Alternative Kraftstoffe:"Eine trügerische Hoffnung"

Lesezeit: 2 min

Der Flugverkehr wird wohl noch lange auf fossiles Kerosin angewiesen sein. Die Produktion alternativer Kraftstoffe kommt bisher nur langsam voran. (Foto: Marco Einfeldt)

Bis der Flugverkehr klimaneutral ist, werden nach Einschätzung des Bürgervereins Freising Jahrzehnte vergehen. Für ihn führt deshalb kein Weg an einer Reduzierung der Flugbewegungen vorbei.

Von Petra Schnirch, Freising

Die Luftfahrtindustrie setzt hohe Erwartungen in alternative Kraftstoffe, um künftig klimaneutral fliegen zu können. Doch für den Bürgerverein Freising ist das "eine trügerische Hoffnung". Es führe kein Weg daran vorbei, dass auch der Flugverkehr seinen CO₂-Ausstoß reduzieren und die Verbrennung von Kerosin "massiv einschränken" müsse, sagte Vorsitzender Wolfgang Herrmann am Donnerstag bei einem Pressegespräch in der Pizzeria Portofino in Attaching. Er appellierte an die Politik, sich "ernsthaft um Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz" zu bemühen.

Weder grüner Wasserstoff noch Elektromotoren oder Sustainable Aviation Fuel (SAF), der biogen oder synthetisch hergestellt wird, könnten in den nächsten Jahrzehnten das fossile Kerosin ersetzen. Es werde sehr viel versprochen, sagte Gerhard Müller-Starck, der den Bürgerverein gemeinsam mit Herrmann und Stefan Neumann führt. Die Frage sei, ob sich das auch verwirklichen lasse - und vor allem in welchem Zeitraum.

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Die Luftfahrtbranche will erreichen, dass der Flugbetrieb bis 2050 klimaneutral ist. Experten bezweifeln, dass dies möglich sein wird. Für den Bürgerverein ist diese Zeitspanne ohnehin viel zu lang. "Fliegen ist und bleibt auf lange Sicht die umweltschädlichste Art der Fortbewegung", sagte Wolfgang Herrmann, "und sie kann nur durch Reduzieren des Fliegens weniger schädlich gemacht werden". Weder alternative Kraftstoffe noch neue Technik würden die CO₂- und Schadstoff-Emissionen in den nächsten 30 Jahren "auf das erforderlich niedrige Niveau senken können". Eine in Burghausen geplant Pilotanlage solle zunächst 50 000 Tonnen SAF jährlich produzieren. Zum Vergleich: 2019 lag der Kerosinbedarf in Deutschland bei zehn Millionen Tonnen.

Ein Fortschritt sei beim Verbrauch von Sustainable Aviation Fuel am Flughafen München nicht zu erkennen, kritisierte Herrmann und verwies auf Angaben des Flughafenbetreibers FMG. 2021 wurden demnach erstmals 95,5 Tonnen SAF angeliefert, im gleichen Jahr wurden 484 800 Tonnen fossiles Kerosin vertankt. 2022 waren es, nach Corona, 1,12 Millionen Tonnen Kerosin und gar kein SAF.

Damit die Luftfahrtindustrie ihre Klimaziele erreiche, müsse der Verbrauch von Kerosin und damit die Zahl der Flüge und der Slots drastisch reduziert werden. Der Bürgerverein erneuerte die Forderung, die geplante dritte Startbahn am Flughafen München endlich aus dem Landesentwicklungsprogramm zu streichen. Doch die Staatsregierung bestehe auf einem Baurecht. Es sei unverständlich, dass die FMG nach wie vor mit steigenden Flugzahlen argumentiere. Wie man da Klimaneutralität herstellen wolle, wisse er nicht, sagte Wolfgang Herrmann. "Wir reden über eine Mücke, dahinter steht ein Elefant." Außerdem mahnte er ein Programm zur Reduzierung der CO₂-Emissionen im Luftverkehr an.

Andere Flughäfen tun mehr für den Klimaschutz, sagt der Bürgerverein

An den Aufsichtsratsvorsitzenden der FMG, Finanzminister Albert Füracker (CSU), und Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann (CSU) appelliert der Freisinger Verein, wie in Wien und Amsterdam mehr für den Klima- und Gesundheitsschutz zu tun. In Wien-Schwechat verwende man schwefelarmes Kerosin. Amsterdam-Schiphol hatte zuletzt Schlagzeilen gemacht, weil die Flugbewegungen dort deutlich reduziert werden sollen - zugunsten des Umwelt- und Klimaschutzes und der Anwohner. Doch in der Staatsregierung habe "offensichtlich nur die FMG eine Lobby", kritisierte der Bürgerverein.

Klimarelevante Maßnahmen wie der Einsatz von Taxibots blieben ungenutzt. Einige Flughäfen nutzen diese Schleppfahrzeuge bereits, um Flugzeuge ohne Einsatz der Turbinen vom Gate zur Startbahn zu ziehen. Doch die FMG argumentiere, dass die Wege am Münchner Flughafen dafür zu kurz seien, schilderte Müller-Starck. Sie lege aber "keine Zahlen, Daten, Fakten" vor. "Sie könnte wenigstens eine Machbarkeitsstudie erstellen", forderte er. Auch die Bemühungen der FMG, den Flughafenbetrieb selbst klimaneutral zu machen, beurteilt der Bürgerverein kritisch. Das Klimawald-Projekt beispielsweise ist für ihn nichts als "Greenwashing".

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