Landgericht Landshut:Ex-Partnerin mit Ladekabel gewürgt

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Wegen versuchten Mordes und anderer Straftaten sitzen vier junge Männer aus dem Landkreis Erding am Landgericht Landshut derzeit auf der Anklagebank. (Foto: Carsten Rehder/dpa)

Weil er seine von ihm getrennt lebende Frau in deren Wohnung in Hallbergmoos attackiert hat, wird ein 24-Jähriger wegen versuchten Totschlags verurteilt. Er muss viereinhalb Jahre ins Gefängnis.

Von Alexander Kappen, Landshut/Hallbergmoos

War es versuchter Totschlag, wie es in der Anklage stand? War es gar versuchter Mord, wie die Staatsanwältin am Ende der Hauptverhandlung meinte? Oder "nur" eine gefährliche Körperverletzung, als die der Verteidiger das Geschehen nach der Beweisaufnahme einordnete? Die als Schwurgericht tagende erste Strafkammer des Landgerichts Landshut war von Ersterem überzeugt. Die Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Ralph Reiter verurteilte einen 24-jährigen Mann, der im Februar dieses Jahres seine von ihm getrennt lebende Frau in deren Wohnung in Hallbergmoos geschlagen und mit einem Ladekabel gewürgt hatte, am Freitag wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von viereinhalb Jahren.

Drogen, Alkohol, Eifersucht - das waren nach Angaben des Angeklagten die Zutaten, die zu dem Vorfall am Morgen des 28. Februar geführt hatten. "Ich sage nicht, dass ich sie nicht am Hals gepackt habe", teilte er in seinem letzten Wort mit. Aber er habe keine Tötungsabsicht gehabt. "Wenn ich auch nur zu fünf Prozent den Willen gehabt hätte, die Frau zu töten, dann hätte ich das machen können und sie hätte hier nicht als Zeugin aussagen können", betonte der Angeklagte.

Der 24-Jährige, im Jemen geboren und seit 2016 mit der Geschädigten nach islamischem Recht verheiratet, floh nach eigenen Angaben vor den Bürgerkriegswirren in seinem Heimatland und kam mit Frau und Sohn 2020 nach Deutschland. Dort bekam er, wie er sagte, seine Drogen- und Alkoholprobleme nicht in den Griff. Wohl auch deshalb habe seine Frau sich dann von ihm getrennt.

Als eine Nachbarin ins Zimmer kommt, lässt der Angeklagte von seiner Frau ab

Nach einer durchzechten Nacht und unter Drogen- und Alkoholeinfluss suchte der Angeklagte am Morgen des Tattags seine Frau in Hallbergmoos auf. Es kam zum Streit, in dessen Verlauf der 24-Jährige seine Frau schlug und - als sie am Boden lag - mit besagtem Kabel würgte. Erst als eine Nachbarin die unterdrückten Hilferufe der Frau hörte und ins Zimmer kam, ließ der Angeklagte offenbar von seinem Opfer ab.

Die Staatsanwältin kam, anders als noch in der Anklageschrift dargelegt, in der Verhandlung zu dem Schluss, dass es sich um einen versuchten Mord gehandelt hatte. "Der Angeklagte wollte die Trennung nicht akzeptieren." Dass er bereits mit einer Tötungsabsicht zu seiner Frau gefahren sei, könne man nicht nachweisen. Aber bei der Tat an sich "handelte er mit bedingter Tötungsabsicht". Er habe der Frau "einen Schlag mit großer Wucht versetzt - und wenn er sie nur verletzen hätte wollen, dann hätte er hier aufhören können. Aber er begann, sie auch noch zu würgen".

Der Angeklagte habe nicht freiwillig damit aufgehört, sondern erst, als die Nachbarin kam und "das Risiko, entdeckt zu werden, zu groß wurde". In ihren Augen liege das Mordmerkmal der "niedrigen Beweggründe" vor. Sie nannte das "übersteigerte Besitzdenken" des Angeklagten in Bezug auf seine Frau als Motiv. Auch wenn die Vollendung der Tat "noch recht weit weg war", habe eine abstrakte Lebensgefahr bestanden, das Ladekabel sei ein gefährliches Werkzeug. Die Staatsanwältin forderte sieben Jahre und drei Monate Haft.

Mit seiner Gesinnung sei der Angeklagte "in Deutschland auf dem Holzweg", sagt der Richter

Der Verteidiger war der Ansicht, dass der Angeklagte "strafbefreiend von der Tat zurückgetreten ist". Denn: "Mord und Totschlag sind ja kein heimliches Delikt." Als die Nachbarin in den Raum gekommen sei, "hätte er weitermachen können". Sein Mandant sei nicht mit einer Tötungsabsicht gekommen, "es war seine Spontantat". Niedrige Beweggründe sah der Verteidiger nicht. Die Ehefrau habe zudem nach eigenen Angaben ihrem Mann verziehen und keine Angst mehr vor ihm. Er beantragte zwei bis drei Jahre Haft wegen gefährlicher Körperverletzung, gegebenenfalls auf Bewährung.

Das Gericht glaubte nicht, "dass Sie den Plan hatten, Ihre Frau zu töten", es gehe aber von einem bedingten Tötungsvorsatz aus, sagte der Vorsitzende zum Angeklagten. Die Frau habe Todesangst gehabt, der Vorgang sei "absolut lebensgefährlich" gewesen. "Aus Wut, Zorn und einer gewissen Einstellung sind Sie auf Ihre Frau losgegangen und haben sie gewürgt. Sie glauben nicht, dass eine Frau den gleichen Wert hat wie Sie und allgemein Männer", sagte der Richter. Das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe sei daher zu diskutieren gewesen. Die Gesinnung des Angeklagten sei "unterste Schublade". Mit dieser "sind Sie in Deutschland auf dem Holzweg - wir sind sehr froh, dass die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau bei uns so einen hohen Stellenwert hat".

Für einen Mord müssten diese niedrigen Beweggründe jedoch handlungsbestimmend sein. Das sehe man hier aber nicht, sondern der Angeklagte sei unter Drogen- und Alkoholeinfluss geleitet worden von "Emotionen, Hass und Eifersucht". Eine erheblich verminderte Steuerungs- und Schuldfähigkeit habe aber nicht vorgelegen.

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