Bundestagswahl im Landkreis Freising:Aufholprogramm nach der Krise

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Vor allem Kinder haben wegen Corona viel verpasst. Das Bundes-Aktionspaket soll diese Lücken schließen

Von Henrike Adamsen, Freising

Schwimmen lernen, gemeinsam Filme schauen, im Schach gewinnen. All die Entfaltungsmöglichkeiten, die unter den Kontakt- und Abstandsbeschränkungen zuletzt zu kurz gekommen sind, können Kinder und Jugendliche im Mehrgenerationenhaus Eching nun nachholen. Das vielfältige Programm wird finanziert durch das Corona-Aufholpaket der Bundesregierung (), das zusätzliche Fördermittel für Mehrgenerationenhäuser in Höhe von bis zu 35 000 Euro für dieses und nächstes Jahr in Aussicht stellt.

"Natürlich haben wir uns sofort beworben", erzählt Barbara Hammrich, Sozialpädagogin im Mehrgenerationenhaus Eching. Am 15. Juli startete das Bewerbungsverfahren, da war Schnelligkeit gefragt. "Das funktioniert nach dem Windhundprinzip", betont Projektleiter Klaus-Dieter Walter. Denn die bereitgestellten Fördersummen gehen an die frühesten Bewerber, so lange bis die Summe verteilt ist. Das Bewerbungsverfahren sei dann aber unbürokratisch abgelaufen, so Walter.

Seit dem 1. September läuft auch schon der Antragsprozess für das nächste Jahr, was den Projektleiter vor organisatorische Hürden stellt. "Durch die späten Sommerferien in Bayern können wir bisher auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen und müssen ins Blaue hinein planen". Obwohl man also noch gar nicht abschätzen kann, wie die Angebote in diesem Jahr bei den Kindern ankommen, muss der Plan für das nächste Jahr schon entworfen werden. Die Fördermittel können nämlich nur für neue Angebote verwendet werden.

Deswegen sind die Aktivitäten des Mehrgenerationenhauses wohl so breit aufgestellt. Das Programm umfasst einen Schwimmkurs, der in der Coronazeit häufig ausfallen musste. Aufgrund der Abstandsregelungen dürfen im Bewegungsbad allerdings nur zwei statt wie zuvor fünf Kinder ins Wasser. Ab Oktober starten weitere Freizeitprogramme wie der Filmclub, der Mädchentreff und das Schachprojekt für Grundschulkinder.

Einen größeren Aufwand nehmen die Lernpatenschaften in Anspruch, die Grundschulkindern individuell helfen sollen, ihre Lernlücken zu schließen. Momentan stehe noch die Suche nach möglichen Lernpaten im Vordergrund, die über die Bundes-Fördermittel Aufwandspauschalen erhalten. "Die Lern- und Lesepaten finde ich auch ohne Corona sinnvoll", sagt Martina Schröder, Schulleiterin an der Grundschule Nelkenstraße, mit der das Mehrgenerationenhaus Eching die Lernpatenkooperation plant. Die Hoffnung sei, sich so ein Netzwerk aus Lernpaten aufzubauen, um bei Bedarf darauf zurückzukommen, so die Grundschulleiterin.

Mit Blick auf das Corona-Aufholpaket zieht Projektleiter Walter ein positives Fazit. "Aber das deckt nur einen Teilbereich ab. Die Einbußen durch Corona können so nicht vollständig kompensiert werden." So falle insgesamt mehr Arbeit an und vor allem die personellen Auswirkungen seien noch spürbar, weil ehemalige Kursleiter wegfallen und Stellen unbesetzt blieben. Das betrifft zum Beispiel das Kinderturnen für Kinder bis drei Jahre. Dort hat das Mehrgenerationenhaus bisher keinen Nachfolger gefunden.

Die Kleinsten sollen vom Corona-Aufholpaket ebenfalls profitieren. Auch dort baue die Bundesregierung auf bestehende Strukturen, um schneller Erfolge erzielen zu können. Neben der Bundesstiftung "Frühe Hilfe" kommt dies auch dem Bundesprogramm "Sprachkitas" zu Gute. Neue Sprachkitas sind durch das Aufholprogramm im Landkreis Freising zwar nicht entstanden, dafür berichten die bestehenden Einrichtungen vom Erfolg der frühkindlichen Sprachförderung.

Mit 19,5 Stunden in der Woche trägt die Sprachförderkraft der Kindertagesstätte Regenbogen in Hallbergmoos in kleinen Einheiten zur sprachlichen Entfaltung der Drei- bis Sechsjährigen bei. Mit zwei regulären und drei so genannten "i-Gruppen", den Integrationsgruppen, herrscht Bedarf an Sprachförderung. Von den Kindern werde sie gut angenommen und ihre Kolleginnen freuen sich über die zusätzliche Ansprechpartnerin. Denn im Kern bedeute eine halbe Stelle mehr einen besseren Betreuungsschlüssel für die Kinder.

Seit 2021 sieht das Bundesprogramm "Sprachkitas" auch den Einsatz digitaler Medien vor. Das könne man zwar nur in Kleinstgruppen umsetzen und es sei daher sehr personalintensiv, aber bestimmte Methoden funktionieren auch in der Gruppe. Eine beliebte Aufgabe sei, so die Sprachförderkraft, das Bilderbuchkino, bei dem ein Beamer ein Bild nach dem anderen an die Wand wirft und die Kinder einzeln nach vorne kommen, um die Bilder zu beschreiben.

Große Bedeutung kommt der Zusammenarbeit mit den Eltern zu

Große Bedeutung liegt auch auf der Zusammenarbeit mit den Eltern. So bietet die Sprachkita Mintraching in Neufahrn eine Elternbücherei zu wechselnden Themen an. Gemeinsames Lesen sollen Bilderbücher, die in deutscher Sprache und in den verschiedenen Muttersprachen geschrieben sind, ermöglichen.

Der größte Schwerpunkt des Aufholprogramms liegt bei den Schulen. So stellt der Bund den Ländern finanzielle Mittel zur Verfügung, um die Ferienkurse und die unterrichtsbegleitende Förderung personell umzusetzen. Beim Dom-Gymnasium hat das bisher beispielsweise gut funktioniert. 32 Ferienkurse in Deutsch, Mathematik und den Fremdsprachen konnte die Schule anbieten - 100 Schülerinnen und Schüler machten davon Gebrauch. "Das sind 20 Prozent unserer Schülerschaft, das finde ich doch recht beachtlich", kommentiert Schulleiter Manfred Röder.

Für die Förderstunden im neuen Schuljahr habe er schon Verträge mit zusätzlichem Personal abschließen können. Das sei zwar aufwendig gewesen, aber im öffentlichen Dienst kaum anders machbar. Sein Fazit ähnelt dem von Projektleiter Walter vom Mehrgenerationenhaus. "Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber am Aufholen müssen wir noch weiter arbeiten."

© SZ vom 11.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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