Wahlnachlese der Freien Wähler:Zornige Basis

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Benno Zierer hat es nach einem umstrittenen Facebook-Post nicht leicht. (Foto: Marco Einfeldt)

Nach dem Moratorium werden die Freien Wähler im Landkreis von Startbahngegnern heftig attackiert - dafür verantwortlich machen sie ihren Landesvorsitzenden Hubert Aiwanger.

Von Peter Becker, Marzling

Kein gutes Haar haben die Freien Wähler im Landkreis bei ihrer Wahlnachlese in Marzling an ihrem Landesvorsitzenden Hubert Aiwanger gelassen. Vor der Wahl hatte er versprochen, die dritte Startbahn in die Tonne zu treten. Dann folgten die Koalitionsverhandlungen mit der CSU und dem ausgehandelten fünfjährigen Moratorium, in denen die Flughafenerweiterung nicht vorangetrieben werden darf. Das ist in den Augen vieler Bürger im Landkreis zu wenig. Sie werfen Hubert Aiwanger vor, er habe seiner vollmundigen Ankündigung wenig Taten folgen lassen und die Verhandlungen um die dritte Startbahn nur halbherzig verfolgt. Den Zorn an der Basis bekommen nun die Freien Wähler im Landkreis ab.

Kreisvorsitzende Maria Scharlach erinnerte während der Versammlung an die Euphorie des Wahlabends, als ein gutes Ergebnis nach dem anderen eintrudelte. Landtagsabgeordneter Benno Zierer war es damals schon nicht danach zumute, die Hände in Siegerpose nach oben zu reißen. Er habe sich gedacht, dass die Koalitionsverhandlungen schwierig sein würden, bekannte er in der Versammlung. Das sei wie bei einer Ehe: "Da wünscht man sich auch viel, wenn man heiratet." Die Erwartungshaltung war im Landkreis groß, die Ernüchterung angesichts des Moratoriums hinterher umso schlimmer.

Ein bisschen wie beim Pokern

Zierer bekundete, er habe alles versucht, Aiwanger davon zu überzeugen, bei der dritten Startbahn nicht nachzugeben. Schließlich drohte er sogar damit, aus der Fraktion auszutreten. Aus taktischen Gründen, "um Druck auf das Verhandlungsteam auszuüben", erklärte er. Das sei ein bisschen wie beim Pokern. Doch Aiwanger ließ sich nicht bluffen.

"Dann war die Katze aus dem Sack", sagte Maria Scharlach, und die Freien Wähler müssen sich seitdem heftige Vorwürfe seitens der Startbahngegner gefallen lassen. Der Vorwurf der bewussten Wählertäuschung sei aus der Luft gegriffen, sagte die Kreisvorsitzende zu den Attacken. Die Freien Wähler hätten wirklich geglaubt, die dritte Startbahn beerdigen zu können. Zierer erinnerte daran, wie er und Manfred Pointner mit zahllosen E-Mails und Telefonaten auf Aiwanger einwirken wollten. Schließlich sei es doch gelungen, der CSU Zugeständnisse abzuringen, wie etwa den Stopp der Planungen und des weiteren Ankaufs von Grundstücken. Zierer gibt sich zuversichtlich und glaubt daran, "das Sterbeglöckchen für die dritte Startbahn jetzt schon leise läuten zu hören".

Frustration und eine "Sauwut"

Rupert Popp indes zeigt sich frustriert ob der Polemik, die auf die Freien Wähler niedergeht. "Das müssen wir uns nicht gefallen lassen", betonte er. Schuld seien Aiwanger und sein Team, das nur wachsweichen Widerstand geleistet habe. Doch dafür lasse er sich nicht in Sippenhaft nehmen. "Ich hoffe nur, dass das Moratorium nicht zum Totengräber der Freien Wähler im Landkreis wird."

Es sei eine "Sauwut" vorhanden, sagte Reinhard Höfl. Doch er mahnte zugleich, die Freien Wähler im Landkreis nicht mit Aiwanger in einen Topf zu werden. Die Fixiertheit auf dessen Person nervt ein Kreismitglied besonders. "Das ist schon gar nicht mehr demokratisch", lautete seine Kritik. Auch Höfl vermisste Hartnäckigkeit beim Verhandeln um die dritte Startbahn. Vielmehr habe er den Eindruck gehabt, Aiwanger könne es gar nicht mehr erwarten, endlich mitregieren zu dürfen. Er hoffe nur, dass es jetzt den Freien Wählern nach fünf Jahren Koalition mit der CSU nicht genauso gehe wie vor einem Jahrzehnt der FDP. "Danach waren sie weg." Ausgenommen von der Kritik war Benno Zierer, der auf jeden Fall in der Landtagsfraktion bleiben soll.

Rainer Schneider riet, sich jetzt nicht innerhalb der Gruppierung selbst zu zerlegen, sondern zusammenzuhalten. Robert Scholz will Aiwanger nicht verteufeln, er sei doch die Lokomotive für den Erfolg der Freien Wähler gewesen.

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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