Landtagswahl im Landkreis Freising:Stimmzettel so groß wie eine Tapete

Lesezeit: 3 min

(Foto: Marco Einfeldt)

In der Wahlkabine könnte es aufgrund der riesigen Formate eng werden. Schon allein deshalb kreuzen auch in Freising immer mehr Menschen ihre Favoriten in aller Ruhe zuhause an und bevorzugen die Briefwahl.

Von Peter Becker, Freising

Bei der Landtagswahl 2023 deutet sich ein Dreikampf zwischen den Kandidaten an, die schon 2018 um die Erststimmen der Wählerinnen und Wähler im Landkreis Freising rangen: Florian Herrmann (CSU), Johannes Becher (Grüne) und Benno Zierer (FW). Der Ausgang dieser Landtagswahl scheint ungewisser denn je zu sein. Sollte jemand, der nicht aus diesem Trio stammt, das Direktmandat gewinnen, wäre das allerdings eine faustdicke Überraschung.

Ungewiss ist, ob es Herrmann gelingen wird, im Landkreis die Erfolgsserie der CSU bei Landtagswahlen fortzusetzen. Xaver Ernst, Landwirt aus Marzling, war der letzte Abgeordnete, der nicht aus den Reihen der Christsozialen stammt, er errang 1950 für die Bayernpartei das Direktmandat. Dann begann die fast 70 Jahre lange währende Ära der CSU mit Philipp Held, Otto Wiesheu und zuletzt Herrmann in ununterbrochener Folge. Letzterem ist natürlich daran gelegen, sein Direktmandat zu verteidigen.

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Ob dies Herrmann tatsächlich gelingt, ist bei der aktuellen Wahl offener denn je. Mit 30,5 Prozent der Stimmen zog er 2008 zum ersten Mal ins Landesparlament ein, steigerte sich fünf Jahre später auf 38,8, um 2018 auf 27,7 Prozent der Stimmen abzustürzen. Parallel zu Herrmanns Verlusten vollzog sich der Niedergang der CSU im Landkreis, die in der Wählergunst von 41,7 auf 28,4 Prozent plumpste. Herrmann warb in seinem Wahlkampf vor allem damit, dass die dritte Startbahn am Flughafen im Erdinger Moos "politisch tot" sei.

War Herrmanns ärgster Rivale bei den Wahlen 2008 und 2013 noch Christian Magerl (Grüne), fuhr dessen Nachfolger Johannes Becher bei seiner ersten Kandidatur mit knapp 24 Prozent der Stimmen ein hervorragendes Ergebnis ein. Traditionell sind die Grünen in den Kommunen, die direkt an den Flughafen angrenzen, stark. Die Frage ist aber, ob Becher und seine Partei die Unzufriedenheit vieler Bürgerinnen und Bürger mit der Bundesregierung zu spüren bekommen.

Die Überraschung der vergangenen Landtagswahl hatte Benno Zierer von den Freien Wählern geliefert. Bis zur Hälfte der ausgezählten Kommunen hatte er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Herrmann geliefert. Nachdem die Stimmen der letzten Gemeinde feststanden, fiel Zierer mit 21 Prozent dann sogar noch hinter Becher zurück. Die Freien Wähler, die damals gerade die ungeliebte "Strabs" abgeschafft hatten, holten 19,3 Prozent der Stimmen, gut sechs Prozent mehr als 2013.

In den Wahlkabinen dürfte es aufgrund der großen Stimmzettel eng zugehen. (Foto: Marco Einfeldt)

Zierer könnte Herrmann wohl am ärgsten zusetzen. Die Grünen sind im ländlichen Norden des Landkreises nicht so populär wie im Süden, wo sie für den Kampf gegen die dritte Startbahn stehen. Jenseits der Amper scheinen die Freien Wähler das Kommando von der CSU übernommen zu haben. Seit der vergangenen Kommunalwahl sind die meisten Rathäuser im Landkreis in der Hand der Parteifreien, was auf eine große Popularität schließen lässt. Möglicherweise verleiht eine gewisse Solidarität mit dem von seiner Flugblattaffäre gebeutelten Hubert Aiwanger dessen getreuem Gefolgsmann Zierer einen zusätzlichen Schub.

Im Stimmkreis 117 dürfen laut Pressestelle im Landratsamt 123 069 Wahlberechtigte ihre Kreuzchen bei den Vorschlägen für die Landtags- und Bezirkstagswahl machen. 31 500 sind es laut Wahlleiter Michael Eberwein von der Stadt Freising in der Kreisstadt selbst. Im Landkreis werden pro Wahllokal bis zu acht Personen anwesend sein. Das Landratsamt rechnet mit einer Zahl zwischen 1757 und 2008 Wahlhelferinnen und Wahlhelfern. Auf die Stadt Freising entfallen 30 Wahllokale, in denen 240 Personen die Stimmen auszählen werden.

Die Zahl der Briefwahllokale hat sich deutlich erhöht

Im Landkreis gibt es insgesamt 251 Stimmbezirke. 128 davon sind mit Stand vom 29. September Urnenwahllokale, 123 Briefwahlbezirke. Stadt und Landkreis erwarten eine steigende Zahl an Briefwählerinnen und Briefwählern. 2018 gab es in Freising 15 Briefwahllokale, heuer werden es laut Eberwein wohl 25 sein. Am Freitag vor einer Woche hatte das Bürgerbüro bereits 12 200 Unterlagen ausgegeben. Kein Wunder, die Stimmzettel sind riesig und gleichen laut Eberwein "Tapeten".

Das Landratsamt registriert folgerichtig ebenso eine steigende Zahl von Menschen, die ihre Stimmen lieber in Ruhe in ihrem Zuhause als in der engen Wahlkabine abgeben. 2018 wählten 38,8 Prozent der Stimmberechtigten per Briefwahl. Bedingt durch die Pandemie schoss deren Zahl bei der Bundestagswahl 2021 auf 63,5 Prozent nach oben. Für diesen Sonntag geht das Landratsamt bei einer geschätzten Wahlbeteiligung von 80 Prozent von etwa 46 000 Briefwählerinnen und Briefwählern aus. Das entspräche einer Quote von 47,7 Prozent. Bei Bedarf können die Briefwahlbezirke in Abstimmung mit dem Stimmkreisleiter oder Landeswahlleiter zusätzlich aufgestockt werden.

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