Frühwarnsystem im Landkreis Freising:Zum Heulen

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Die Sirenen im Landkreis sind derzeit nicht in der Lage, die Bevölkerung im Katastrophenfall zu warnen. Das soll sich nicht nur nach Wunsch örtlicher Hilfsorganisationen ändern. Das Landratsamt will technisch aufrüsten.

Von Gudrun Regelein, Landkreis

Nach der jüngsten verheerenden Flutkatastrophe im Westen Deutschlands gab es harsche Kritik an einer unzureichenden Warnung der Bevölkerung. Das Frühwarnsystem sei tatsächlich verbesserungsbedürftig, sagt auch Navis-Vorsitzender Wolfgang Wagner. Ein Navis-Team ist derzeit im betroffenen Landkreis Ahrweiler im Einsatz, um dort Wasseraufbereitungsanlagen aufzubauen.

Früher, so berichtet Wagner, hätten Sirenen, die durch den intensiven Heulton große Aufmerksamkeit erzeugen, die Menschen gewarnt. Nach dem Kalten Krieg aber seien viele abgeschaltet worden, etwa die Hälfte gebe es nun nicht mehr, schätzt er. Nicht jeder aber habe eine Warn-App auf seinem Handy, gerade ältere Menschen beispielsweise nur selten. "Es wäre notwendig, wieder mehr Sirenen zu haben, die mit ihrem Geheul sehr schnell die breite Bevölkerung informieren", fordert er.

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Das bayerische Kabinett hat den Ausbau des Sirenen-Netzes beschlossen

Das bayerische Kabinett hat sich an diesem Dienstag mit dem Thema Sirenen-Ausbau befasst. Bayern soll zukünftig flächendeckend versorgt werden, die Zahl der Sirenen soll auf rund 26 000 verdoppelt werden. Zudem hält die Staatsregierung die zusätzliche Versendung von Warn-SMS, das sogenannte "Cell Broadcasting", für notwendig, um die Warnung der Bevölkerung zu optimieren.

Im Landkreis Freising hat eine Abfrage ergeben, dass die meisten Sirenen mit Steuergeräten ausgestattet sind, die keine Warnung der Bevölkerung zulassen, berichtet Landratsamtssprecher Robert Stangl. "Das heißt, die Sirene ist technisch nicht in der Lage, die entsprechenden Tonfolgen abzuspielen." Im Rahmen der Umstellung der Feuerwehralarmierung auf die digitale Funktechnik müssten nun die Sirenen in den nächsten Jahren ertüchtigt werden. Seit Beginn der 1990er-Jahre wurde das Warnnetz in Deutschland reduziert, die Warnämter haben ihre Arbeit eingestellt: "Die Sirenen wurden den Ländern überlassen oder abgebaut. Die alten Zivilschutzsirenen können daher ohne technische Ertüchtigung derzeit nur zur Alarmierung der Feuerwehr verwendet werden", erklärt Stangl. Inzwischen habe aber der Bund ein Förderprogramm zum Aufbau neuer Sirenennetze ins Leben gerufen, dieses wolle man auch nutzen, kündigt Stangl an. Die Finanzierung umfasst nahezu alle Kosten für die Neuerrichtung von Sirenenanlagen.

Katastrophenschutz im Landkreis Freising
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Großeinsätze werden vom Landratsamt koordiniert, die Hilfsorganisationen arbeiten Hand in Hand. Zur Vorbereitung auf den Ernstfall finden regelmäßige Übungen statt.

Von Peter Becker

Der Landkreis verfügt über zwei mobile Lautsprecheranlagen

Neben den Sirenen und den Warnapps - außer der App NINA des Bundes gibt es noch andere - sind die mobilen Lautsprecheranlagen ein weiterer Baustein. Der Landkreis verfügt derzeit über zwei solcher Anlagen, im nächsten Jahr sollen weitere angeschafft werden. Mit diesen sei es möglich, kurzfristig bestimmte Stellen innerhalb des Landkreises zu warnen. "Wichtig hierbei ist aber, dass es sich nur um eine punktuelle Warnung handeln kann", betont Stangl. Es werde nicht möglich sein, den gesamten Landkreis auf diese Weise zu warnen. "Dazu dauert es einfach zu lange - beziehungsweise müsste eine sehr hohe Zahl an Anlagen beschafft werden."

Im Katastrophenfall wird derzeit im Landkreis zur Warnung der Bevölkerung also zunächst die Warnapp NINA genutzt. "Die Katastrophenschutzbehörde kann über diese Warnungen selbst auslösen und der Bevölkerung Verhaltenshinweise mit an die Hand geben", sagt Stangl. Daneben ergänzen mobile Lautsprecheranlagen punktuell die Warnung im betroffenen Schadensgebiet. Zukünftig aber sollen zunehmend wieder Sirenenanlagen eingesetzt werden.

Entscheidend bei drohendem Hochwasser ist der Isar-Pegel

Droht im Landkreis Freising ein Hochwasser, ist unter anderem der Isar-Pegel entscheidend - ab einem bestimmten Pegel nämlich beraten sich die für den Katastrophenschutz zuständige Abteilung mit dem Landrat und den beteiligten Organisationen und Behörden. Die einberufene Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) bereitet dann beispielsweise Warnungen für die Bevölkerung vor, fordert überörtliche Einsatzmittel an oder plant notwendige Evakuierungsmaßnahmen, berichtet Stangl. In der Örtlichen Einsatzleitung (ÖEL) schließlich werden die vor Ort tätigen Hilfskräfte koordiniert und erhalten Einsatzaufträge.

© SZ vom 28.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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