Nach dem Eklat bei der Weihnachtsfeier:Noch mehr Ärger für Sebastian Thaler

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Bürgermeister Sebastian Thaler in seinem Büro. (Foto: Marco Einfeldt)

Echings Bürgermeister ist offenbar mit weiteren Anzeigen überzogen worden. Unter anderem haben Unbekannte wohl zweimal das Jugendamt eingeschaltet, weil in der Familie Thaler angeblich etwas im Argen läge. Nach SZ-Informationen sind solche Anschuldigungen substanzlos.

Von Klaus Bachhuber, Eching

In der Folge der Ermittlungen und Debatten über umstrittene dienstliche Handlungen ist der Echinger Bürgermeister Sebastian Thaler offenbar mit weiteren Anzeigen überzogen worden. Unter anderem wurde wohl zweimal das Jugendamt eingeschaltet, um Thalers Familie zu kontrollieren. Außerdem erkundigte sich die Kriminalpolizei bei ihm im Zusammenhang mit einem ominösen Schreiben an Dietersheimer Grundbesitzer.

Zur Weihnachtsfeier des Gemeinderates, bei der Thaler in einer Wutrede Dampf abließ, war er von seiner Ehefrau Marlen und dem eineinhalbjährigen Sohn begleitet worden. Thaler sagte vor versammelter Runde, wenn sich jemand daran störe, dass der Kleine dabei sei, könne sich derjenige ja ans Jugendamt wenden. Ohne jemanden erkennbar persönlich anzusprechen, sagte er wörtlich: "Wie man das macht, wissen Sie ja".

Unbekannte schalten das Jugendamt ein

Nach Informationen der SZ wurde in den vergangenen 18 Monaten von nicht bekannten Personen zweimal das Jugendamt im Freisinger Landratsamt eingeschaltet, weil in der Familie Thaler angeblich etwas im Argen läge. Nach den SZ-Informationen hat das Jugendamt nicht die geringsten Anzeichen für ein Fehlverhalten gefunden. Die Behörde selbst äußerte sich auf Anfrage nicht dazu, da man keine personenbezogene Auskünfte geben dürfe.

Wenn die Anschuldigungen, die zum Einschreiten des Jugendamts geführt haben, derart substanzlos sind, wie sie sich nach den SZ-Informationen darstellen, erscheint Thalers Erregung, man wolle "die Existenz seiner Familie zerstören", ein Stück weit nachvollziehbarer. Der Echinger Bürgermeister hatte bei seiner Wutrede konkrete Angaben vermieden und antwortet nicht auf Nachfragen.

Eklat in Eching
:Unharmonische Weihnachtsfeier

Der seit Monaten gärende Konflikt zwischen dem Echinger Gemeinderat und Sebastian Thaler eskaliert zum Jahresschluss. Der Bürgermeister sagt, mit "politischen Neidern", die er verachte, wolle er nicht an einem Tisch sitzen und verlässt die Veranstaltung kurz nach der Eröffnung.

Von Klaus Bachhuber

Zudem soll in den vergangenen Tagen die Kriminalpolizei im Büro des Bürgermeisters vorstellig geworden sein. Es ging um Briefe aus dem Sommer 2021, die angeblich an Dietersheimer Grundstücksbesitzer gerichtet gewesen seien. Darin fragte jemand, der mit Sebastian Thaler zeichnete, ob Interesse bestehe, ihm ein Grundstück zu verkaufen.

Anzeigen können von jedem gestellt werden

Die Ermittlungen bezogen sich laut SZ-Informationen darauf, woher der Absender die Eigentumsverhältnisse und die Adressen der Eigentümer habe. Die Staatsanwaltschaft sagte auf Anfrage, sie könne Ermittlungen weder bestätigen noch dementieren, da bereits eine Aussage zur Eröffnung eines Verfahrens einen Verstoß gegen das Steuergeheimnis darstelle. Thaler hatte beim Verlassen der Weihnachtsfeier gesagt, er beschäftige sich nun "mit der neuesten Anklage", ebenfalls ohne auszuführen, was er damit meine. Eine Nachfrage ließ er unbeantwortet. Unklar blieb auch, warum sich Thaler so stark auf den Gemeinderat oder einzelne Gemeinderäte als Urheber der Maßnahmen gegen ihn eingeschossen hatte. Die jeweiligen Anzeigen können von jedem gestellt worden sein.

Im Lauf des Jahres 2021 hatte die Staatsanwaltschaft Landshut zwei Ermittlungen gegen Thaler geführt, einmal wegen mutmaßlicher Untreue bei Kostenerstattungen eines Gerichtsverfahrens, einmal wegen des Verdachts auf Wucher im Zusammenhang mit dem privaten Kauf einer Wohnung.

Letztere Ermittlungen wurden ergebnislos eingestellt. Thaler kommentierte daraufhin, dass "politische Hetzkampagnen" gegen ihn inszeniert seien. Diesen Vorwurf wiederholte er bei der Weihnachtsfeier, wo er "politische Neider" im Gemeinderat angriff und allen Vorwürfen der letzten eineinhalb Jahre "politischen Hintergrund" unterstellte.

Einspruch gegen den Strafbefehl

Zum Vorwurf der Untreue hat das Amtsgericht Freising einen Strafbefehl gegen Thaler ausgestellt, gegen den der Bürgermeister Einspruch eingelegt hat. Offenbar geht es darum, dass Thaler bei den von der Gemeinde getragenen Verfahrenskosten um eine Auseinandersetzung am Echinger See 2018 den obligaten Selbstbehalt nicht oder nicht rechtzeitig bezahlt habe. Zu diesem Verfahren hat sich Thaler noch mit keiner Silbe geäußert. Der Gemeinderat hat mittlerweile die Beschlüsse des Jahres 2020 zur Kostenübernahme rückwirkend aufgehoben und einen Anwalt beauftragt, um die Ausgaben zurückzuholen, unter anderem durch eine mögliche Klage gegen den eigenen Bürgermeister.

Schließlich liegt bei der Landesanwaltschaft noch der Vorgang, bei dem Thaler mehrere Aufträge der Gemeinde, darunter drei über der Bagatellgrenze, an seinen Schwager vergeben hat, was ausdrücklich untersagt ist. Diese Aufträge hat Thaler in einer Erklärung im Gemeinderat eingeräumt. Als Begründung gab er an, dass es für die Gemeinde die finanziell jeweils günstigste Lösung gewesen sei. Nachfragen, wonach die ausbezahlten Summen dann deutlich über den vereinbarten günstigen gelegen hätten, beantwortete Thaler nicht. Er räumte bei der damaligen Debatte im Gemeinderat nur ein, dass er es "im Nachhinein anders machen" würde.

Die Landesanwaltschaft kann erst tätig werden, wenn das Verfahren zum Strafbefehl abgeschlossen ist, das dann auch in die disziplinarrechtliche Würdigung einfließen würde.

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