Französisches Restaurant "Le Stollberg" in der Altstadt:Wie eine junge Göttin

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Ob es an der langen Geschichte der französischen Küche in Bayern liegt? Der Besuch beim Franzosen ist immer noch etwas Besonderes. Im kleinen Restaurant "Le Stollberg" scheut Köchin Annette Huber Experimente zwar noch, doch was sie frankophilen Gästen bietet, ist pure Perfektion.

Marcelinus Sturm

Zum Franzosen geht man nicht einfach so. Jedenfalls nicht in München. "Einfach so" geht man zum Italiener, zum Inder und zum Griechen eh. Aber nicht zum Franzosen. Der Franzose ist was Besseres für die Münchner. Hier genießt man auf höherem Niveau und gibt auch gerne etwas mehr aus.

Ein Bild von einem Gericht serviert Annette Huber in ihrem Restaurant: Seeteufel im Speckmantel. (Foto: Stephan Rumpf)

Dem Franzosen begegnet man mit Respekt wie einem honorigen Mitglied der erweiterten Familie. Vielleicht hat das zu tun mit der feineren Küche in Bayern, die über Jahrhunderte hinweg eine französische gewesen ist; bei Hofe gab es keine andere. Und auch wenn das einst so beliebte "Böfflamott" etwas aus der Mode gekommen ist: Diese bayerische Version des "Bœuf à la mode" zeigt nur, wie groß der Einfluss der französischen Küche hierzulande früher gewesen ist.

Auffällig ist auch, dass der Münchner, sofern er zum Franzosen geht, seine Lieblinge hat und Veränderungen nicht übermäßig schätzt. Ein schönes Beispiel dafür hat Marcelinus Sturm unweit des Isartors entdeckt. Dort gibt es seit einigen Jahren das "Le Stollberg", ein kleines, aber feines französisches Restaurant, das sich unter seinem früheren Besitzer Laurent Pigault vor allem auf gehobene Bistro-Küche und Innereien spezialisiert hatte.

Pigault hat vor einigen Monaten aufgehört; er wollte noch was anderes machen im Leben als kochen. Eine junge Köchin, Anfang 30, mit dem bodenständig-bayerischen Namen Annette Huber hat im Mai das Lokal übernommen, innendrin etwas entstaubt und führt es nun unter dem alten Namen weiter, manchmal hängt sie verschämt ein "nouveau" an das Le Stollberg dran. Aber im Wesentlichen bleibt sie dem Stil des Hauses treu: Der Münchner Gast will eben nicht durch radikale Änderungen düpiert werden.

Das ist einerseits klug, berechtigt andererseits aber auch zu der schönen Hoffnung, dass die Huber über kurz oder lang dann doch ein wenig experimentieren will und das dann auch tut. Denn dass sie nach Stationen wie "Käfer" in München, dem "Brandenburger Hof" in Berlin und dem Drei-Sterne-Haus "Le Calendre" in Padua eigentlich kochen kann wie eine junge Göttin, ist offensichtlich.

Gerade an den Klassikern ist das schön zu sehen, respektive zu schmecken. Die gebratenen Froschschenkel mit Knoblauch und Kräutern (11 Euro) waren vorzüglich, sobald man die Gewissensbisse wegen ökologischer Korrektheit erfolgreich verdrängt hatte. Ähnliches gilt für die gebratene Entenstopfleber (15), die einem schier auf der Zunge zerfließen möchte. Die Köchin kombinierte sie jahreszeitengerecht im Juni mit Balsamico-Pfeffer-Erdbeeren, zusammen der reine Genuss.

Feine, wohl überlegte Variationen

Das liegt an dem, was der Gourmet-Streber "Textur" nennt, also die Beschaffenheit der Speisen (barbarisch ausgedrückt: zwischen weich und hart), die hier perfekt aufeinander abgestimmt ist und allein schon deshalb helle Freude auslöst. Zwei Monate später gibt es zur Entenstopfleber Gewürz-Zwetschgen, eine nicht weniger aufregende Variante. Man kann daraus schon ablesen, was einen im Le Stollberg erwartet: Klassiker der französischen Küche mit feinen, wohl überlegten Variationen.

Klar, es gibt die Kalbskutteln in Tomaten-Kräutersauce (9 Euro), die Kalbsnieren in Rotweinsauce (18), den Yellowfin-Thunfisch leicht angebraten (21,50) oder die gebratenen Jakobsmuscheln auf Risotto (20), mal mit Blumenkohl, mal getrüffelt. Das Filet vom Loup de Mer war stets knusprig auf der Hautseite und nicht zu fest im Rest (womit wir wieder bei der Textur wären) sowie schön kombiniert mit Steinpilzen und Ravioli, mal gefüllt mit Rotwein-Ochsenfleisch und mal mit Taschenkrebsfleisch, was wohl auch den Preisunterschied ausmacht (19,50-22). Die Weinkarte ist ordentlich, wenngleich ohne große Überraschungen. Mit dem Grauburgunder (25) oder dem Pouilly Fumé (39) kann man wenig falsch machen.

Bei den Desserts könnte man sich baden in der Aprikosenkaltschale mit Ziegenquarkeis und Lavendel (6), auch die Grapefruitfilets, mariniert mit Dill und Olive, harmonieren wunderbar mit dem Gin-Tonic-Schaum (5). Sturm empfiehlt jedoch den Café Gourmand (7,50): Da gibt es nämlich die gesamte Nachspeisenpalette in Miniportionen auf einen Schlag, sozusagen lauter Amuses gueules im Nachtrag.

So verließ Sturm das Lokal bislang jedes Mal rundum zufrieden. Spannend aber dürfte noch werden, wie es weitergeht mit der neuen Köchin: Ob sie ihre Stammgäste auch für neue Ideen gewinnen kann? Es könnte sich für beide Seiten lohnen.

Le Stollberg, Stollbergstraße 2, 80539 München, Telefon: 089 24243450, www.lestollberg.de, Mo. - Fr. 11.30 bis 14.30 Uhr und 18 bis 1 Uhr, Sa. 12 bis 1 Uhr

© SZ vom 09.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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