Nachbarschaftsbeirat des Münchner Flughafens:Die Meister der Resolution

Lesezeit: 3 min

Der Erdinger S-Bahn-Ringschluss - hier der Eingang zum Tunnel auf dem Flughafengelände - gehört zu den Projekten, auf deren endgültige Fertigstellung die Flughafenregion bis heute wartet. (Foto: Renate Schmidt)

Das Projekt "Nachbarschaftsregion" der Internationalen Bauausstellung (IBA) Metropolregion München soll helfen, die Probleme mit der mangelhaften Verkehrsinfrastruktur im Flughafenumland in den Griff zu bekommen.

Von Kerstin Vogel, Flughafen

Der Nachbarschaftsbeirat des Münchner Flughafens hat getagt und zum wiederholten Mal eine Resolution geboren, in der Verbesserungen der Verkehrsinfrastruktur rund um den Münchner Flughafen gefordert werden, auf der Schiene ebenso wie auf den Straßen - wer schon länger in der Flughafenregion lebt, der kennt das. Genaugenommen handelt es sich um eine Fortschreibung der aus dem Jahr 2020 stammenden "Integrierten Standort- und Verkehrsresolution" des Beirats, in der nun erstmals angeregt wird, zur Bewältigung der Probleme unter dem Motto "Nachbarschaftsregion" ein Projekt der Internationalen Bauausstellung (IBA) Metropolregion München zum Thema Räume der Mobilität zu entwickeln.

Beklagt wird in der aktuellen Fassung der Resolution einmal mehr, dass das enorme Wachstum der Flughafenregion nicht nur Vorteile, sondern auch viele neue Herausforderungen für die Region und ihre Bevölkerung mit sich gebracht habe. So sei der Münchner Flughafen bis heute "unzureichend über die Straße und vor allem über die Schiene erschlossen. Knapper und sehr teurer Wohnraum erschweren die Vereinbarkeit von Wohnen und Arbeiten." Daneben belaste der zunehmende Arbeits- und Fachkräftemangel Gewerbe und Wirtschaft. Nutzbare Flächen stünden in Konkurrenz zu Landschafts- und Naturschutz. Die Energiewende müsse in der Region umgesetzt werden.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Ursprünglich war der Nachbarschaftsbeirat 2005 vom damaligen Flughafenchef Michael Kerkloh ins Leben gerufen worden, um den von den Flughafenbetreibern für notwendig erachteten Bau einer dritten Startbahn voran zu treiben. Anliegergemeinden und Bürgerinitiativen sollten die Planung hier von Anfang an begleiten können - einzig an dem Projekt selber wollten Kerkloh und der damalige Wirtschaftsminister Otto Wiesheu das neue Gremium nicht rütteln lassen, weshalb zunächst die Bürgerinitiativen und später auch die Umlandgemeinden ihre Mitarbeit einstellten. Kommunen und Bürgerinitiativen lehnen das Projekt bekanntlich bis heute ab.

Die Kommunen zumindest kehrten im Oktober 2006 an den Gesprächstisch zurück. Man verständigte sich auf den Kompromiss, fortan nur noch über Infrastruktur und den von der Flughafengesellschaft avisierten Umweltfonds zu verhandeln. Durch Resolutionen aus den Jahren 2006, 2010, 2012, 2020 und 2021 zur Verbesserung der unzureichenden Verkehrsinfrastruktur habe der Nachbarschaftsbeirat maßgebliche Projekte und Forderungen auf den Weg gebracht oder umsetzen können, heißt es nun in der aktuelle Resolution. Der Prozess für das neue Projekt "Nachbarschaftsregion" mit dem Flughafen werde seit Sommer 2022 aktiv gestaltet "und stärkt die Vernetzung aller Beteiligten und damit die gemeinsame Handlungsfähigkeit für eine positive Zukunftsplanung".

Eine Plattform für die Bedürfnisse und Perspektiven aller Partner in der Region

Der IBA-Prozess biete eine Plattform, um die Bedürfnisse und Perspektiven aller Partner in der Region einzubinden, gemeinsame Anliegen und Potenziale zu vernetzen und in Synergie zu entwickeln, wirbt der Nachbarschaftsbeirat für seine Idee. Eine finanzielle und organisatorische Unterstützung durch den Freistaat würde einen wesentlichen Beitrag zur zukunftsorientierten Gestaltung der Region leisten. Die angestrebte interkommunale Zusammenarbeit könne in den unterschiedlichsten Bereichen angewendet werden, etwa in einer abgestimmten Mobilitätsstrategie, bei der Digitalisierung, beim Wohnungsbau, beim Hochwasser- und Klimaschutz in Verbindung mit Naturschutz und Landwirtschaft und beim Tourismus. Auf Basis einer abgestimmten Mobilitätsstrategie 2030, die von der Vision einer geteilten, vernetzten und stärker vom ÖPNV geprägten Mobilität geleitet wird, soll ein integriertes Mobilitätskonzept für die gesamte Flughafenregion erarbeitet und unter anderem mit der Landeshauptstadt München abgestimmt werden.

Als derzeit besonders dringende, kurzfristig umzusetzende Infrastrukturprojekte in der Region führt die Resolution im "Paket Straße" die Nordumfahrung Erding ED 99, den vierstreifigen Ausbau der Flughafentangente Ost mit einem mittelfristigen Ausbau auf der gesamten Länge, den vierstreifigen Ausbau der B 301 und den bedarfsgerechten Ausbau der FS 44/FS 45 (Isarbrücke) zwischen Freising und der Anschlussstelle Hallbergmoos sowie den bedarfsgerechten Ausbau der B 301 südlich der Anschlussstelle Hallbergmoos und den sechsspurigen Ausbau der A 92 zwischen Neufahrn und Feldmoching an.

"Die Beschleunigung aller anstehenden Infrastrukturprojekte ist dringend notwendig"

Was die Schienenanbindung angeht, werden kurzfristig der Erdinger Ringschluss im Abschnitt bis Schwaigerloh, das Überwerfungsbauwerk West auf dem Flughafengelände und die schnelle Expressanbindung vom Flughafen an den Hauptbahnhof München mit der Abstell- und Wendeanlage Schwaigerloh sowie dem Überwerfungsbauwerk angeführt. Mittelfristig wird der Lückenschluss zwischen der S-Bahn Linie 1 und der U-Bahn Linie 6 gefordert, außerdem für den Erdinger Ringschluss der Lückenschluss zwischen Schwaigerloh und Erding inklusive Walpertskirchener Spange sowie der viergleisige Ausbau Johanneskirchen - Daglfing. Langfristig wird die Fernbahnanbindung des Flughafens genannt - eine Forderung, die mindestens so alt ist wie der Flughafen selber.

Im "Paket Radwege" heißt es schließlich "kein Straßenausbau ohne Radwege", außerdem wird die Verbesserung der Radverkehrsanbindung des Flughafens für Beschäftigte und Besucher gefordert. Und: "Die Beschleunigung aller anstehenden Infrastrukturprojekte ist dringend notwendig", so die Erkenntnis.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusWeiterleben nach der Krankheit
:"Viele Krebskranke vereinsamen"

Krebsfrei - und nun? Nach der Akuttherapie soll das Leben einfach weitergehen. Doch so einfach ist das nicht. Frauenarzt Heino Pause, Mitbegründer des Freisinger Krebshilfe-Vereins, erläutert, was die Chemotherapie mit dem Körper macht und wie die Angst vor dem Rückfall die Betroffenen belastet.

Interview von Francesca Polistina

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: