Prokuristen "mitreißen lassen", obwohl die "Sanierungsversuche aussichtslos waren".

© SZ vom 03.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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