Erdbeben in Türkei und Syrien:"Da lassen sie unsere Leute nicht rein, die sind dort rigoros"

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In Hatay, einer vom Erdbeben stark betroffenen Region, erachten die örtlichen Verantwortlichen die Hilfe von Navis als nicht erforderlich. (Foto: Bulent Kilic/AFP)

Nach dem Erdbeben in der Türkei will eine Organisation aus dem bayerischen Moosburg in der stark zerstörten Provinz Hatay helfen. Doch vor Ort stoßen die Einsatzkräfte auf Widerstand - und reisen frustriert wieder ab.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Es war ein langes Hin und Her. Nach einer Woche der Ungewissheit hatte die Moosburger Hilfsorganisation Navis erst am vergangenen Freitagabend von der dortigen Regierung die Genehmigung erhalten, zum Einsatz im türkischen Erdbebengebiet aufbrechen zu dürfen. Und nach fünf Tagen ist der Einsatz nun schon wieder beendet. Wie der frühere Navis-Vorsitzende Wolfgang Wagner am Donnerstagmorgen mitteilte, kehrt das Einsatzteam wieder nach Deutschland zurück, weil in den zugewiesenen Einsatzgebieten schlicht "keine Hilfe erforderlich ist".

Das Erkundungsteam von Navis habe ein Gebiet in der Provinz Hatay ausgekundschaftet, "in dem 80 Prozent zerstört ist", so Wagner. Dort wäre nach Ansicht der Navis-Helfer ein Einsatz nötig gewesen. "Aber da lassen sie unsere Leute nicht rein, die sind dort rigoros", sagt Wagner. Für ihn unverständlich, "wenn ich immer noch im Fernsehen Bilder der Zerstörung sehe und teilweise Zivilpersonen, die dort ohne Geräte arbeiten - da sieht man auch kein Militär im Einsatz".

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Stattdessen habe man dem Navis-Team, das am vergangenen Wochenende mit neun Tonnen Ausrüstung in die Türkei aufgebrochen war, drei andere Einsatzgebiete zugewiesen, in denen für die Helfer aus Deutschland nach deren Einschätzung aber nichts zu tun war. Navis hat neben einer Trinkwasseraufbereitungsanlage auch ein Feldlazarett ins Erdbebengebiet transportiert. "Aber nach Auskunft unseres Leitenden Arztes vor Ort ist der örtliche Katastrophenschutz in diesen Gebieten mittlerweile sehr gut aufgestellt und schüttet sie förmlich mit Hilfsmaterial zu", berichtete Wagner.

Die Navis-Helfer hatten sich extra Urlaub genommen

Die Navis-Helfer, die aus ganz Deutschland und sogar aus dem Ausland für den Einsatz zusammengetrommelt worden waren, sehen unter den gegebenen Bedingungen keinen Sinn darin, weiter in der Türkei zu bleiben. "Die haben sich ja auch alle extra Urlaub dafür genommen", sagte Wagner, "das ist schon frustrierend". Zumal nach der Vorgeschichte, als im Laufe der vergangenen Woche die Hilfe von Navis zunächst aus der Türkei angefordert und dann von der Regierung wieder als nicht erforderlich abgelehnt worden war, ehe am Freitag dann doch grünes Licht für den Einsatz gegeben wurde. Daraufhin flogen 14 Navis-Einsatzkräfte und drei Leute von "Apotheker ohne Grenzen" zusammen in die Türkei.

Ein Teil der Mannschaft bleibt nach Wagners Auskunft nun erst mal noch bei der Ausrüstung in der Türkei. Aber der Großteil, 13 Navis-Helfer, wird am Donnerstagabend zurückerwartet. Der Flieger soll um 21.25 Uhr am Flughafen München landen. Eigentlich sollten sie 14 Tage im Erdbebengebiet bleiben und danach von einem anderen Navis-Team abgelöst werden.

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