Innenstadtsanierung Freising:8700 Quadratmeter Baustelle

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In diesen großen schwarzen Rohren fließt die Moosach während der Bauarbeiten. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Arbeiten zur Öffnung der Stadtmoosach in der Oberen Hauptstraße kommen gut voran, trotz des aktuell schlechten Wetters. Zwei Drittel sind inzwischen geschafft - "im nächsten Jahr wird es dann nur noch besser", verspricht Freisings OB Tobias Eschenbacher.

Von Kerstin Vogel, Freising

Es ist einer dieser Tage, an denen man eigentlich auf gar keinen Fall Bauarbeiter sein möchte. Vom Himmel fällt feuchter Schnee, der sich in der Freisinger Innenstadt mit Erdresten aus der großen Baugrube zu einem scheußlichen Matsch verbindet, es ist kalt, klamm und grau. Der Respekt für die Männer, die hier vor einer längeren Weihnachtspause noch bis zum 17. Dezember an der Moosach-Öffnung arbeiten, wächst, wenn man sie unten in dem riesigen offenen Spalt in der Oberen Hauptstraße stehen sieht: Neben ihnen, in Kopfhöhe, große schwarze Rohre, in denen die Moosach derzeit fließt, hinter ihnen acht Meter hohe Spundwände, überall stapelt sich Baumaterial, aus der Grube raus geht es nur über Leitern.

In diesem Bereich vor dem Schiedereck, wo sonst das vorübergehend abgebaute Freisinger Kriegerdenkmal steht, befindet man sich im fünften von sechs Bauabschnitten zur Öffnung der Stadtmoosach. Entsprechend ist man hier noch nicht ganz so weit mit der geplanten Wiederherstellung des offenen Bachbetts, unter anderem kann man noch die Betonwände sehen, die in einem komplexen Verfahren errichtet wurden, um beispielsweise das Haus mit der Nummer 31 vor den Vibrationen zu schützen, die beim Einrütteln der Spundwände mit schwerem Gerät unausweichlich sind, wie Innenstadtkoordinator Michael Schulze schildert.

Innenstadtkoordinator Michael Schulze (Foto: Marco Einfeldt)

Herausforderungen wie die zum Teil nicht auf sehr tiefen Fundamenten stehenden alten Freisinger Stadthäuser gibt es viele, wenn man eine derart große Baustelle wie die Moosach-Öffnung "im Bestand" abwickeln muss, bei laufendem Betrieb in allen angrenzenden Geschäften. Der sehr hohe Grundwasserstand ist laut Schulze eine andere, schließlich will man zumindest während der Arbeiten nun auf gar keinen Fall Wasser in der Baugrube haben. Eine Fläche von insgesamt gut 8700 Quadratmetern umfasst die Baustelle an der Oberen Hauptstraße - bei der Stadt hat man sich die Mühe gemacht, das in 3100 Tonnen Granitmaterial umzurechnen.

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Und natürlich ist ein Projekt dieser Größenordnung auch eine Herausforderung und eine große Belastung für die Anwohner und Geschäftsleute der Innenstadt, wie Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher weiß. Ihnen gilt an diesem Tag deshalb ebenso sein Dank wie den beiden heimischen Firmen aus Landshut und Abensberg, denen man am Ende trotz EU-weiter Ausschreibung den Zuschlag erteilen konnte und die bisher offenbar zur vollsten Zufriedenheit der Verantwortlichen bei der Stadt arbeiten.

Die Bauarbeiten sind eine große Belastung für die Geschäftsleute und die Anwohner. (Foto: Marco Einfeldt)

Eschenbacher hat sogar ein kleines Jubiläum identifiziert, das man jetzt zum Jahresende 2021 feiern kann: Seit zehn Jahren arbeite man nun an der Umsetzung der 2011 im Stadtrat beschlossenen Innenstadtkonzeption, sagte er am Donnerstag. Die Neugestaltung der Oberen Hauptstraße samt Moosach-Öffnung sei da zwar nur einer von insgesamt 23 Punkten, so Eschenbacher: "Aber sicher der invasivste." Immerhin habe man seit dem Beginn der Arbeiten im Jahr 2019 bereits gut zwei Drittel geschafft, sagte der von der Baustelle sichtlich beeindruckte Oberbürgermeister weiter: "Im nächsten Jahr wird es dann nur noch besser."

Man ziehe sich mit den Arbeiten am künftigen Bett der Moosach mit den schweren Maschinen langsam von dem bereits fertiggestellten Bereich an der Sackgasse in Richtung Bahnhofstraße zurück, schilderte Bauleiter Herbert Priller das Vorgehen. Der Straßenbau folge dann in den jeweils fertiggestellten Bereichen.

