Inhabergeführte Geschäfte:Ein Renner ist das "Freising-Radl"

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Andreas Wittmann übernahm das Geschäft von seinem Vater. Er konzentriert sich heute vor allem auf Serviceleistungen und den Verkauf von Pedelecs. (Foto: Andreas Gebert)

Andreas Wittmann hat vor Jahren das Fahrradgeschäft seines Vaters übernommen, mittlerweile konzentriert er sich aber auf den Service. Von den Rädern, die bei ihm noch gekauft werden, sind fast alle mit Elektroantrieb. Gefragt ist auch ein Rad zum Selbst-Zusammenstellen.

Von Johann Kirchberger, Freising

Wenn man den Laden am Rabenweg 9 betritt, dann sieht man ihn zunächst gar nicht, den Radl-Wittmann, der mit Vornamen Andreas heißt. Denn er schraubt in einem Nebenraum unentwegt an den vielen Fahrrädern herum, die ihm die Lerchenfelder vor die Türe stellen. Von März bis August ist Saison, sagt er, da müssten manchmal zwei Semmeln als Mittagessen reichen.

Andreas Wittmann macht in seinem Laden alles selbst, ein typischer Ein-Mann-Betrieb. Zu 90 Prozent beschäftigt er sich mit Fahrrädern aller Art, im Winter bringt er aber auch Ski und Snowboards auf Vordermann und bespannt Tennisschläger. Als sich sein Vater Willi Wittmann 1978 selbständig machte und ein Geschäft in der Landshuter Straße eröffnete, gehörten Alpinski und Tennis noch zum festen Sortiment, aber da laufe mittlerweile fast alles über das Internet, sagt Andreas, deswegen habe er vor etwa zehn Jahren den Verkauf aufgegeben und beschränke sich seither auf Serviceleistungen.

1989 zog Willi Wittmann an den Rabenweg, sein Sohn konzentriert sich mittlerweile fast ganz auf Fahrräder samt Zubehör. Und da wiederum drehe sich inzwischen fast alles um die Elektrofahrräder. Vor zehn Jahren, erzählt Andreas, habe er die ersten Pedelecs bekommen, derzeit verkaufe er neun von zehn Rädern mit Elektroantrieb.

Seine Kunden teilt er ihn zwei Kategorien ein. Leute, die genau wüssten was sie wollen - "die nennen die Marke und den Typ" - und Leute, die keine Ahnung hätten und nach einem E-Bike fragten, aber in Wirklichkeit ein Pedelec wollten. Ein E-Bike nämlich sei so etwas wie ein Mofa mit Elektromotor, bei einem Pedelec dagegen müsse man selbst treten, sonst passiere nichts. Der Elektroantrieb werde nur zugeschalten. Reine E-Bikes, für die man sogar ein Nummernschild brauche, seien dann auch fast vom Markt verschwunden. Auch für elektrobetriebene Mountainbikes gebe es kaum Nachfrage, "da haben wir in Freising einfach zu wenig Berge".

1978 hat Willi Wittmann mit zehn Rennrädern in seinem Radladen begonnen, damals noch in der Landshuter Straße. 1989 erfolgte der Umzug nach Lerchenfeld, da waren Tennis und Alpinski schon längst im Programm. (Foto: Andreas Gebert)

Es geht nicht ums Geld, sondern um den Service

Wer in seinen Laden komme, erwarte sich vor allem gute Beratung und einen guten Reparaturservice, sagt Wittmann. Der Preis sei gar nicht so entscheidend, sagt er, wichtiger sei die Verfügbarkeit. Die Nachfrage nach den Elektroradeln sei nämlich riesig, die Hersteller kämen mit der Produktion kaum noch nach, viele seien schon im Frühjahr für den Rest des Jahres ausverkauft. Und da könne er die Nachfrage ganz gut befriedigen, er habe gute Beziehungen zu den Herstellern und zu Händlerkollegen, "ich bin gut vernetzt", lacht er. Bei manchen Marken betrage die Wartezeit sechs bis acht Monate, er könne aber teilweise auch in zwei Tage liefern. Die Nachfrage nach Pedelecs sei indessen ungebrochen und steige von Woche zu Woche, "die Spitze des Eisbergs ist noch nicht erreicht, der Markt ist noch nicht gesättigt".

Auch das E-Bike-Leasing entwickle sich gut. Der Begriff ist allerdings etwas irreführend, er verleihe nämlich keine Pedelecs, er verkaufe sie. Zunehmend mehr Firmen bedienten sich aber einer Leasing-Gesellschaft, um ihren Angestellten über ein Gehaltsumwandlungsmodell Elektrofahrräder zur Verfügung zu stellen. Die kämen dann zu ihm, um sich ein Pedelec auszusuchen. Manche dürften bis zu 5000 Euro ausgeben. Nach 36 Monaten könnten sie es dann für 20 Prozent des Neuwerts selbst erwerben oder zurückgeben. Manche Firmen legten sogar noch etwas drauf, um ihren Angestellten einen Anreiz zu geben, auf das Rad umzusteigen und führten dazu gesundheitliche Gründe an. Grundsätzlich gewandelt habe sich auch der Interessentenkreis. Früher, sagt Wittmann, war ein Elektroradl nur was für ältere Leute, heute interessierten sich auch Jüngere dafür, Mütter etwa, die ihre Kinder mit einem Fahrradanhänger transportieren wollten.

Rennräder und Mountainbikes verkaufe er nur noch wenige, sagt Wittmann. Kinder- und Jugendräder gingen dagegen ganz gut, und natürlich sein "Freising-Radl". Das sei ein Fahrrad, das die Kunden individuell zusammenstellen könnten. Jedes einzelne Teil könne man sich aussuchen. Bei einer norddeutschen Manufaktur lasse er alles zusammenbauen und innerhalb von vier Wochen werde geliefert.

Was Fahrradhelme angehe, seien die Verkaufszahlen in den vergangenen Jahren kaum gestiegen, sagt Wittmann. Für Kinder würden Helme gekauft, die Erwachsenen seien da zurückhaltender. Wenn ein älterer Mensch auf ein Elektroradl umsteigt, dann sollte er aber schon einen Helm aufsetzen, meint er. Schließlich sei er dann ja viel schneller unterwegs. Fahrradanhänger habe er zwar auch im Programm, die aber würden immer mehr im Internet gekauft, "da geht es nur noch um den Preis". Bei ihm aber gehe es um Service, Beratung und Reparatur, sagt Wittmann. Was denn alles so kaputt gehen könne an einem Rad? Typische Verschleißteile seien Kette und Bremsklötze, sagt er, manchmal streike auch das Display oder der Akku, aber das sei eher selten der Fall. Und dann schraubt er schon wieder am nächsten Radl, denn vor seinem Laden stehen noch ganz viele Fahrräder, auf die seine Kunden warten, um wieder auf Tour gehen zu können.

© SZ vom 12.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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