Kulturprojekt:Lernen von den Nachbarn

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Auf gute Nachbarschaft: Volkstheater und Viehhof liegen sehr nah beieinander. (Foto: Catherina Hess)

Die Kämpfer fürs Forum Humor lassen sich die Laune weder von Corona noch vom Kämmerer vermiesen. Sie ziehen, ganz im Trend, temporär erstmal aufs Land. Und eine Lösung für die leere Stadtkasse glauben sie auch schon gefunden zu haben.

Von Susanne Hermanski, München

Ebbe in den Kassen? Corona-Depression? Zerplatzte Träume? - Im Gegenteil: Die Kämpfer für das Forum Humor sind hoffnungsfroh und voller Pläne. Es soll endlich vorangehen mit ihrem Projekt in der alten Viehbank im Schlachthofviertel. Sie planen in dem Haus, das schon seit Jahrzehnten weitgehend leer steht, ein Zentrum mit interaktivem Museumsparcours, Wechselausstellungen, einen Begegnungsort für die Nachbarschaft und eine Nachwuchsschmiede für Kabarett, Karikatur - und allgemein "gut gelaunte, ausgeglichene Menschen", wie Reinhard Wittmann, der Vereinsvorstand, sagt. Die positive Neuigkeit: "Die Verwaltung kann sich ein Erbpachtmodell mit Investor für das Haus vorstellen", sagt Anne Hübner, Fraktionsvorsitzende der SPD. Wie die SPD hatten sich auch die Grünen und die CSU bereits im Herbst für das Projekt ausgesprochen. Und im Gespräch als möglicher Investor ist seither ein guter neuer Bekannter aus der engsten Nachbarschaft: Hans-Jörg Reisch, der mit seinem Team und dem Architekten gemeinsam das neue Volkstheater gebaut hat.

"Das Ganze ist ein Juwel für die Stadt."

Das Theater steht unmittelbar nebenan. Von den Zimmern der Verwaltung aus blickt man direkt auf die Fassade der alten Viehbank. Das Theater ist der Stadt in den vergangenen Wochen bereits offiziell übergeben worden - pünktlich und im Kostenrahmen. Reisch und Lederer betonen unterdessen, dass es freilich allein in Händen der Stadt liege, für welches Modell man sich im Umgang mit der sanierungsbedürftigen Immobilie und dem Verein Forum Humor entscheide. Aber prinzipiell sei man begeistert von dem kleinen Nachbarn. Arno Lederer, der sich im Zuge des Theaterbaus intensiv mit dem Viertel, seiner Struktur und dessen kreativer Szene vom Wirtshaus im Schlachthof bis zur Künstler-Container-Kolonie des "Bahnwärter Thiel" auseinandergesetzt hat, sagt: "Das Ganze ist ein Juwel für die Stadt. Wenn sie es mit der Viehbank abrunden kann, ist das eine tolle Chance."

Lederer und Reisch haben sich das Gebäude schon im vergangenen Jahr genauer angesehen. Reinhard Wittmann hatte sie darum gebeten. Der Architekt denkt, die Sanierungskosten für das Haus seien in einem verträglichen Rahmen zu halten. "Da gilt es einfach, ein paar grundsätzliche Entscheidungen zu treffen, etwa, ob man das Dach ausbauen will oder nicht." Auch Probleme, die auf den ersten Blick dramatisch aussehen - wie etwa eine Decke im Zwischengeschoss, die aktuell gestützt werden muss -, seien "durchaus zu lösen, ohne etwa das ganze Haus zu entkernen und ihm seinen Charme im Inneren zu nehmen". Reisch, der in seiner Heimatstadt Ravensburg auch das vielfach ausgezeichnete Kunstmuseum Ravensburg gebaut hat, hält sich zurück damit, öffentlich eine Summe zu nennen, die er für realistisch hält. Reinhard Wittmann spricht von ungefähr 16 Millionen.

Lachen auf dem Land: Humorparcours am See in Bernried. (Foto: Montage von Rudi Hurzlmeier)

Mit einer Investorenlösung würde der städtische Haushalt zunächst wenig belastet werden - eine Perspektive, die den Kämmerer freuen dürfte. Die Stadt könnte das Gebäude zum Beispiel via Erbpacht an die Firma Reisch - oder jeden anderen willigen Investor - übergeben. Nach der Fertigstellung müsste die Stadt dann Miete zahlen, bis die Investition und ein festzulegender Zins wieder getilgt wäre. Dazu käme ein Zuschuss für die jährlichen Kosten an den Betreiber. Besonders charmant aus Sicht der Politik: Das Haus des Humors könnte auf diesem Wege bereits in drei bis vier Jahren eröffnet werden - also noch vor Ende der Legislaturperiode. Die dauert bis 2026.

Die Aktivisten in Sachen Humor wollen aber freilich bis dahin nicht Däumchen drehen oder sich gegenseitig Witze erzählen. Sie machen es, wie so viele Großstädter in diesen Tagen, und ziehen übergangsweise aufs Land. Genauer gesagt ins wunderschön idyllische Bernried. Dort starten sie an diesem Wochenende ihr Humorfestival, das einen Vorgeschmack darauf gibt, was einmal werden könnte - auch mitten in der Stadt, in der Viehbank und drum herum.

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