Moosburg:Erotik ist erlaubt, der Backshop nicht

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Eine Asylbewerberunterkunft im Gewerbe- und Industriegebiet Degernpoint, das ist mit dem Bebauungsplan nicht zu vereinbaren, meint der Stadtrat. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Bebauungsplan für das Moosburger Gewerbegebiet sieht vor, dass sich dort keine Geschäfte mit innenstadtrelevantem Sortiment ansiedeln dürfen. Das sorgt immer noch - sogar mehr denn je - für Kritik.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Seit ziemlich genau zehn Jahren ist die dritte Änderung der Bebauungsplans für das Industrie- und Gewerbegebiet Degernpoint nun schon in Kraft, die dort die Ansiedlung von Geschäften mit innenstadtrelevanten Sortimenten verhindern soll. Und sie sorgt immer noch - oder sogar mehr denn je - für Kritik. So bekannte Bürgermeister Josef Dollinger (FW) in der Bauausschusssitzung des Stadtrats am Montagabend, einst für die Bebauungsplanänderung gestimmt, seine Meinung aber inzwischen geändert zu haben. "Diese Änderung zum Schutz der Innenstadt war ein Fehler", sagte er.

Anlass war der vorliegende Vorbescheidsantrag für die Erweiterung eines bestehenden Fachmarktgebäudes. Der Bau soll höhen- und profilgleich um etwa 60 Meter erweitert werden, um Platz für zwei weitere Ladeneinheiten zu schaffen. Aber Laden ist nicht gleich Laden - siehe innenstadtrelevante Sortimente. Daher bewilligte der Ausschuss, wenn auch nur knapp mit 5:4 Stimmen, neben der Gebäudeerweiterung auch die Nutzung des ersten, rund 800 Quadratmeter großen Ladens als so genannter Non-Food-Discounter sowie das zugehörige Sortiment.

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Keine Gegenstimme bei Erotikmarkt - Dollinger: "Ha, da sind wir einstimmig"

Für den zweiten Laden in einer Größe von etwa 410 Quadratmetern lehnte das Gremium dagegen mit 6:3 Stimmen der Reihe nach eine Nutzung als Textil-Discounter, Schuhgeschäft und Backshop mit Café-Betrieb ab. Kein Problem hatte der Ausschuss dagegen - laut Bürgermeister "ein gefundenes Fressen für die Öffentlichkeit" - mit einer Nutzung als Erotikmarkt. Das Ergebnis von 9:0 quittierte Dollinger mit einem Schmunzeln und witzelte: "Ha, da sind wir einstimmig." Allerdings schob er gleich die Begründung hinterher. Dieses Sortiment hat keine Relevanz für die Geschäftswelt im Moosburger Stadtzentrum. "So was wollen wir natürlich nicht in der Innenstadt haben", sagte der Bürgermeister.

In der Diskussion zuvor hatten einige Ausschussmitglieder jedoch deutlich gemacht, dass ihnen ob der Warenausschlussregelungen in Degernpoint zuweilen nicht zum Scherzen zumute ist.

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Im Stadtrat hat man nicht mehr so ganz klare Vorstellungen von innenstadtrelevanten Sortimenten.

Glosse von Alexander Kappen

"Aber wo bekomme ich denn bitte in der Innenstadt eine Lampe?"

Evelin Altenbeck (Grüne) etwa wunderte sich über die zustimmenden Beschlussvorschläge der Bauverwaltung für die Nutzung als Non-Food-Discounter. "Wir haben einen Grundsatzbeschluss, dass wir innenstadtrelevante Sortimente dort nicht erlauben, gerade nach Corona haben wir eine besondere Verantwortung für unsere Innenstadtgeschäfte", sagte sie. Bauamtsleiter Herbert Held sah das "ein bisschen anders". Ein Non-Food-Discounter sei "nicht innenstadtrelevant und wird von dort keine Kaufkraft abziehen. Und der Erotikmarkt ist auch zulässig". Letzteres war im Gremium unstrittig, doch beim Non-Food-Discounter setzte Altenbeck nach. Zu bestimmten Anteilen am Gesamtsortiment wolle man dort Deko-, Büro- und Hobby-Artikel genauso verkaufen wie Haushaltswaren, Heimwerkerbedarf, Spielzeug, Textilien und Lederwaren. "Und das ist alles innenstadtrelevant."

Der Bürgermeister dagegen verwies auf den bereits existierenden Hagebaumarkt in Degernpoint: "Der hat so viele Dinge, die auch alle innenstadtrelevant sind. Das ist schon alles ein bisserl schwammig." Ludwig Kieninger (FW) betonte, von Anfang an gegen den Ausschluss irgendwelcher Warensortimente gewesen zu sein. "Damit werden wir die Innenstadt ganz bestimmt nicht retten können", sagte er. Auch er spielte auf die Unwucht der Regelung an. So sind in Degernpoint etwa Elektromärkte nicht zulässig. "Aber wo bekomme ich denn bitte in der Innenstadt eine Lampe?" Außerdem kritisierte er, dass man nun einen Backshop mit Verweis auf den Bebauungsplan ablehne, es aber schon zwei andere dort gebe. "Wie kommt es denn dazu?"

© SZ vom 29.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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