Prozess am Freisinger Amtsgericht:"Ich durchsiebe Dich mit einer Schrotflinte"

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77-Jähriger droht Mann, ihn zu erschießen. Amtsrichterin verurteilt den Angeklagten deshalb zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten.

Von Peter Becker, Freising

Ob Schrot- oder Jagdflinte, das ist im Endeffekt egal. Amtsrichterin Tanja Weihönig verurteilte einen 77-jährigen Mann aus dem Landkreis Freising am Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten wegen Bedrohung sowie unerlaubten Besitzes einer Waffe und Munition. Laut Anklageschrift hatte der Rentner im vergangenen August einen drei Jahre jüngeren Mann mit den Worten bedroht: "Ich schlage Dich zusammen und durchsiebe Dich mit einer Schrotflinte".

Ein "toxische Verhältnis" diagnostizierte der Staatsanwalt zwischen dem Angeklagten und dem Hauptzeugen. Das Anwesen, auf dem sich der Vorfall zugetragen hatte, gehört der Tochter des Beschuldigten. Der 74-Jährige sagte, er habe dort eine Wohnung bezogen, als der Angeklagte gerade eine längere Haftstrafe verbüßte. Kaum war der wieder zurück, begann der Ärger. "Wir hatten schon lange Knatsch", sagte der Zeuge.

Nicht die erste Drohung

Es sei nicht die erste Drohung gewesen, die der 77-Jährige ihm gegenüber ausgesprochen habe. "Ich habe zu ihm gesagt, er hat hier überhaupt nichts zu sagen. Das Anwesen gehört Deiner Tochter." Daraufhin habe ihn der Angeklagte bedroht. Anders als bei seiner Aussage bei der Polizei, wo er das Wort Schrotflinte benutzt hatte, sprach er in der Verhandlung von einer Jagdflinte.

Der 77-Jährige machte zu dem Vorfall selbst keine Angaben. Als Grund für sein Verhalten gegenüber dem Zeugen gab er an, dieser habe ständig Autos auf dem Gelände abgestellt. Das Anwesen befinde sich aber in einem Landschaftsschutzgebiet. Er habe Sorge gehabt, dass aus den Autos Betriebsflüssigkeiten auslaufen könnten. Das Gewehr, das bei ihm in einem Kleiderschrank gefunden worden sei, sei im Übrigen nicht funktionsfähig.

"Ich dachte, jetzt kommt die Mafia"

Der 74-Jährige habe ihn aus Rache angezeigt, weil sein Mietvertrag gekündigt worden sei. Laut dem Zeugen geschah dies erst nach dem Vorfall. Die Tochter des Beschuldigten habe den Vertrag gekündigt, weil er nicht an einem Versöhnungsgespräch teilgenommen habe, sagte der 74-Jährige.

Wie dem auch sei: Zwei Tage nach dem Vorfall fuhren laut Aussage der Lebensgefährtin des Angeklagten "drei schwarze BMW und ein Bus" auf dem Anwesen vor. "Ich dachte, jetzt kommt die Mafia", sagte die Frau. Polizisten standen mit Maschinenpistolen im Anschlag herum. "Ich bin mir vorgekommen wie im falschen Film." Zum Vorfall selbst sagte sie, dass sie von einem Streit nichts mitbekommen habe. Ihr Lebensgefährte sei nach dem Disput mit dem 74-Jährigen ruhig zurückgekommen. Sie hätten dann ihren Spaziergang fortgesetzt. Auf Nachfrage des Staatsanwalts sagte die Zeugin, sie habe erst der Anklageschrift entnommen, an was für einem Tag der Vorfall stattgefunden habe.

Die Polizisten fanden neben der Flinte eine Schreckschuss- und eine Spielzeugpistole sowie Munition im Haus des Beschuldigten. Das Gewehr hätte er nicht besitzen dürfen. Das Landratsamt hatte ihn aufgrund der langen Haft als unzuverlässig eingestuft und ihm den Jagdschein verweigert.

Richterin Tanja Weihönig glaubte der Aussage des Zeugen, der den Vorfall ohne Belastungseifer schilderte. Die Lebensgefährtin habe ihren Partner nicht belasten wollen. Auffällig sei gewesen, dass sie die Ereignisse am Tattag dürftig schilderte, dafür den Polizeieinsatz umso lebendiger. Das spreche dafür, dass sie möglicherweise über einen anderen Vorfall spreche. Der Angeklagte muss im Übrigen eine Geldauflage von 900 Euro an die Wärmestube zahlen.

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