Energiewende:Ein Schritt nach dem anderen

Lesezeit: 2 min

Der Große Brachvogel ist rund um den Flughafen im Erdinger Moos heimisch. Das könnte die Errichtung von Solaranlagen auf der Fläche, die für die dritte Startbahn erforderlich ist, erschweren. (Foto: Hubert Link/ZB)

Aus Sicht von Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher und Naturschützer Manfred Drobny ist es verfrüht, über Solaranlagen auf der Fläche der dritten Startbahn zu reden. Erst muss der Verzicht auf die Piste rechtlich geklärt sein.

Von Peter Becker, Freising

Staatsminister und Stimmkreisabgeordneter Florian Herrmann (CSU) ist derzeit für die ein oder andere Überraschung gut. Zunächst erklärt er in seinem Wahlkampfprogramm den Bau der dritten Startbahn am Flughafen im Erdinger Moos für "politisch tot". Dann folgt der überraschende Vorstoß, die für die Piste vorgesehene Fläche zur Hälfte mit Solaranlagen zuzubauen, um die Energiewende zu beschleunigen. Das Echo auf diesen Vorschlag ist bislang eher verhalten. Die Freien Wähler reagieren gar mit Entrüstung. Sie werfen Herrmann Plagiat vor. Die Freien Wähler hatten nämlich im vergangenen Jahr einen ähnlich lautenden Antrag gestellt, den der Kreisausschuss mehrheitlich abgelehnt hatte.

Für Landrat Helmut Petz (FW) ist mit der Stellungnahme der Freien Wähler zu Herrmanns Idee alles gesagt. Das Narrativ, dass Florian Herrmann und die CSU die Startbahn endgültig unter Solarpaneelen begraben würden, lasse sich so nicht stricken, wendet Rainer Schneider, Fraktionssprecher der Freien Wähler im Kreistag, ein. "Sie ist Geschichte, weil Tausende Menschen in der Region 15 Jahre lang für den Erhalt ihrer Heimat gekämpft haben, Einwendungen geschrieben, Prozesse geführt, demonstriert, einen Bürgerentscheid gewonnen und dazu beigetragen haben, dass es in Bayern politische Kräfteverhältnisse gibt, mit denen sich dieses unsinnige Projekt nicht umsetzen lässt."

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Die Solaranlagen entlang der Staatsstraße lägen auf der Vorbehaltsfläche für die dritte Startbahn, also im Zuständigkeitsbereich der Flughafen München GmbH (FMG). Diese bittet allerdings auf Nachfrage um Verständnis dafür, derzeit keine Aussagen zu Herrmanns Vorstoß machen zu wollen.

Ein gewichtiges Wort hat die Regierung von Oberbayern mitzureden, die schließlich den Planfeststellungsbeschluss zum Bau einer dritten Startbahn erlassen hat. Herrmann hält es für eine charmante Idee, auf der Fläche der dritten Startbahn sauberen Strom zu erzeugen, statt Kerosin zu verbrennen. Er ist sich aber bewusst, dass sein Vorschlag eine Kette rechtlicher Überlegungen auslöst. Etwa, ob für die Errichtung von Solarpaneelen auf der für eine dritte Startbahn vorgesehenen Fläche eine Ausnahmegenehmigung reichen würde oder ob der Planfeststellungsbeschluss tatsächlich geändert werden müsste.

Letzteres wäre Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (FSM) am liebsten, und zwar dahingehend, dass der Bau einer dritten Startbahn sowohl ganz aus dem Planfeststellungsbeschluss als auch aus dem Landesentwicklungsplan (LEP) verschwindet. Grundsätzlich seien dies die beiden einzigen Faktoren, die der Stadt Freising helfen, sich weiter entwickeln zu können. Eschenbacher spricht trotzdem von einer "interessanten Alternative". Sie sei in jedem Fall besser als der Bau einer dritten Startbahn.

Eschenbacher hatte sich schon in der Kreisausschusssitzung im März des vergangenen Jahres gegen den damaligen Antrag der Freien Wähler ausgesprochen. Für den aktuellen Vorschlag von Herrmann "gilt genau das Gleiche", sagt Freisings Oberbürgermeister. "Das hilft uns alles nichts." Bevor man den zweiten Schritt mache, solle man erst mal den ersten tun. Und das heißt, die Herausnahme der dritten Startbahn aus dem Planfeststellungsbeschluss und dem LEP.

Die Europäische Union könnte rechtliche Einwände haben

Herrmann sprach während seines Pressegesprächs am Sonntag an, dass auch die Belange des Naturschutzes berücksichtigt werden müssten. Manfred Drobny vom Bund Naturschutz bezeichnet den Vorschlag Herrmanns als "Nebelkerze ohne Substanz" und als "unausgegorene Idee". Die Frage, ob auf der Piste der Staatsstraße Solaranlagen gebaut werden, stelle sich erst bei Rechtssicherheit. Eben, wenn der Planfeststellungsbeschluss geändert und die dritte Startbahn aus dem LEP verschwunden ist. "Erst dann kann man reden, was passieren soll."

Drobny sieht auch die Möglichkeit, dass die Europäische Union rechtliche Einwände gegen das vorgeschlagene Projekt haben könnte. Denn die Wiesen rechts und links der Staatstraße 2084 gehören zum Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos". Wer etwas für den Klimaschutz tun wolle, der sollte damit beginnen, die trocken gelegten Flächen im Erdinger Moos wieder zu bewässern, meint Drobny.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungDritte Startbahn
:Durchschaubares Wahlkampfgetöse

Hektik im Endspurt: Warum man sich über Florian Herrmann gerade wundern muss.

Von Birgit Goormann-Prugger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: