Fluglärm:Walgesang im Erdinger Moos

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Seltsame Geräusche geben manche Flugzeuge beim Landeanflug auf den Flughafen im Erdinger Moos von sich. Die Ursache liegt in der Brennkammer der Turbinen (Symbolbild). (Foto: Marco Einfeldt)

Menschen aus der Nachbarschaft des Flughafens beschweren sich über unangenehme Geräusche aus Triebwerken, die beim Landeanflug auftreten. Diese entstehen in den Brennkammern der Turbinen. An einer Lösung des Problems wird gearbeitet.

Von Peter Becker, Flughafen

Drei Mal, klagte der Zweite Vorsitzende der Fluglärmkommission, Herbert Knur, sei er vor Kurzem aus dem Schlaf gerissen worden. Und zwar durch sogenannte "Walgeräusche". Diese entstehen, wenn Flugzeuge der Serie A 220 bis A 321 im Landeanflug auf den Flughafen im Erdinger Moos sind und die Schubkraft erhöhen. Dann entsteht ein seltsamer Ton, der an Geräusche erinnert, mit denen sich Wale verständigen. "Das Geräusch entsteht in der Brennkammer", erklärte Valentin Reinhardt von der Lufthansa in der Sitzung der Fluglärmkommission am Dienstag.

Das Kuriose an der Sache ist, dass diese Triebwerke des Herstellers Pratt&Whitney eigentlich ziemlich leise sind und den Lärm um die Flughäfen mindern sollen. An der Lösung des Problems werde gearbeitet, versicherte Reinhardt. Ist eine solche gefunden, würden die Triebwerke nach und nach ersetzt.

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So lange will Knur nicht warten. Es gehe nicht an, schimpfte er, dass Bürger und Bürgerinnen in Eitting, Berglern und Fraunberg täglich drangsaliert würden. In gleicher Weise gelte dies am anderen Ende der Landebahn für Achering und Pulling. "Das sind vermeidbare Geräusche", verwies Knur auf die Fluglärmverordnung. Bei vernünftiger Ingenieurarbeit dürfte so etwas nicht vorkommen. Er vermutet, die Triebwerke seien nicht ausreichend getestet worden. Er sehe aber nicht ein, dass die Bürgerinnen und Bürger mit diesen Störungen leben müssten. Nötigenfalls müsse die Regierung von Oberbayern den Betrieb dieser Flugzeuge einschränken.

Fluglärm ist in der Region um den Flughafen herum stets ein Thema. Es gebe immer Ereignisse, die Spitzenwerte erreichen, gab Josef Schwendner, Generalbevollmächtigter des Flughafens, zu. Aber mittlerweile betrage der Anteil leiser Flugzeuge am Flughafen durch Austausch und Nachrüstung 49 Prozent.

Dennoch gibt es Menschen, die sich über Fluglärm beschweren. Sie klagen über zu tiefe oder zu laute Überflüge, Flugroutenänderungen und nächtlichen Lärm. Aber: Die Masse der Beschwerden kommt oft nur von wenigen Personen. Robert Biberger, Fluglärmbeauftragter der Regierung von Oberbayern, berichtete von 3900 Beschwerden im vergangenen Jahr. 1600 seien allein von einem Neufahrner Bürger gekommen, der sich über Nachtflüge beschwert habe. Hermann Blomeyer, Leiter der Umweltabteilung der Flughafen München GmbH (FMG), sagte, die meisten Beschwerden kämen aus Markt Schwaben.

Es gibt Klagen über eine gewisse Intransparenz bei Sondergenehmigungen

Viele Bürgerinnen und Bürger klagen über die in ihren Augen zunehmende Zahl von Flügen zwischen 22 und 6 Uhr. Es gibt zudem Beschwerden über eine gewisse Intransparenz der Sondergenehmigungen. Darunter fallen medizinische und technische Notfallflüge. Diese könnten möglicherweise für die Bevölkerung nachvollziehbar im Internet aufgelistet werden. Diese Ausnahmen, sagte Landrat Helmut Petz, Vorsitzender der Fluglärmkommission, würden bei den Bürgerinnen und Bürgern auf Verständnis stoßen. Des Weiteren gibt es Ausnahmeregelungen für Staatsbesuche oder die Sicherheitskonferenz in München.

Ute Schinner-Stör, Referatsleiterin Luftverkehr im bayerischen Bau- und Verkehrsministerium, warnte vor einer "schiefen Darstellung", die nur einen Teilausschnitt zeige. Neufahrns Bürgermeister Franz Heilmeier schlug vor, zwei Rubriken ins Netz zu stellen: eine mit den regulären Nachtflügen und eine für die Sondergenehmigungen. Dies sei einfach darzustellen. Schwendner verwies auf Flugtracker. Diese hätten die Flugbewegungen im Blick und böten Zuordnungsmöglichkeiten. Blomeyer verwies darauf, dass die FMG 80 000 Euro in den Kauf von neuen Messgeräten für Lärm investiere.

Der Langstreckenverkehr zieht deutlich an

Insgesamt nehmen das Passagieraufkommen und der Flugverkehr im Erdinger Moos wieder zu, aber nach Auskunft von Schwendner liegt der Wert immer noch um knapp 27 Prozent niedriger als 2019, also vor Corona. Der Inlandsverkehr schwächle zwar, aber dafür ziehe der Langstreckenverkehr deutlich an, insbesondere nach Südostasien. Der Flughafen im Moos als Drehkreuz profitiere davon.

Dass die Zunahme der Flugbewegungen nicht stärker steigt, liegt an der geringen Verfügbarkeit von Crews und Flugzeugen. Deshalb habe beispielsweise die Lufthansa Verbindungen aus ihrem Flugplan gestrichen. "Die Flüge sind voll, die Nachfrage ist da", sagte Schwendner. Und die Auftragsbücher der Flugzeughersteller seien so voll wie nie.

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