Wie das Ganze einmal ausschauen wird, kann man sich mit ein wenig Fantasie bereits vorstellen, wenn man an der Baustelle entlang vom Schiedereck in Richtung ehemalige Zinnerne Kanne spaziert. Im angrenzenden Bauabschnitt vier ist ein "Deckel" für die Moosach schon wieder hergestellt, denn tatsächlich wird der Fluss die Stadt in Zukunft nur zum Teil ganz offen durchströmen. Am Ende werden es vier verschieden große Öffnungen mit einer Länge von insgesamt 85 Metern sein, die sich mit jeweils geschlossenen Bereichen abwechseln - und an denen Sitzstufen zum Wasser hinab führen.

Da, wo die Moosach wieder unterirdisch verläuft, zeigt Pflaster ihre Lage an. (Foto: Marco Einfeldt)

Auch diese Stufen kann man in den weiter fortgeschrittenen Bereichen bereits sehen - noch in roher Betonausführung allerdings. An den Ufermauern finden sich Aussparungen für das bunte Fischrelief nach einem Entwurf der Bildhauerin Elke Härtel, das als Kunstelement in den Bau integriert wird. Im Bauabschnitt vor der Q-Bar bis hin zur Hirtlederergasse ist sogar die Oberfläche schon wieder hergestellt. Wäre das Wetter anders, man könnte hier bereits sitzen und Kaffee trinken.

Ein Fischrelief wird die Ufermauern zieren. (Foto: Marco Einfeldt)

Hier, wie überall dort, wo Deckel oder Brücken entstehen, wird der Bachlauf an der Oberfläche mit Pflastersteinen nachgebildet, die früher in der bereits umgebauten Weizengasse lagen, wie Schulze berichtet. Historische Spuren wie diese sollen künftig überall in der Freisinger Altstadt erkennbar sein - unter anderem beispielsweise auch dort, wo früher die Stadttore waren.

Ein paar Meter hinter der Einmündung der Hirtlederergasse sieht man tatsächlich auch schon auf einem kurzen Stück Wasser in dem neuen Bachbett, das dann allerdings wieder in den schwarzen Rohren verschwindet. So hoch, wie der Wasserstand hier gerade ist, werde er künftig nicht sein, versichert Innenstadtkoordinator Schulze, derzeit sei die Moosach hier noch aufgestaut. Ein rohes, rotes Holzgeländer sichert das neue Ufer, später soll es durch ein edles, beige-silber glänzendes Geländer mit leicht geschwungenen Rauten ersetzt werden, das entsprechende Modell haben die Stadträtinnen und Stadträte bereits ausgesucht.

Hier sieht man die Moosach schon fließen. (Foto: Marco Einfeldt)

Dass es in diesem Bereich gerade ein wenig streng riecht, hängt damit zusammen, dass mit der Offenlegung der Moosach auch der Kanal unter dem ganzen Bauwerk saniert worden ist und dort aktuell noch Pumpen laufen. Arbeiten, die ohnehin notwendig geworden wären und nun in einem Aufwasch mit ausgeführt wurden, wie Stadtbaumeisterin Barbara Schelle erläutert. Tatsächlich wurde und wird mit den Bauarbeiten die gesamte unterirdische Infrastruktur saniert und erweitert, inklusive neuem Wärmenetz. Außerdem wird der Bereich barrierefrei gestaltet.

Insgesamt habe man die meisten der für das Jahr 2021 geplanten Baumaßnahmen in der Innenstadt zeitgerecht ausführen beziehungsweise abschließen können, hieß es am Donnerstag bei der Baustellenbegehung zufrieden. Bis zum 17. Dezember stehen nun noch Arbeiten wie das Ziehen von Spundwänden, das Herstellen von Abwasser-Hausanschlüssen auf der Südseite der Stadtmoosach und die Fertigstellung einiger Pflasterflächen an. Anschließend stellen die Baufirmen die Arbeiten dann für vier Wochen ein, weitergehen soll es am Montag, 17. Januar 2022.

Vor der Q-Bar kann man jetzt schon draußen sitzen, wenn das Wetter passen würde. (Foto: Marco Einfeldt)

Geplant ist, alle Arbeiten in Oberer Hauptstraße und Bahnhofstraße bis Ende 2022 abzuschließen und damit das zentrale Element der Innenstadt-Neugestaltung fertigzustellen. "In einem Jahr ist Eröffnung", so Stadtbaumeisterin Schelle optimistisch - allerdings werde das dann im Winter gefeiert werden müssen, bedauerte sie mit Blick auf den matschigen Schnee.

Alle wichtigen Informationen finden sich im Internet: https://innenstadt.freising.de.

© SZ vom 10.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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