Auf dem Freisinger Domberg:200 Betten und ein neuer Turm

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Hinter einem großen Baugerüst verschwindet derzeit die Residenz auf dem Domberg. Der so genannte Haindl-Bau wurde hier bereits im Januar 2022 abgebrochen. (Foto: Johannes Simon)

Der Bauantrag der Erzdiözese für Sanierung und Anbau des Kardinal-Döpfner-Hauses ist samt kritisiertem "Struwwelpeter" genehmigt. Neben der künftigen Silhouette sorgt die Wiederherstellung des verschollen geglaubten Steinernen Saals für Freude.

Von Kerstin Vogel, Freising

FW-Stadtrat Robert Weller hat sich festgelegt: Das Spannendste, was er in seiner bisherigen Stadtratskarriere erlebt hat, war die Sitzung des Gestaltungsbeirats im Mai dieses Jahres, in der Architekt Piero Bruno seine Ideen für Neubau und Sanierung des Kardinal-Döpfner-Hauses auf dem Freisinger Domberg dargelegt hat. "Es ist selten, dass jemand so fesselnd erklären kann", schwärmte Weller, als es nun am Mittwoch auch im Bau- und Planungsausschuss des Stadtrats um diese Pläne ging. Die Erzdiözese München und Freising hatte den lang erwarteten Bauantrag zu dem Projekt gestellt, das für die Stadt in vielerlei Hinsicht wichtig ist - weil die Bauten auf dem Domberg die Silhouette der Stadt prägen, aber auch, weil der Tagungsbetrieb dort oben natürlich ein Wirtschaftsfaktor ist, wie Stadträtin Maria Lintl (FSM) erinnerte.

Ziel der Erzdiözese ist, mit der laufenden Neugestaltung des Dombergs auch das Kardinal-Döpfner-Haus umfassend zu sanieren, zu modernisieren und architektonisch neu zu gestalten, wie Christoph Spieß vom Bauamt den Ausschussmitgliedern noch einmal schilderte. Bereits im Januar 2022 sei der neuzeitliche Anbau an die Residenz, der so genannte Haindl-Bau, abgebrochen worden. Hier soll ein neuer Anbau mit knapp 70 Gästezimmern und mehr als 200 Betten künftig den Beherbergungsbetrieb ergänzen. Eine sich anschließende Loggia bildet Brunos Plänen zufolge den Übergang zum Kardinal-Döpfner-Haus.

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Die westlich liegenden kleineren Gebäude für Wäscherei und Archiv werden saniert und einer neuen Nutzung zugeführt, im Haus der ehemaligen Wäscherei zum Beispiel soll ein Café eingerichtet werden, das vom frisch eröffneten Diözesanmuseum her auch öffentlich zugänglich sein soll. Anders als noch im Gestaltungsbeirat vorgeschlagen, soll der Anbau nun kein Flach- sondern ein Satteldach erhalten. Die Planer folgten damit der Kritik aus dem Gremium, das sich für die Fernwirkung der Dombergsilhouette eine stärkere Akzentuierung durch ein sichtbares Dach gewünscht hatte.

Die Residenz selbst wird durch umfassende Sanierungs- und Umbaumaßnahmen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und zu einem multifunktional nutzbaren Tagungszentrum umgestaltet. Der Haupteingang über das Portal am Domplatz bleibt unverändert bestehen und führt über den Ostflügel der Residenz an der Rezeption vorbei in den Residenzhof. Die Korbiniansklause im Nordflügel soll als kleiner Schankbetrieb betrieben werden, allerdings ausschließlich Tagungsgästen zur Verfügung stehen. Die im Westen angegliederte Küche wird generalsaniert.

"Fast wie der Fund des Bernsteinzimmers"

Der Südflügel mit seinen historischen Versammlungsräumen wird als Seminar- und Verwaltungsbereich geplant. Besonderes Highlight: Im ersten Obergeschoss der Residenz wird im Südflügel der zweigeschossige Steinerne Saal wiederhergestellt, der als verschollen gegolten hatte und nun für Veranstaltungen mit bis zu 224 Personen dienen soll. Das sei ein "großes Geschenk", sagte Oberbürgermeister Tobias Eschenbecher, während sich Weller freute, das sei "ein Lottogewinn für Freising, fast wie der Fund des Bernsteinzimmers".

Die ehemalige Fürstbischöfliche Residenz und weitere repräsentative Räume im Ostflügel sollen über einen "musealen Rundgang" ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die ehemaligen bischöflichen Wohnräume will man dabei als Zeitzeugnis weitgehend unverändert erhalten.

Ein weiteres Ziel der Planung war für Architekt Bruno bekanntlich gewesen, die von Gebäuden mit unterschiedlichen Dachhöhen sowie markanten Türmen geprägte Stadtsilhouette zu "reparieren" und um einen weiteren Turm zu ergänzen - ein für ihn als Abschluss des Gebäudes "unbedingt notwendiges" Element.

In der Nordwestecke der Residenz soll deshalb nun auf den historischen, weitestgehend erhaltenen Grundmauern des Khueturms der Turmschaft in seiner ursprünglichen Höhe wiederhergestellt werden. Weil es sich dabei um einen weltlichen Turm handelt, wird auf eine klassische Spitze verzichtet. Stattdessen soll der Turmabschluss in Form eines "grünen Zimmers" als intensiv begrüntes Belvedere gestaltet werden und ebenfalls als Teil des historischen Rundgangs mit geführten Gruppen besucht werden können.

"Das kann man machen, muss man aber nicht"

War im Gestaltungsbeirat noch über verschiedene Varianten für den Turm diskutiert worden, weil die Idee mit den Bäumen auf der Plattform nicht jedem gefiel, hielt sich die Kritik an den Plänen im Ausschuss nun in Grenzen. Stadträtin Lintl fühlte sich an den Schlauchturm einer Feuerwache erinnert und sprach aus architektonischer Sicht von "Brutalismus, das kann man machen, muss man aber nicht." Trotzdem stimmte sie den Plänen anschließend zu.

Weller wiederum lehnte trotz aller Begeisterung für den Architekten den Bauantrag am Ende gemeinsam mit FW-Kollege Karlheinz Freitag und Guido Hoyer (Linke) ab - und zitierte FDP-Stadtrat Jens Barschdorf (FDP), den der Turm mit den Bäumen an dieser Stelle an einen "Struwwelpeter" erinnert hatte. "Das gehört da so nicht hin", begründete Weller nun seine Ablehnung: "Das ist keine Krone für die Stadt."

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