Denkmal in Neufahrn:"Vom Schandfleck zum Schmuckstück"

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Jazz ist wieder im Neufahrner Mesnerhaus zu hören. (Foto: Marco Einfeldt)

13 Jahre stand das Mesnerhaus im Neufahrner Ortskern leer, die Renovierung lief langsam und schleppend voran. Nun ist es soweit: das Gebäude wird am Sonntag feierlich eröffnet.

Von Francesca Polistina, Neufahrn

Das kann man schon sagen: Der Weg zum Ziel war lang und beschwerlich. Ganze 13 Jahre stand das Mesnerhaus an der Dietersheimer Straße in Neufahrn leer. Erst die Entscheidung über die Zukunft des Gebäudes, dann die Gespräche mit dem Landesamt für Denkmalschutz - und die Sanierungsarbeiten selbst verliefen langsam und stockend, der Brand 2015 verschlechterte die Lage zusätzlich.

Nach vielen Diskussionen und einem Architektenwechsel nahmen die Arbeiten in den vergangenen zwei Jahren endlich Fahrt auf, doch das Nutzungskonzept sorgte bei manchen in der Gemeinde für schlechte Laune. Nun aber ist es so weit: Am Sonntag um elf Uhr wird das Mesnerhaus - das einzige profane Gebäude in Neufahrn, das unter Denkmalschutz steht - feierlich eröffnet. Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne) freut sich über die Renovierung: "Mit der Sanierung des Mesnerhauses ist ein Haus für Ortsgeschichte, Bildung und Begegnung entstanden", sagt er. Auch der Vorsitzende des Heimatvereins, Ernest Lang, zeigt sich zufrieden mit dem finalen Ergebnis.

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Die Geschichte des Mesnerhauses beginnt im 16. Jahrhundert oder sogar früher, als gegenüber der alten Dorfkirche eine Friedhofskapelle mit Gewölbekeller gebaut wird. Im Laufe der Zeit wird die Kapelle erweitert, nach der Säkularisation 1803 wird ihre Nutzung mehrmals geändert, wie man in der vom Heimatverein verfassten Chronik liest: als Schule, als Lehrerwohnung (der Lehrer sei wohl auch als Mesner tätig gewesen, daher der Name "Mesnerhaus"), dann als Privatwohnung, als Arztpraxis und wieder als Schule. Auch der Eigentümer wird häufig gewechselt. In den 1970er-Jahren stellt Pfarrer Wögerbauer das Gebäude dem Türkischen Arbeiterverein zur Verfügung. Der Vertrag mit dem Verein wird 2010 von der Gemeinde, die inzwischen das Haus der Kirche abgekauft hatte, gekündigt - vor allem aus Sicherheitsgründen, denn das Gebäude befindet sich "in äußerst schlechtem Zustand", wie die SZ damals berichtet.

Das Gebäude soll von der Volkshochschule, der Musikschule und dem Heimatverein genutzt werden

Der Türkische Verein verlässt das Mesnerhaus, doch dann stellt sich die große Frage: Was tun mit dem maroden Bau? Der damalige Bürgermeister Rainer Schneider denkt über einen Verkauf nach. Eine Sanierung wäre für die Kassen der Gemeinde zu teuer, so die Überlegung der Mehrheit des Gemeinderats. Gegen einen Verkauf regt sich allerdings Widerstand von Seiten der Bevölkerung. Insbesondere der Historiker und Journalist Ernest Lang appelliert an die Politiker, das Gebäude in den Händen der Gemeinde zu behalten, denn das Mesnerhaus sei "ein unbezahlbarer Teil der kulturellen und geschichtlichen Identität unseres Ortes". Die Diskussion um das Mesnerhaus wird zum Auslöser für die Gründung des Heimat- und Geschichtsvereins, am Ende setzt sich seine Linie durch: 2014 sprechen sich alle Bürgermeisterkandidaten für eine Renovierung und einen Verbleib im Besitz der Gemeinde aus. Mit dem neuen Gemeinderat sind die früheren Überlegungen, das Haus zu verkaufen, definitiv vom Tisch.

In den drauffolgenden Jahren wird über Möglichkeiten der Sanierung diskutiert, auch über eine vorübergehende Nutzung als Flüchtlingsunterkunft wird nachgedacht, doch konkret tut sich wenig. Im September 2015 werden Teile des Gebäudes durch ein Feuer beschädigt, infolgedessen wird das Gebäude von großen Planen verhüllt. Das Freisinger Architekturbüro Fiedler, das mit der Sanierung beauftragt wird, realisiert Entwurf und Genehmigungsplanung, danach kündigt es den Auftrag und begründet es mit "fehlenden personellen Ressourcen", wie die SZ berichtet. Es kommt zu Verzögerungen, doch manche in der Gemeinde betrachten den Wechsel trotzdem als angebracht.

Nach dem Brand 2015 wurde das Gebäude von Planen verhüllt. (Foto: Marco Einfeldt)

Im Januar 2020, kurz vor der Pandemie, beauftragt der Gemeinderat das Münchner Architekturbüro Peschmann mit der weiteren Sanierung des Mesnerhauses. Peschmann, so sagt Ernest Lang der SZ, "hat das Projekt entschieden vorangetrieben und dafür gesorgt, dass das Haus innerhalb von zwei Jahren saniert wird". Er habe das Gebäude "von einem Schandfleck mitten im Ortskern zu einem Schmuckstück" verwandelt, so der Vorsitzende des Heimatvereins.

Zukünftig wird das Mesnerhaus an einzelnen Wochentagen von der Volkshochschule und der Musikschule genutzt. Auch dem Heimat- und Geschichtsverein steht es offen. Des Weiteren sind kulturelle Veranstaltungen von der Gemeinde oder von ortsansässigen Vereinen angedacht. Selbst Trauungen werden an ausgewählten Samstagen möglich sein.

Ende gut, alles gut also? Für manche sei die Küche des Mesnerhauses zu klein und wenig funktional, außerdem fehlt im Gewölbekeller der Fluchtweg, sodass der Raum nicht (oder zumindest noch nicht) nutzbar ist. Gerade herrscht im Rathaus und in der interessierten Bevölkerung aber vor allem eins: Freude, dass es endlich geklappt hat.

Die Eröffnungsfeier mit Bürgermeister Franz Heilmeier und Landrat Helmut Petz beginnt am Sonntag, 17. September, um elf Uhr. Gegen 11.30 führt Ernest Lang vom Heimatverein in einem 20-minütigen Vortrag durch die Historie des Gebäudes, bevor die lokale Geistlichkeit das Haus segnet. Von 12.30 bis 17 Uhr präsentiert die Volkshochschule eine Kostprobe zu ihrem Kursangebot, für die musikalische Begleitung sorgen die Musikschule (von 14 bis 15 Uhr) und der Pianist Daniel Eppinger mit Karsten Gnettner am Kontrabass (ab 16 Uhr).

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