Convention-Center am Flughafen München:Kritik am "24-Stunden-Event-Gelände"

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Das geplante Convention-Center am Flughafen im Erdinger Moos könnte durchaus eine Konkurrez zur Münchner Olympiahalle werden (Foto: Robert Haas)

Bei einer Online-Veranstaltung der Grünen treffen sich über 50 Interessierte. Viele sind gegen das geplante Kultur- und Kongress-Zentrum am Flughafen im Erdinger Moos.

Von Petra Schnirch, Freising

Die Vorbehalte bei den Freisinger Grünen gegen den Bau einer großen, multifunktionalen Konzert- und Kongresshalle am Flughafen bleiben groß. Grund ist vor allem die zusätzliche Verkehrsbelastung, das dürfe man nicht unterschätzen, warnte der stellvertretende Landrat Robert Wäger (Grüne) am Donnerstag bei einer digitalen Informationsveranstaltung des Freisinger Ortsverbands. Dazu eingeladen war auch Marion Schöne, Geschäftsführerin der Olympiapark GmbH, die klarstellte, dass sie in der geplanten Event-Arena sehr wohl eine Konkurrenz zur Olympiahalle sehe. Die Investoren hatten zuvor mehrmals betont, dass sie das Projekt als Ergänzung zu bestehenden Kulturstätten im Raum München verstehen.

Das Thema Event-Arena stößt in Freising auf großes Interesse, 56 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfolgten die Video-Konferenz und diskutierten mit. Zu Beginn präsentierte Marion Schöne einige Zahlen der Olympiapark GmbH: 2019 - eines der besten Jahre in der Geschichte des Unternehmens - zählte das Stadion demnach etwa eine halbe Million Konzertbesucher, mehr als alle anderen Stadien in Deutschland. In der Halle mit maximal 15 500 Plätzen fanden laut Schöne 130 ganz unterschiedliche Veranstaltungen mit etwa 970 000 Gästen statt. "Multifunktionaler geht es gar nicht." Die Umsatzerlöse bezifferte sie auf 9,8 Millionen Euro.

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Die Halle entspreche den neuesten Standards, sie sei zwischen 2007 und 2020 im laufenden Betrieb für insgesamt 120 Millionen Euro saniert worden. Weil sie unter Denkmalschutz stehe, verströme das Bauwerk aus dem Jahr 1972 einen "gewissen Retro-Charme", den viele sehr schätzten, eine grundlegende Modernisierung sei dadurch aber nicht möglich. Obwohl sich der Trend zu Live-Veranstaltungen in den vergangenen Jahren - die Corona-Krise einmal ausgenommen - fortgesetzt habe, sei der Kuchen endlich, sagte Schöne. Sollte im Großraum München eine weitere Halle für bis zu 20 000 Besucher entstehen, werde es "Verschiebungen" geben. "Es gibt nicht so viele Künstler, die Stadien füllen." Schöne bestritt auch, dass einige Stars aufgrund eines zu geringen Platzangebots um München einen Bogen machten. Zu spüren bekäme die Konkurrenz durch ein Kongresszentrum am Flughafen beispielsweise auch die Messe München.

Für sein Vorhaben favorisiert der Investor, die SW Munich Real Estate GmbH, ein Grundstück im westlichen Teil des Flughafens nahe der Agip-Tankstelle. Pachtvertrag mit der Flughafen München GmbH (FMG) gebe es noch keinen, sagte Grünen-Landtagsabgeordneter Johannes Becher. Auch der FMG-Aufsichtsrat habe sich damit noch nicht beschäftigt. Dies habe ihm die Staatsregierung auf Anfrage mitgeteilt.

Nach Einschätzung Bechers kann ein solches Convention-Center an diesem Standort gar nicht realisiert werden, da dort nur "flughafenaffines Gewerbe" angesiedelt werden dürfe. Baurechtlich sehe er "überhaupt keinen sauberen Weg dorthin". Nur eine winzige Fläche aus dem "viel zu großen" Vorranggebiet Flughafen auszugliedern, wäre aus seiner Sicht "nicht tragfähig".

Auch Johannes Becher stößt sich an der zusätzlichen Verkehrsbelastung. "Was ist die Zukunftsvision, die wir für unsere Region haben wollen?", fragte er in die Runde an den Bildschirmen. Man könne nicht immer mehr Verkehr anziehen und immer mehr Straßen bauen. "Wir sind längst an der Belastungsgrenze angekommen." Die Verkehrsprognosen zeigten auch ohne das Convention-Center weiterhin nach oben. Robert Wäger ergänzte, dass die Arena vor allem abends und an den Wochenenden für zusätzlichen Verkehr sorgen würde - zu Zeiten also, zu denen es derzeit noch vergleichsweise ruhig sei. Der Flughafen dürfe nicht zu einem "24-Stunden-Event-Gelände" werden, mahnte der Grünen-Kreisrat.

Kritik an ihren Vorrednern kam von Josephine von Brühl. Sie hätte sich "mehr Fakten" in einer solchen Veranstaltung gewünscht - "ein bisschen Neutralität" und weniger Sarkasmus, sagte sie. Wenn eine solche Halle gebaut werde, sei sie an einem Flughafen mit seiner Infrastruktur vielleicht besser aufgehoben als in einer Stadt wie Freising, gab sie zu bedenken. Becher erwiderte, dass es bisher keine Fakten wie ein Verkehrs- oder Lärmgutachten gebe, die er vorlegen könne.

Der Freisinger Stadtrat Manfred Drobny (Grüne) fügte als Erklärung für manche spitze Bemerkung noch hinzu, dass die Leute "nach 20 Jahren Kampf" um den Flughafen eben sehr empfindlich geworden seien. Durch neue Großprojekte würden die Erfolge zurückgedrängt, "das bringt die Leute auf die Palme". Die Spirale, dass immer noch etwas dazu kommen müsse, sei ausgereizt. Deshalb sollten es sich die Freisinger gut überlegen, ob sie sich ein solches Projekt "vor die Nase setzen lassen", so Drobny. Seine Fraktionskollegin Susanne Günther brachte noch einen anderen Aspekt ins Spiel: Das Potenzial an Festival- und Konzertgängern sei nicht unendlich. München und auch Freising hätten eine "großartige Kulturszene", eine Event-Halle am Flughafen stehe dem "diametral entgegen", wandte sie ein.

Johannes Becher zeigte sich überzeugt, dass die Flughafenbetreiber den Investoren das Grundstück nicht zur Verfügung stellen würden, sollte sich der Freisinger Stadtrat mehrheitlich gegen das Bauprojekt aussprechen. Auch der Münchner OB Dieter Reiter (SPD) müsse sich bald einmal "öffentlich positionieren", sagte Becher. Noch nicht klar sei, ob die Stadt München - als einer der drei Anteilseigner des Flughafens neben Freistaat und Bund - im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft mit einem Veto das Vorhaben stoppen könnte, da die FMG nicht selber Bauherrin sei. Der Abgeordnete kündigte an, sich im Landtag weiterhin darum zu bemühen, Fakten zu beschaffen, auch was die baurechtlichen Fragen betreffe.

© SZ vom 06.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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