Kulturausschuss der Stadt München:Futter für die Ausgehungerten

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Die Stadt München will die freie Kulturszene am Ausgang der Corona-Krise mit zusätzlichen 1,9 Millionen Euro wieder aufpäppeln.

Von Michael Zirnstein, München

Verschlafen und abgemagert wie eine Murmeltierfamilie nach einem erzwungenen zweijährigen Winterschlaf kriecht die Kulturszene derzeit aus ihrem Bau. Auf zittrigen Beinen wittert man virenfreie Frühlingsluft und Futter. Lebenszeichen kommen auch aus dem Kulturausschuss der Stadt München. Der durfte sich am Donnerstag endlich wieder versammeln, nicht nur virtuell, sondern im Rathaussaal, und war damit beschlussfähig. Die Räte hörten sich die Jahresprogramme der Direktoren der städtischen Museen an; sie beauftragten die Festivalleitung, die "Dance 2023" anzugehen (Gesamtkosten 688 000 Euro); sie segneten das neue Preismodell der Münchner Philharmoniker ab (die Konzertkarten und Abos werden im Schnitt zehn Prozent teurer); und sie gaben - einstimmig - grünes Licht für ein Antragspaket, das vor allem der freien Szene und der kulturellen Bildung wieder auf die Beine helfen soll: "Mit Kultur aus der Krise".

Die SPD/Volt-Fraktion hatte im vergangenen September für verschiedene Kultursparten trotz der virusbedingten Finanzlücke im Stadtsäckel ein Sonderbudget von 1,5 Millionen Euro aus dem vom Stadtrat beschlossenen Fonds zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie beantragt, das bereits bewilligt wurde. Hinzu kommen nun noch einmal 400 000 Euro. Oberbürgermeister Dieter Reiter gab dem Kulturausschuss nun mit auf den Weg: "Wir sind froh, dass wir die Freie Szene weitgehend von den Einsparungen im Kulturbereich verschonen konnten. Vielmehr lenken wir zusätzliche Mittel in diesen Bereich. So stärken wir die von Corona besonders betroffenen freien Künstlerinnen und Kulturschaffenden. Wir wollen damit ein Signal senden, wie wichtig uns deren Arbeit ist." Damit konnten jetzt insgesamt 1,9 Millionen Euro an die einzelnen Empfänger verteilt werden: etwa an Künstler und Künstlerinnen für höhere Zuschüsse zu Ateliers und Probenräumen, an Musikclubs und Programmkinos und an Träger kultureller Bildung.

Kulturreferent Anton Biebl erklärte, dass man in all seinen Abteilungen "eine Vielzahl von Förderungen ausgebaut oder neu entwickelt" habe, "mit denen das ganze Spektrum der Kulturschaffenden und kleiner Institutionen in München noch besser unterstützt werden kann". Er kündigte einen weiteren Beschluss mit fast 250 000 Euro zusätzlich für die Stadtteilkultur im Frühjahr an. Besonders wichtig sei ihm auch das Thema Inklusion. Für die integrative Arbeit mit eingeschränkten Kulturschaffenden gibt es, neben der neuen institutionellen Förderung der Freien Bühne München (120 000 Euro), ein höheres Förderbudget von 50 000 Euro.

Ein Schwerpunkt war auch die Reform des Stipendienangebots. So wurden zwei neue Stipendien beschlossen, eines für Kulturakteure, die den internationalen Austausch ankurbeln sollen; und eines in der Kulturellen Bildung. Dafür werden alle zwei Jahre abwechselnd je zehn Stipendien zu je 8000 Euro vergeben. Zu den bestehenden Stipendien in allen Bereichen werden nun jährlich 20 zusätzliche eingeführt, hierfür gibt es ein zusätzliches Budget von 250 000 Euro pro Jahr, das vollständig den Künstlern zugute kommen soll.

Auch die freie Theater- und Tanzszene wartete auf die Freigabe des Corona-Hilfspakets. Denn so erhöht sich unter anderem die geplante Förderung für acht freie Bühnen wie Rationaltheater, Teamtheater oder Das Vinzenz um insgesamt 150 000 Euro auf 960 000 Euro beträchtlich. Auch das "Rodeo"-Festival und die Spielstätten Schwere Reiter und Hoch X werden finanziell besser ausgestattet.

Die Programmkinos erhalten eine erhöhte Förderung, zudem werden hier neun statt bisher sechs Preise jährlich ausgereicht. Auch die erhöhte Stärkung von Musikclubs und Pop-Konzertprogrammen sowie von Lesungsreihen, Laienchören und -orchestern und eine stärker geförderte kulturelle Zwischennutzung von Leerständen sollen die von Corona am heftigsten getroffenen Kulturschaffenden wieder auf die Beine bringen.

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