Inhabergeführte Geschäfte:Die gläserne Chocolaterie

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Die gläserne Produktion war die Grundidee bei der Eröffnung der "Chocolaterie - Pâtisserie Andreas Muschler" im Mai 2014 in der Freisinger Innenstadt. (Foto: Lukas Barth)

Dass der Kunde im Laden die Produktion von Pralinen und Patisserie nachvollziehen kann, ist die Grundidee, die dem Café von Andreas Muschler an der Oberen Hauptstraße zugrunde liegt. Das weckt Emotionen. Menschen, die zu ihm kommen, wollen bewusst genießen

Von Gudrun Regelein, Freising

Es riecht verführerisch nach Schokolade. Der warme, intensive Duft umfängt einen, sobald man den gläsernen Produktionsraum der Chocolaterie in der Oberen Hauptstraße betritt. Die kleinen, viereckigen Pralinen liegen dicht an dicht auf den Arbeitsflächen, noch ist die Schokolade ein bisschen flüssig. Aber schon in ein paar Tagen werden sie zum Finale der "International Chocolate Awards" nach Florenz geschickt, einer Art Weltmeisterschaft der Chocolatiers. In den Vorjahren hat Andreas Muschler bei diesen mit seinen Pralinen schon einige Medaillen gewonnen: Gold, Silber und Bronze waren es 2016 und auch im Jahr danach.

Die gläserne Produktion ist dem Inhaber der "Chocolaterie - Pâtisserie Andreas Muschler" wichtig, "das war die Grundidee für meinen kleinen Betrieb", sagt er. In Frankreich, dem Mutterland der Patisserie, sei das Schaubacken schon jetzt sehr verbreitet. "Einblick gewinnen zu können ist der große Vorteil, den kleine Handwerker im Gegensatz zu großen Filialisten bieten können", sagt Muschler. Das wecke Emotionen beim Kunden. Die seien bei ihm sehr bewusste Gäste, die Wert auf Qualität legen - und dafür bereit seien, auch etwas mehr auszugeben. "Meine Kunden konsumieren nicht einfach mal so eben schnell, sondern nehmen sich Zeit und genießen", berichtet Muschler. Seine "kleinen Kunstwerke" verdienten die Aufmerksamkeit, denn mit jedem Biss verändere sich der Geschmack, je nachdem, ob man gerade mehr von dem Überzug oder von der Füllung erwischt habe.

Die in der Verkaufsvitrine ordentlich aufgereihten Törtchen und Tartes mit fantasievollen Namen wie "plaisir sucre", das "süße Vergnügen", erinnern tatsächlich an kleine Kunstwerke. Daneben gehören Macarons in vielen bunten Farben und Geschmacksrichtungen und die preisgekrönten Pralinen aus erlesener französischer und schweizerischer Schokolade zu seinem Sortiment. Viele seiner Produkte seien Eigenkreationen, auf seinen Reisen hole er sich Inspirationen, erzählt Muschler. Gemeinsam mit den Konditoren werden dann aus Ideen die süßen Verführungen entwickelt, daneben gibt es natürlich die Klassiker wie die Apfeltarte. "Immer wieder gibt es auch Trends", sagt Muschler. Gerade sei "Yuzu" in, eine japanische Zitrusfrucht, die bei ihm das gleichnamige Törtchen, das unter anderem aus Milchschokoladenganache, Bananenkompott und Knusperboden besteht, verfeinert.

In Paris hat Muschler bei einem berühmten Patissier gearbeitet

Andreas Muschler wurde in einer Bäckerfamilie groß, seine Eltern führen die Bäckerei Muschler in Freising mit den inzwischen etlichen Filialen bereits in der zweiten Generation, erzählt der 34-Jährige. Seine Liebe aber galt schon früh der französischen Patisserie. Nach einer Ausbildung zum Konditor- und Bäckergesellen in München arbeitete Muschler aber zunächst einige Monate in einer Konditorei in Wien. Danach besuchte er die Meisterschule für das Konditorenhandwerk in München. 2009 ging dann für den damals 25-Jährigen ein großer Traum in Erfüllung, als er für ein dreiviertel Jahr in Paris bei einem berühmten Patissier arbeiten konnte. "Das hat mich wahnsinnig beeinflusst und war sehr erfüllend", erzählt Muschler. Damals wurde die Idee geboren, in Freising einen eigenen kleinen Betrieb zu eröffnen, sagt er. Eineinhalb Jahre arbeitete er aber erst noch einmal im elterlichen Betrieb mit und lernte danach die Feinheiten der hohen Kunst französischer Chocolaterie im französischen Elsass. Im Mai 2014 war es dann endlich soweit: Muschler eröffnete seine Chocolaterie. Seine Eltern hätten seine Entscheidung, nicht den elterlichen Betrieb zu übernehmen, akzeptiert und ihn unterstützt, sagt er.

Zum Sortiment gehören neben Klassikern auch Eigenkreationen. (Foto: Andreas Gebert)

Groß ist sein Geschäft nicht: auf knapp 100 Quadratmeter Fläche sind neben dem Verkaufsbereich und einem kleinen Café noch die Schaubackstube, der Spülbereich, ein Mini-Büro und ein Lagerraum untergebracht. Das Café wollte er unbedingt haben, sagt Muschler. "Ich wollte kein klassisches Wiener Kaffeehaus. Sondern die Idee war, Platz zu schaffen, um sich kurz hinzusetzen", erklärt er. Das größte Geschäft laufe inzwischen über das Café, etwa 60 Prozent des Umsatzes mache er damit, die restlichen 40 Prozent mit dem Ladenverkauf. "Ehrlich gesagt dachte ich, dass es genau andersherum sein würde", meint Muschler. Er selber ist überall dabei: Mal in der Produktion, mal im Service und die Büroarbeiten muss er natürlich auch noch erledigen.

Anfangs seien sie nur zu zweit in der Produktion und zu zweit im Verkauf gewesen, inzwischen habe sich die Zahl seiner Angestellten vervielfacht. Alleine drei Konditoren und zwei Azubis arbeiten heute für ihn, dazu kommt das Servicepersonal. "Es läuft gut, inzwischen haben wir haben das Maximum an Auslastung erreicht", sagt Muschler.

Seine Kundschaft - vom Schulkind über die junge Mutter, dem Geschäftsmann bis hin zu Senioren - komme gezielt zu ihm ins Geschäft. "Viele gönnen sich hier eine Auszeit", meint Muschler. Die momentane Dauerbaustelle in der Innenstadt habe ihn wahrscheinlich auch deshalb bislang nicht besonders schlimm betroffen, sagt er. Nur im Sommer, als direkt vor seiner Tür gehämmert wurde, habe er es ein bisschen gespürt, als die Außentische oft leer geblieben seien. Damals habe er auch damit begonnen, seine Pralinen online anzubieten. "Auch dieses Geschäft läuft", sagt er.

© SZ vom 30.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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