Jugendwahlrecht:"16 ist eine gute Grenze"

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Schon mit 16 seinen Stimmzettel in die Wahlurne werfen - viele der Freisinger Jugendorgansitationen würden das begrüßen. (Foto: dpa)

Viele Jugendliche wünschen sich, dass sie früher als bisher wählen dürfen. Bis 2026 könnte das Realität werden.

Von Thilo Schröder, Freising

Im Alter von 16 Jahren zu wählen, das sollte auch in Bayern möglich sein, sagt Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Er spricht sich dafür aus, das Mindestalter bei Kommunalwahlen zu senken. Im Landkreis Freising stimmen die meisten Jugendorganisationen der Parteien dem Kultusminister zu. Auch der Kreisjugendring und der Jugendstadtrat in Freising unterstützen den Vorstoß. Junge Union und Junge Alternative wollen das derzeitige Wahlalter von 18 Jahren dagegen beibehalten.

"Wir sehen das schon lange so, dass das Wahlalter gesenkt werden sollte", sagt Joana Bayraktar, Sprecherin der Grünen Jugend in Freising. "Und das nicht erst am Sankt-Nimmerleins-Tag, sondern zur Kommunalwahl 2020." Die 23-Jährige vergleicht die politische Wahl mit der Berufswahl: "Wer sich mit 16, 17 für einen Beruf entscheiden kann, sollte in dem Alter auch wählen dürfen." Dafür müsse aber auch an den Schulen mehr für die politische Bildung getan werden.

Die U-18-Wahl zeigt, dass die Jugendlichen es ernst nehmen

Philomena Böhme vom Freisinger Jugendstadtrat stimmt ihr zu. "Ich finde, 16 ist eine gute Grenze. Da fängt man an, sich Gedanken zu machen, was man möchte im Leben, viele machen eine Ausbildung." Die 18-Jährige durfte im vergangenen Jahr bei der Landtagswahl erstmals wählen. Politische Bildung, sagt sie, hänge nicht vom Alter ab. "Auch ein gut informierter 16-Jähriger kann wählen. Es gibt ja auch uninformierte 18-Jährige." Der Kreisjugendring Freising spricht sich ebenfalls für eine Senkung des Wahlalters aus. "Der Bayerische Jugendring fordert das seit Jahren", sagt Geschäftsführerin Claudia Nertinger. Bei der U-18-Wahl im Vorfeld der Landtagswahl habe man gesehen, "dass die Jugendlichen das durchaus mit Ernst betreiben". Im Übrigen seien viele Erstwähler schon Anfang 20 - je nachdem, wie die Wahltermine fallen. Eine Senkung des Wahlalters könnte das ändern. "So können auch diejenigen wählen, die fast 18 sind."

Benedikt Flexeder vom Freisinger Kreisverband der Jungen Union sieht das anders. "Wir sind der Meinung, dass man das Wahlalter bei 18 Jahren belassen sollte", sagt der CSU-Kandidat für die Europawahl. Vielmehr sollten die Jugendparlamente gestärkt werden, fordert er. Dass Jugendliche als Auszubildende bereits Verantwortung übernehmen und Steuern zahlen, ist für ihn dabei kein gewichtiges Argument.

Auch die Junge Alternative Oberbayern, die Jugendorganisation der AfD, lehnt den Vorschlag des Kultusministers ab. Viele Jugendliche hätten "mit 16 weder ein besonderes Interesse an Politik noch das dazugehörige demokratische Grundwissen, um eine verantwortungsvolle Entscheidung treffen zu können", sagt Bezirksvorsitzender Oskar Lipp. Mehr politische Bildung an den Schulen lehne man ab, da das immer zu einer politischen und gesellschaftlichen Prägung der Kinder und Jugendlichen führe.

"Die Jugendlichen müssen darauf vorbereitet werden"

Timo Ecker, Kreisvorsitzender der Jungen Liberalen, widerspricht: "Wir haben genügend Mitglieder, die unter 18 sind, sich super informieren, aber nicht wählen dürfen", sagt der 23-Jährige. "Wir finden das sehr schade." Manche Gegner des Wahlrechts ab 16 argumentieren, dass für Minderjährige auch im Strafrecht andere Regeln gelten. Laut Ecker hinkt der Vergleich: "Beim Wählen hat man ja nur eine Stimme unter Tausenden, man kann also nicht so viel kaputt machen, als wenn man ein Auto kaputt fährt."

Die Jungen Freien Wähler im Landkreis unterstützen zwar eine Senkung des Wahlalters. Deren Kreisvorsitzender Daniel Beck betont aber: "Die Jugendlichen müssen darauf vorbereitet werden." Es müsse eine entsprechende politische Bildung geben. Und er sagt: "Wir in den Parteien haben natürlich sehr viel mit politisch interessierten Jugendlichen zu tun. Man muss sich aber fragen: Wie sieht das gesamtgesellschaftlich aus?"

Den Jusos Freising wiederum geht der Vorstoß des Kultusministers nicht weit genug. "Wir sind für ein Wahlrecht ab 14 Jahren", sagt der stellvertretende Vorsitzende Maximilian Krimmer. Auch er fordert eine bessere politische Bildung. Und weist auf einen Generationenkonflikt hin: Jugendliche von der Wahl auszuschließen, führe dazu, dass Zukunftsthemen wie der Klimawandel nicht angemessen behandelt würden. "Eine ganze Generation Greta Thunberg darf nicht wählen", sagt der 20-Jährige. "Unsere Zukunft, die der jungen, steht auf dem Spiel."

Viele politische Jugendorganisationen im Landkreis Freising begrüßen ein Wahlrecht ab 16 Jahren. Unterstützung bekommen sie vom Deutschen Kinderhilfswerk, das eine Senkung des Wahlalters in Bayern auf kommunaler und auf Landesebene fordert. Laut Kultusminister Piazolo wird sich bis zu den Kommunalwahlen 2020, realistisch betrachtet, allerdings noch nichts ändern. Bis zur Wahl 2026 solle die Reform des Wahlrechts aber stehen. Eine neue Generation könnte dann bereits im Alter von 16 Jahren den Gang zur Wahlurne antreten.

© SZ vom 10.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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