Echinger "Brass Wiesn":"Das Festival ist eine Riesen-Umweltsünde"

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Bei der Anfahrt der Festival-Gäste, die meiste kommen mit dem eigenen Fahrzeug, kam es rund um das Gelände zu erheblichen Verkehrsbehinderungen. (Foto: Marco Einfeldt)

Während in München gerade ein spektakuläres Silvesterkonzert mit 145 000 Besuchern auf der Theresienwiese geplant wird, bekommt die Gemeinde Eching Probleme mit ihrer "Brass Wiesn". Eine Bürgerinitiative klagt über Lärm, Müll und Naturzerstörung.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Rammstein ist eine andere Hausnummer als die Kapelle Josef Menzl und München als Kommune ohnehin singulär in Bayern. Während in der Landeshauptstadt gerade ein spektakuläres Silvesterkonzert mit 145 000 Besuchern auf der Theresienwiese geplant wird, bekommt Eching ortsinterne Probleme mit seiner "Brass Wiesn". Gerade läuft die achte Auflage des für örtliche Verhältnisse durchaus gigantischen Blasmusik-Festivals im Freizeitgelände, nun formiert sich eine Bürgerinitiative gegen das Musik-Event.

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"Nach Jahren des immer größer werdenden Leidens für Umwelt, Tier und Mensch", müsse man nun aktiv werden, findet Initiatorin Marion Heck: "Das Festival ist eine Riesen-Umweltsünde." Waren Eching und "seine" Wiesn bis zur Corona-Zwangspause als harmonische Einheit wahrnehmbar und Beschwerden über Lärm oder Begleiterscheinungen eher singuläre Einzelmeinungen, so hat der jüngste Entwicklungsschub der Veranstaltung doch für ungewohnt verschärfte Kritik gesorgt.

Vom experimentellen Geheimtipp zum Mega-Event

Quasi als Experiment mit 900 Besuchern 2013 gestartet, war die "Brass Wiesn" vom Geheimtipp zum Mega-Event mit 15 000 Besuchern und mehrtägigem Festivalbetrieb mit Camping 2019 angewachsen. Hieß es damals von Veranstalter und Rathaus unisono, mit 15 000 Besuchern sei die Kapazitätsgrenze erreicht, so wurde heuer auf 20 000 Gäste aufgestockt, um die zwei ausgefallenen Pandemie-Jahre zu kompensieren.

Dichtes Gedränge am Echinger See. Hunderte Menschen würden sich zudem darin säubern, auch mit Seife, klagen die Anwohner (Foto: Marco Einfeldt)

"20 000 Menschen, das ist ein Drittel mehr als Eching Einwohner hat", erinnert Heck. Allein das Festivalgelände wurde auf 23 000 Quadratmeter Fläche ausgeweitet, dazu kommt deutlich mehr an Campingplätzen und Infrastruktur. Diese Flächen sind dann auf Monate platt - darunter eine Blühwiese, von der Gemeinde öffentlichkeitwirksam als Insektenparadies angelegt, die Protestierenden werten das als Symbol.

Der Echinger See, unmittelbar am Campinggelände eine Attraktion des Festivals, werde als Toilette missbraucht, zählen die Kritiker weiter auf, Hunderte Menschen würden sich zudem darin säubern, auch mit Seife. Das Freizeitgelände als Standort des gesamten Events könne wegen Auf- und Abbaus mehrere Wochen nicht uneingeschränkt genutzt werden, es werde vermüllt, mit Fäkalien verunreinigt, Scherben blieben zurück.

Müllentsorgung und Renovierung zerstörter Wege haben bisher zügig funktioniert

Die schier erschütternde Menge an Müll am Tag nach dem Festival hatte schon früher für Missstimmung gesorgt. Allerdings hatte der Veranstalter, die "Sonnenrot GmbH", bisher stets damit gepunktet, dass die Müllentsorgung wie auch die Renovierung zerstörter Wege zuverlässig und zügig funktioniert hatte.

Das Müllaufkommen ist erheblich. (Foto: Marco Einfeldt)

Für die Lärmemissionen der Bühnen gibt es penible Schallanalysen und ein Auflagen-Paket, an das sich die Veranstalter nach Angaben aus dem Echinger Rathaus eisern halten würden. Dennoch sei der Lärm im Ort präsent, klagt Marion Heck, unter anderem durch den unreglementierten Schall vom Campingplatz oder vom See: "Es ist zu laut, um die Fenster zu öffnen und zu heiß zum Schlafen." Tiere im Umgriff, darunter im nahen Naturschutzgebiet der Garchinger Heide, seien viertägigem Dauerlärm ausgesetzt, moniert Heck: "Naturschutz - egal!"

Grundwasser wird aus dem Boden gepumpt, der Energie-Aufwand ist enorm

Mit 5000 Besuchern in den Anfangsjahren sei die "Brass Wiesn" auch damals "schon extrem" gewesen, findet Heck; damals sei allerdings der Aufwand an Flächenverbrauch und Energie noch deutlich geringer gewesen. Heute aber passe so ein Event nicht mehr in die Zeit. Grundwasser werde aus dem Boden gepumpt, um Waschbecken und Toiletten zu speisen, der Energie-Aufwand sei immens.

Schon bei der Genehmigung der Kapazität von 20 000 Besuchern hatte es im Gemeinderat mal kritische Töne und sogar Gegenstimmen aus FDP und ÖDP gegeben. "Muss es denn immer höher, weiter und mehr werden?", hatte Alexander Krimmer (ÖDP) gefragt. Im Ortsnachrichtenblatt Echinger Forum war im Vorfeld ein Meinungsbeitrag erschienen, der ebenfalls Lärmbelastung und Umweltschäden gerügt hatte.

Im benachbarten Garching hatte das dortige Open-Air-Festival "Schall im Schilf" am Ufer des Garchinger Sees in diesem Sommer ebenfalls schon Proteste hervorgerufen; insbesondere die Lautstärke wurde dort moniert. In Eching sei die Kritik an der "Brass Wiesn" weiter verbreitet als es den Anschein habe, betont Marion Heck. Mit einer Bürgerinitiative wolle sie den Widerstand nun formieren. Alexander Wolff von "Sonnenrot" wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern.

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