Flughafen München:Vier gegen die dritte Startbahn

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Moderator Franz Heilmeier (Mitte) mit den vier Diskutanten (von links): Benedikt Klingbeil, Ulrike Scharf, Benno Zierer und Johannes Becher. (Foto: Renate Schmidt)

Fluch oder Segen? Auf Einladung der Schutzgemeinschaft diskutieren die Landtagskandidaten Ulrike Scharf, Benno Zierer, Johannes Becher und Benedikt Klingbeil über den Flughafen München.

Von Regina Bluhme, Eitting

Was sagen die Landtagskandidaten zum Thema Flughafen? Zu den Belastungen durch Lärm und Feinstaub, zur Nachtflugregelung und zur Zukunft der dritten Startbahn? "Flughafen: Grenz- oder wertig?" - so lautete die Podiumsdiskussion, zu der die Schutzgemeinschaft Erding-Nord, Freising und Umgebung am Freitagabend in den Fischerbräu Eitting eingeladen hatte. Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU), die Landtagsabgeordneten Benno Zierer (FW) und Johannes Becher (Grüne) sowie Benedikt Klingbeil von der SPD standen Rede und Antwort.

Aktuell gehören dem 1967 gegründeten Verein 43 Kommunen und 400 Einzelmitglieder an, informierte Vorsitzender Franz Heilmeier, zugleich Grünen-Bürgermeister von Neufahrn und Moderator des Abends. Die Schutzgemeinschaft hatte vorab einen Fragenkatalog verschickt. Als maximale Redezeit waren jeweils drei Minuten ausgemacht.

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Die etwa 33 000 Beschäftigten des Flughafens seien sicher ein Gewinn, sagte Benno Zierer. "Wir können sozial nur so stark sein wie wir wirtschaftlich stark sind", erklärte Ulrike Scharf. Insofern sei der Flughafen durchaus ein Gewinn. Als Kehrseite der Medaille sei die Region jedoch mit mehr Verkehr, mit Wohnungsdruck, mit Lärm und Ultrafeinstaub belastet - auch da waren sich alle einig.

Dann kam auch schon das Thema dritte Startbahn. Laut Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern ruht das Bauprojekt. Im Landesentwicklungsprogramm (LEP) ist es nach wie vor als Zielvorgabe enthalten, betonte Johannes Becher. "Die dritte Bahn muss aus dem LEP gestrichen werden", sagte Zierer. "Die dritte Bahn muss raus", erklärten auch Benedikt Klingbeil und Ulrike Scharf. Johannes Becher sagte, die dritte Bahn gehöre nicht nur aus dem LEP gestrichen, "auch das Baurecht muss weg", daher müsse der Planfeststellungsbeschluss geändert werden.

Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) und Benedikt Klingbeil (SPD). (Foto: Renate Schmidt)
Johannes Becher bei einer Podiumsdiskussion zur Landtagswahl in Eitting. (Foto: Renate Schmidt)

Zierer und Scharf zeigten sich überzeugt, dass die dritte Startbahn nicht kommen werde, Becher sieht durchaus weiter das Damoklesschwert über der Region hängen. 2026 laufe die Gültigkeit des derzeit geltenden Planfeststellungsbeschlusses aus, dann stelle sich die Frage nach der Verlängerung, so Becher.

Wenn das Projekt gestorben sei, warum kaufe dann die Flughafen München GmbH (FMG) weiterhin Grundstücke rund um den Airport?, wollte ein Zuhörer wissen. Ihm seien zwei Fälle bekannt, einer im Landkreis Freising, einer im Landkreis Erding, sagte Benno Zierer. Dabei handle es sich um Flächen, für die es Vorverträge gegeben habe, so Zierer. Dass die FMG Ausgleichsflächen anlege, das habe wohl mit anderen Bautätigkeiten am Flughafen zu tun, wie Bau von Straßen oder des S-Bahn-Tunnels.

Wolfgang Herrmann, Vorsitzender vom Bürgerverein Freising (links) und Martin Ernst, 1. Bürgermeister aus Marzling, sortieren die Fragen aus dem Publikum. (Foto: Renate Schmidt)
Landtagsabgeordneter Benno Zierer (Freie Wähler) flankiert von Landtagsabgeordneten Johannes Becher von den Grünen (rechts) und Neufahrns Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne). (Foto: Renate Schmidt)

"Wenn die SPD an der Regierung ist, dann werden wir uns für ein Nachtflugverbot einsetzen", sagte Benedikt Klingbeil. Von heute auf morgen sei ein Verbot nicht machbar an einem Drehkreuz, das verschiedene Zeitzonen zu berücksichtigen habe, wandte Scharf ein. Er wäre zunächst schon zufrieden, wenn das Zeitfenster 0 bis 5 Uhr in einem Zwischenschritt auf 23 bis 5 Uhr erweitert werden würde, sagte Becher. Keine Frage, 23 Uhr wäre auch eine Zeit, da könnte man sich zusammen an den Tisch setzen, so Scharf.

Bei dem Umgang der Regierung mit der Ultrafeinstaub-Messung wiederum gab es nicht nur von Becher Kritik, sondern von Seiten des Publikums. Scharf und Zierer verwiesen darauf, dass bereits über 700 000 Euro für das entsprechende Forschungsprojekt der Uni Bayreuth ausgegeben worden seien. Nun seien nochmals 400 000 Euro für weitere Untersuchungen bewilligt worden. Veröffentlicht werden die offiziellen Ergebnisse erst nach Abschluss der Forschungen. "Hier wird doch nur hinausgezögert und wir erfahren nichts", schimpfte ein Zuhörer. Zierer erklärte, er sei froh, dass es zu dem Projekt gekommen sei - auf hartnäckiges Betreiben des Bürgervereins Freising, der seit Jahren auf Grenzwerte für ultrafeine Partikel drängt.

Soll die FMG selber Mitarbeiterwohnungen bauen? Die Meinungen gehen auseinander

Sollte die FMG selbst aus Bauherrin für Mitarbeiterwohnungen tätig werden? Becher, Zierer und Klingbeil sprachen sich dafür aus, Ulrike Scharf sieht die Aufgabe der FMG im Organisieren von Wohnraum, aber nicht in eigener Bautätigkeit.

Auf die Frage nach ihrer Vision für das Jahr 2040 setzten die vier unterschiedliche Schwerpunkte. In einem waren sie sich aber einig: Sie sehen einen florierenden Münchner Flughafen mit zwei Startbahnen.

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